rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Festsetzungsfrist läuft während des Insolvenzverfahrens weiter. Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 13 AO
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Festsetzungsfrist läuft auch während des Insolvenzverfahrens weiter.
2. Eine Steuerforderung muss vor Ablauf der Festsetzungsfrist im Insolvenzverfahren angemeldet werden, damit die Festsetzungsfrist gemäß § 171 Abs. 13 AO nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Beendigung des Insolvenzverfahrens abläuft.
Normenkette
AO § 251 Abs. 3, § 169 Abs. 1, § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, § 171 Abs. 13; InsO §§ 87, 179 Abs. 1; ZPO § 240
Tenor
Die Feststellungsbescheide vom 13.03.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.07.2018 und vom 26.02.2021 über Umsatzsteuer für das Jahr 2000 werden aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren war notwendig.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob die Umsatzsteuer 2000 rechtswirksam im Insolvenzverfahren gegenüber dem Kläger festgestellt wurde.
Der Kläger ist der Insolvenzverwalter der B… GmbH & Co. KG. Über das Vermögen der B… GmbH & Co. KG wurde am 16.02.2001 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt (Amtsgericht C… –AG–, Gz. 109 IN 3546/…).
Zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens war die Umsatzsteuer 2000 weder erklärt noch festgesetzt. Der Kläger reichte am 18.07.2007 eine Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2000 ein. Aus der Erklärung ergab sich eine Umsatzsteuerschuld in Höhe von 250.825,25 DM (128.244,49 EUR) und eine Zahllast nach Verrechnung mit dem Vorauszahlungssoll in Höhe von 246.345,89 DM (125.954,65 EUR). Ein Bescheid wurde nicht erlassen. Die Forderung wurde zunächst auch nicht zur Tabelle angemeldet.
Mit Schreiben vom 30.12.2014 wurde eine Forderung aus Umsatzsteuer 2000 i. H. v. 122.887,98 EUR zur Tabelle angemeldet. Ausweislich des Tabellenauszuges hat der Kläger die Anmeldung bestritten. Am 02.01.2015 erging eine Steuerberechnung über Umsatzsteuer in Höhe 128.244,79 EUR.
Am 13.03.2017 erließ der Beklagte einen Feststellungsbescheid gemäß § 251 Abs. 3 Abgabenordnung –AO– i. V. m. § 179 Abs. 1 Insolvenzordnung –InsO– über die zur Tabelle angemeldete Umsatzsteuerforderung. Der Beklagte führte in der Begründung zu dem Feststellungsbescheid aus, dass dieser aufgrund von § 240 Zivilprozessordnung –ZPO– i. V. m. § 155 Finanzgerichtsordnung –FGO– zu erlassen gewesen sei, da durch das Insolvenzverfahren das Steuerfestsetzungsverfahren unterbrochen werde und nach der Unterbrechung die volle Frist von neuem zu laufen beginne. Aufgrund der Sperrwirkung des § 251 Abs. 2 AO könne zudem kein wirksamer Steuerbescheid mehr erlassen werden.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 27.03.2017 Einspruch ein.
In seiner Stellungnahme zu dem Einspruch führte der Beklagte aus, dass der Feststellungsbescheid zwar fehlerhaft sei, da er sich auf die Steuerberechnung und damit auf eine falsche Grundlage beziehe, dieser Fehler aber durch die Übersendung der richtigen Grundlage, nämlich der Steuererklärung, durch den Beklagten gemäß des § 126 Abs. 1 AO geheilt worden sei.
Mit Einspruchsentscheidung vom 17.07.2018 gab der Beklagte dem Einspruch in Höhe von 37.775,75 EUR aufgrund eines weiteren Vorsteueranspruches statt und wies ihn im Übrigen als unbegründet zurück. Die Anerkennung des Vorsteueranspruchs erfolgte in Höhe der tatsächlich gezahlten Quote. Es besteht Einigkeit darüber, dass in Bezug auf die Vorsteuer ggf. eine erneute Korrektur abhängig von der tatsächlich erzielten Quote zu erfolgen hat.
Am 06.08.2018 hat der Kläger Klage erhoben.
Zur Begründung trägt der Kläger vor, dass der Feststellungsbescheid zu Unrecht erlassen worden sei, da die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Folge habe, dass das reguläre Steuerfestsetzungsverfahren analog § 240 ZPO in Verbindung mit § 155 FGO unterbrochen werde. Daher sei es dann nicht mehr möglich Steuerbescheide zu erlassen, durch die eine Insolvenzforderung festgesetzt werde. Eine bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht festsetzte Steuer müsse zur Tabelle angemeldet werden. Ein gemäß § 251 Abs. 3 AO wirksam erlassener Bescheid erhalte indes die Feststellung, dass der bestrittene Anspruch in der geltend gemachten Höhe bestehe und im Sinne von § 38 InsO begründet sei.
Zudem habe der Beklagte keinen Anspruch mehr auf Zahlung, da Festsetzungsverjährung eingetreten sei.
Die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 13 AO komme nicht zur Anwendung, da die Anmeldung zur Tabelle nicht vor Ablauf der regulären Festsetzungsfrist erfolgt sei. Die strittige Umsatzsteuer hätte vorliegend grundsätzlich bis zum 31.12.2007 festgesetzt oder ein entsprechender Abrechnungsbescheid erlassen werden können. Die F...