rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiederaufnahme eines mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer GmbH unterbrochenen Einspruchsverfahrens
Leitsatz (redaktionell)
Nimmt ein Insolvenzverwalter das Einspruchsverfahren, das durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer GmbH unterbrochen worden ist, nicht von sich aus auf, obwohl er der angemeldeten Forderung widersprochen hat, so kann die Finanzbehörde ihn zur Wiederaufnahme auffordern und – falls der Insolvenzverwalter seinen Widerspruch nicht zurücknimmt – das Verfahren selbst fortführen. Für den Erlass eines gesonderten Feststellungsbescheids nach § 251 Abs. 3 AO ist in diesem Fall aus Gründen der Prozessökonomie und Rechtssicherheit kein Raum, weil ansonsten zwei voneinander unabhängige Rechtsbehelfsverfahren parallel geführt werden müssten.
Normenkette
AO 1977 § 251 Abs. 3; ZPO § 240; InsO § 179 Abs. 2
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der X.. Touristik GmbH, im Folgenden: GmbH genannt. Nachdem die GmbH für das Streitjahr 1999 keine Steuererklärungen abgegeben hatte, schätzte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen mit Bescheiden vom 03. April 2001 und setzte die Körperschaftsteuer auf DM 20.000,–, die Umsatzsteuer auf DM 3.000,– und den Gewerbesteuermessbetrag auf DM 2.575,– fest; des Weiteren stellte der Beklagte das verwendbare Eigenkapital gemäß § 47 Körperschaftsteuergesetz alter Fassung – KStG – auf DM 50.964,– fest.
Hiergegen erhob die GmbH fristgerecht Einspruch und machte geltend, dass sie infolge von Investitionen in Höhe von DM 1.700.000,– Sonderabschreibungen geltend machen könne, die zu deutlich niedrigeren Ergebnissen führen würde, als der Beklagte geschätzt habe. Steuererklärungen reichte die GmbH zunächst jedoch nicht ein.
Am 13. August 2001 eröffnete das Amtsgericht L… das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH (Az: 20 IN …/01) und bestellte den Kläger zum Insolvenzverwalter. Am 05. November 2001 meldete der Beklagte Forderungen zur Tabelle in Höhe von insgesamt DM 134.742,55 an, in denen auch die sich aus den Bescheiden über Körperschaft- und Umsatzsteuer 1999 ergebenden Nachzahlungen enthalten waren. Diese Forderungen bestritt der Kläger am 04. Dezember 2001. Am 06. März 2002 forderte der Beklagte den Kläger auf, bis zum 22. April 2002 das Steuerstreitverfahren aufzunehmen oder aber die Widersprüche zurückzunehmen. Nachdem der Kläger nicht reagiert hatte, wies der Beklagte den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 12. Juli 2002 als unbegründet zurück und führte aus, dass die Schätzungen dem Grunde und der Höhe nach rechtmäßig seien.
Hiergegen hat der Kläger fristgerecht Klage erhoben und macht geltend, dass infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Einspruchsverfahren nach § 240 Zivilprozessordnung – ZPO – unterbrochen sei. § 87 Insolvenzordnung – InsO – gelte auch im Einspruchsverfahren, so dass Gläubiger Forderungen nicht geltend machen könnten. Der Beklagte habe die Möglichkeit gehabt, seine Forderung zur Insolvenztabelle anzumelden.
Der Kläger beantragt,
die Einspruchsentscheidung vom 12. Juli 2002 betreffend Umsatzsteuer 1999, Körperschaftsteuer 1999, Gewerbesteuermessbetrag 1999 sowie die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 KStG zum 31. Dezember 1999 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Auffassung, dass das Einspruchsverfahren zwar zunächst unterbrochen gewesen sei, sodann aber durch den Kläger hätte aufgenommen und fortgeführt werden müssen. Er, der Beklagte, habe den Kläger aufgefordert, entweder den Widerspruch gegen die Forderungsanmeldung zurückzunehmen oder aber das Steuerstreitverfahren wiederaufzunehmen. Nachdem der Kläger nicht reagiert habe, sei der Erlass der Einspruchsentscheidung rechtmäßig gewesen. Hierbei habe sich der Beklagte auf die Anweisungen der Oberfinanzdirektion Cottbus im Handbuch zur Bearbeitung von Insolvenzfällen, Abschn. B.2.8.3.3.3., verlassen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen, insbesondere auf die Anmeldung zur Tabelle und den beglaubigten Auszug aus der Insolvenztabelle.
Die Beteiligten haben auf eine mündliche Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO –).
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die Einspruchsentscheidung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte war nicht nach § 240 ZPO gehindert, eine Einspruchsentscheidung zu erlassen; denn er hatte das zunächst unterbrochene Einspruchsverfahren zu Recht wiederaufgenommen.
Zutreffend gehen die Beteiligten davon aus, dass das von der GmbH durch Einlegung des Einspruchs eröffnete Einspruchsverfahren mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 13. August 2001 analog § 240 ZPO unterbrochen wurde. Die Regelung des § 240 ZPO, nach der ein Streitverfahren...