rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch einer abgeordneten Mitarbeiterin einer Europäischen Schule auf Unterhaltsberechtigtenzulage als den Kindergeldanspruch ausschließende Leistung i. S. d. § 65 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

Hat ein abgeordneter Mitarbeiter einer Europäischen Schule nach Art. 52 Nr. 1 i. V. m. Art. 54 des Statuts des abgeordneten Personals der Europäischen Schulen Anspruch auf eine Familienzulage, die eine Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder umfasst (Unterhaltsberechtigtenzulage), so handelt es sich bei dieser Unterhaltsberechtigtenzulage um eine dem Kindergeld vergleichbare Leistung i. S. d. § 65 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG, da die Unterhaltsberechtigtenzulage wie das Kindergeld lediglich an das Bestehen eines Eltern-Kind-Verhältnisses anknüpft, wie das Kindergeld den Zweck hat, den Berechtigten von unterhaltsbezogenen Aufwendungen zu entlasten, und zudem ähnlich dem Kindergeld ausgestaltet ist. Das gilt ungeachtet dessen, dass die Unterhaltsberechtigtenzulage nach Art. 52 Nr. 2 Buchst. a des Statuts des abgeordneten Personals der Europäischen Schulen ggf. um den Anspruch auf deutsches Kindergeld gekürzt worden ist und dass vergleichbare andere Bedienstete der Europäischen Schule ggf. zu Unrecht zusätzlich auch noch (deutsches) Kindergeld erhalten (Ausführungen zu Rechtsgrundlagen und Zweck der Europäischen Schulen).

 

Normenkette

EStG § 65 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 62 Abs. 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 Nr. 1, § 32 Abs. 1 Nr. 1; Statut des abgeordneten Personals der Europäischen Schulen Art. 52 Nrn. 1-2, Art. 54 Nrn. 2-3

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

 

Tatbestand

Der Kläger ist deutscher Staatsangehöriger und am 14. April 1938 geboren. Er und seine Ehefrau C. sind Eltern des B., geboren am 20. Oktober 1987. B. studiert seit dem 01. Oktober 2009; seine Einkünfte lagen im Jahr 2009 unter der Einkünftegrenze des § 32 Abs. 4 Einkommensteuergesetz in der im Streitjahr gültigen Fassung – EStG –.

Frau C. war seit dem 01. September 2009 von der D. an die Europäische Schule in F. abgeordnet. Dort erhielt sie ausweislich einer Bescheinigung der Europäische Schule kindergeldähnliche Leistungen in Gestalt einer Kinderzulage in Höhe von EUR 385,96 sowie einer Erziehungszulage in Höhe von EUR 243,55.

Der Kläger beantragte am 22. Oktober 2009 bei der Beklagten Kindergeld ab dem 01. Oktober 2009. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28. Dezember 2009 ab. Sie begründete dies damit, dass Frau C.. Anspruch auf Familienleistungen der Europäische Schule habe.

Hiergegen legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein. Die Europäische Schule in F. sei eine zwischenstaatliche Einrichtung, so dass Anspruch auf deutsches Kindergeld bestehe. Nach dem Statut des abgeordneten Personals der Europäische Schulen (Art. 52 Abs. 2a) würden die Familienzulagen um das deutsche Kindergeld gekürzt bzw. mit diesem verrechnet.

Mit Einspruchsentscheidung vom 22. Juli 2010 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Der Anspruch auf Kindergeld sei nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG ausgeschlossen. Bereits der Anspruch auf eine kindergeldähnliche Leistung einer zwischenstaatlichen Leistung sei schädlich. Die Kinder- und Erziehungszulage sei mit dem Kindergeld vergleichbar.

Mit seiner fristgerecht erhobenen Klage macht der Kläger geltend, dass er selbst keine kindergeldähnlichen Leistungen erhalte; daher bestehe sein Anspruch auf Kindergeld. Zudem erhielten alle übrigen Mitarbeiter der Europäische Schule Kindergeld; zum Nachweis hat der Kläger einen Gehaltsnachweis eines Kollegen seiner Ehefrau in anonymisierter Form eingereicht, auf den das Gericht Bezug nimmt (Bl. 57 der Streitakte). Die Europäische Schule kürze die Familienzulage um EUR 184 wegen des Anspruchs auf Kindergeld. Weiterhin reicht der Kläger eine aktualisierte Bescheinigung der Europäische Schule F. vom 26. Januar 2011 ein, nach der Frau C. für ihren Sohn B. kindergeldähnliche Leistungen erhalte, gleichzeitig aber der Kläger Anspruch auf Erhalt des deutschen Kindergelds habe. Weiter heißt es:

„Wir verweisen in diesem Zusammenhang nochmals auf Art. 53 Absatz 2a des Statuts des abgeordneten Personals der Europäische Schulen. Bei dieser Vorgehensweise handelt es sich keineswegs um eine Ausnahmesituation, die nur die Familie G. betrifft. Von dieser Regelung sind alle an die Europäische Schulen abgeordneten Lehrkräfte betroffen, die Anspruch auf Kindergeld haben, unabhängig welches Land bzw. Bundesland ihre Abordnung veranlasst hat.”

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 28. Dezember 2009 sowie der Einspruchsentscheidung vom 22. Juli 2010 dahingehend zu verpflichten, ab September 2009 Kindergeld für das Kind B. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verweist auf ihre Einspruchsentscheidung und führt ergänzend dazu aus, dass es nicht um eine Anspruchskonkurrenz im Sinne der EG VO Nr. 1408/71, sondern lediglich um die Frage des...

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