Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinzuschätzung von Betriebseinnahmen eines Restaurants wegen unterdrückter Stornobuchungen, unterbliebener Trennung der baren und unbaren Umsätze sowie erheblicher nicht aufgeklärter Kassenfehlbeträge. Beweislast bei Behauptung von durch Geldboten von einem Verwandten im Irak gegebenen Darlehen
Leitsatz (redaktionell)
1. Auch ein Spezialitätenrestaurant mit Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG hat seine Betriebseinnahmen einzeln aufzuzeichnen. Insoweit ist es nicht zu beanstanden, wenn für den Nachweis der vollständigen Erfassung aller Umsätze und Einnahmen das Zustandekommen der Summe eines jeden Tagesergebnisses durch Aufbewahrung angefallener Kassenstreifen, Kassenzettel und Bons oder die Einnahmen und Ausgaben eines Kassenberichts nachgewiesen werden.
2. Für den Nachweis der sogenannten Tagesendsummenbons (Z-Bons) ist ferner erforderlich, dass die Z-Bons eine hinreichende Gewissheit über die Vollständigkeit der darin enthaltenen Einnahmen zulassen. Dies ist nur der Fall, wenn die Organisationsunterlagen aufbewahrt werden, um etwaige Manipulationen bei der Berechnung der ausgedruckten Beträge nachvollziehen zu können.
3. Diesen Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten wird die Kassenbuchführung eines Restaurants nicht gerecht, wenn eine Trennung der baren und unbaren Umsätze nicht möglich ist und eine Manipulation wegen nicht vorgelegter Programmierungsprotokolle der elektronischen Kasse und in den Streitjahren erfolgter unterdrückter Stornos naheliegend erscheint. Der Einwand des Inhabers, er habe zur Vermeidung von Betrugshandlungen seinen Angestellten untersagt, die Stornotaste zu verwenden, ist insoweit unbeachtlich. Es ist nicht lebensnah, dass bei einer Speisegaststätte mit Umsätzen und Wareneinkäufen im jeweils sechsstelligen Bereich über vier Jahre hinweg keinerlei Korrekturen in der kassenmäßigen Erfassung einer Vielzahl dieser Geschäftsvorfälle vorgekommen sein sollen (Sofortstorno bei Vertippen bzw. Nachstorno bei Bestelländerungen).
4. Hat die Betriebsprüfung durch eine plausible und nachvollziehbare Geldverkehrsrechnung erhebliche Fehlbeträge festgestellt, so kann dem Vortrag des Klägers, er habe von einem im Irak wohnenden Verwandten in Teilbeträgen zwischen 7.000 EUR und 20.000 EUR durch einen Geldboten in bar Darlehen in Höhe von insgesamt 150.000 EUR erhalten, nicht gefolgt werden, wenn u. a. der Darlehensnehmer trotz mehrfacher Aufforderung weder substantiiert dargelegt noch nachgewiesen oder zumindest glaubhaft gemacht hat, wann und auf welche Weise die Geldboten die vermeintlichen Teilbeträge vom Irak nach Deutschland transportiert haben sollen, ferner der Aufforderung zur Vorlage von Reisekostenbelegen der Geldboten ohne Angabe von Hinderungsgründen nicht nachgekommen ist, und schließlich auch dem Gericht weder die Namen noch die ladungsfähigen Anschriften der (angeblichen) Geldboten mitgeteilt hat.
Normenkette
AO § 90 Abs. 2, §§ 140, 147 Abs. 1 Nr. 1, § 162 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 158; EStG § 4 Abs. 3; UStG § 22 Abs. 2 Nr. 1; UStDV § 63 Abs. 1; FGO § 96 Abs. 1 Sätze 1-2
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um Hinzuschätzungen bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb infolge einer Betriebsprüfung für die Jahre 2005 bis 2008 (Streitjahre).
Der Kläger war in den Streitjahren ledig und wurde vom Beklagten einzeln zur Einkommensteuer veranlagt. Er hat einen 2008 geborenen Sohn.
In den Streitjahren betrieb er unter der Bezeichnung „…” in der B.-straße in C. ein latainamerikanisches Speiserestaurant. Seinen Gewinn ermittelte der Kläger nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) durch Einnahmenüberschussrechnung. Zur Ermittlung seiner Kassenvorgänge verwendete der Kläger in den Streitjahren eine elektronische Registrierkasse der Firma Schultes –Typ S-600 Classic– (Bl. 31 Betriebsprüfungs [Bp]-Akte).
Mit den für die Streitjahre erlassenen Einkommen- und Umsatzsteuerbescheiden wurden die gewerblichen Einkünfte aus dem Betrieb des Speiserestaurants zunächst erklärungsgemäß festgesetzt, und zwar endgültig hinsichtlich der Einkommensteuer und unter Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 Abgabenordnung [AO]) bezüglich der Umsatzsteuer. Die erklärten Gewinne betrugen
für 2005 |
9.251 EUR |
Bescheid vom 11.10.2006 |
für 2006 |
11.113 EUR |
Bescheid vom 11.07.2007 |
für 2007 |
15.053 EUR |
Bescheid vom 17.06.2008 |
für 2008 |
./. 11.343 EUR |
Bescheid vom 28.04.2009 |
Für 2008 erging außerdem ein Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12.2008 über einen Verlustvortrag in Höhe von 11.343 EUR (Bl. 47 Einkommensteuer [ESt]-Akte). Hinsichtlich der Gewerbesteuer ergingen zunächst keine Bescheide, weil die erklärten Gewerbeerträge unter dem gesetzlichen Freibetrag lagen.
Aufgrund einer Prüfungsanordnung (PA) vom 23.03.2010 für die Jahre 2005 bis 2007 und einer Prüfungserweiterung betreffend das Jahr 2008 vom 15.04.2010 erfolgte bei dem Kläger eine Außenprüfung,...