Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendung des § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG auch in Einbringungsfällen ohne Missbrauchsabsicht. keine Anwendung bei der Gewerbesteuer. Bestimmung der Einkünfte des übernehmenden Rechtsträgers ohne Berücksichtigung eines von diesem beantragten Investitionsabzugsbetrags
Leitsatz (redaktionell)
1. § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG – in Verbindung mit § 20 Abs. 6 Satz 4 UmwStG – gilt entsprechend seinem Wortlaut unabhängig von einer Missbrauchsabsicht. Eine teleologische Reduktion mit der Folge einer Anwendung nur in Missbrauchsfällen ist nicht geboten. Die Vorschrift gilt auch für Umwandlungsvorgänge, bei denen der übernehmende Rechtsträger durch die Umwandlung erst geschaffen wird (im Streitfall: Einbringung zur Neugründung).
2. Die Verlustausgleichsbeschränkung in § 2 Abs. 4 UmwStG stellt zwar bei gewöhnlichen Einbringungsfällen ohne Missbrauchsabsicht einen Eingriff in den Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit dar. Dieser ist jedoch gerechtfertigt.
3. Die Regelung des § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG findet nur bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer, nicht hingegen bei der Gewerbesteuer Anwendung.
4. Die Einkünfte auf Seite des übernehmenden Rechtsträgers sind für die Anwendung von § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG ohne Berücksichtigung eines im Veranlagungsjahr der Übernahme vom übernehmenden Rechtsträger beantragten Investitionsabzugsbetrags zu bestimmen.
5. Der Rückwirkungszeitraum im Sinne von § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG beginnt mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags und endet mit Ablauf des Tages der Eintragung in das Handelsregister.
Normenkette
UmwStG § 2 Abs. 4 S. 3, § 20 Abs. 6; EStG § 7g Abs. 3; GG Art. 3 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Das Verfahren wegen Gewerbesteuer 2017 wird eingestellt.
Der Gewerbesteuermessbescheid 2017, zuletzt geändert mit Bescheid vom 05.06.2020, wird dahingehend geändert, dass der Gewerbeertrag vor Abrundung um 97.805 EUR geringer zugrunde gelegt wird.
Der Körperschaftsteuerbescheid 2017, zuletzt geändert mit Bescheid vom 05.06.2020, wird dahingehend geändert, dass das zu versteuernde Einkommen um 90.452 EUR geringer zugrunde gelegt wird.
Die Berechnung der Steuer und des Messbetrages wird dem Beklagten übertragen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Von den Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin 4 % und der Beklagte 96 %.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Anwendung von § 2 Abs. 4 Satz 3 Umwandlungssteuergesetz – UmwStG – (eingefügt durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 26.06.2013) bei einer im Jahr 2017 erfolgten Ausgliederung des Einzelunternehmens eines eingetragenen Kaufmanns zur Neugründung einer GmbH, also i. V. m. § 20 Abs. 6 Sätze 2 und 4 UmwStG, bei der Körperschaftsteuer – KSt – und dem Gewerbesteuermessbetrag – GewStMB –.
Streitig sind insbesondere die grundsätzliche Anwendbarkeit der Regelung auf nicht steuergestalterisch angelegte Fälle, die Anwendbarkeit auch bei der Gewerbesteuer sowie die Auswirkung eines Investitionsabzugsbetrages, ferner Details der Schätzung des Gewinns im Rückwirkungszeitraum.
I.
B… betrieb eine Branche als Einzelkaufmann mit Gewinn (Einkünfte aus Gewerbetrieb 2014 111.647 EUR, 2015 190.456 EUR, 2016 268.646 EUR). Mit notarieller Urkunde vom 13.07.2017 erklärte er die „Umwandlung im Wege der Ausgliederung aus dem Vermögen eines Einzelkaufmanns zur Neugründung einer GmbH (Ausgliederungsplan)” in die neu zu gründende Gesellschaft „A… GmbH”, die Klägerin. Zum Umwandlungsstichtag wurde der Ablauf des 01.01.2017 bestimmt. B… erhielt alle Geschäftsanteile und wurde zum alleinigen Geschäftsführer bestellt.
Am 24.07.2017 wurde die Firma „C… e.K.” in das Handelsregister HRA eingetragen.
Am 21.08.2017 wurde die klägerische GmbH in das Handelsregister HRB eingetragen, zugleich wurde das Erlöschen der Firma des eingetragenen Kaufmanns – e.K. – im Handelsregister HRA vermerkt.
Für den Einzelkaufmann wurde der letzte Jahresabschluss zum 01.01.2017 erstellt, für die Klägerin eine Eröffnungsbilanz auf den 02.01.2017 und der erste Jahresabschluss auf den 31.12.2017. Eine Zwischenbilanz, etwa auf den 13.07.2017 oder den 21.08.2017, wurde nicht erstellt.
Mit Geschäftsführervertrag vom 12.07.2017 nebst Änderungen und Nachträgen vom 13.07.2017 erhielt der Geschäftsführer ein festes Jahresgehalt von 144.000 EUR ab 14.07.2017 sowie eine Gewinntantieme in Höhe von 50 %.
Die Ertragslage des Unternehmens änderte sich durch die Umwandlung nicht, insbesondere der Jahresumsatz war gleichbleibend. Allerdings schlug sich das Geschäftsführergehalt gewinnmindernd nieder. Der Bilanzgewinn zum 31.12.2017 betrug für das gesamte Wirtschaftsjahr 97.419,20 EUR. Im Personalaufwand i...