rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Unternehmereigenschaft und Vorsteuerabzugsberechtigung. unentgeltliche Überlassung ausschließlich betrieblich nutzbarer Software ist weder Geschenk noch unentgeltliche Wertabgabe. missbräuchliche Geltendmachung eines Vorsteueranspruchs
Leitsatz (redaktionell)
1. Als Unternehmer gilt schon, wer die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht hat, eine wirtschaftliche Tätigkeit auszuüben und erste Investitionsausgaben für diese Zwecke tätigt. Unter diesen Voraussetzungen hat er das Recht auf sofortigen Abzug der geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer für Investitionsausgaben, die für die Zwecke seiner beabsichtigten, das Abzugsrecht eröffnenden Umsätze getätigt wurden und braucht die Aufnahme des tatsächlichen Betriebs seines Unternehmens nicht abzuwarten. Abzustellen ist auf die nach außen dokumentierte ernsthafte Absicht einer eigenen Umsatztätigkeit.
2. Auf eine Unternehmertätigkeit gerichtete Maßnahmen liegen nur dann vor, wenn sie für eine geplante, hinreichend konkretisierbare, unternehmerische Betätigung ergriffen werden. Berechtigte Zweifel wirken sich zu Lasten des Steuerpflichtigen aus.
3. Die unentgeltliche Überlassung von Software, die ausschließlich für betriebliche Zwecke des Empfängers nutzbar ist, stellt weder ein Geschenk i. S. d. § 15 Abs. 1a UStG i. V. m. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG noch eine unentgeltliche Wertabgabe i. S. v. § 3 Abs. 1b oder Abs. 9a UStG dar.
4. Die missbräuchliche Geltendmachung eines Vorsteueranspruchs kommt u. a. in Betracht, wenn der Leistungsempfänger bei Bezug der Eingangsleistung Kenntnis von einer Steuerhinterziehung des Leistenden oder die Möglichkeit der Kenntnisnahme hatte.
Normenkette
UStG § 2 Abs. 1, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 1a, § 3 Abs. 1b, 9a; EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1
Tenor
Die Umsatzsteuer 2013 wird unter Änderung des Umsatzsteuerbescheides 2013 vom 27.06.2017 auf -45.876,76 EUR festgesetzt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden zu 27 % der Klägerin und zu 73 % dem Beklagten auferlegt.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren war notwendig.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob und ggf. in welcher Höhe der Klägerin im Streitjahr als Unternehmerin eine Steuervergütung aus Vorsteuerüberschüssen zusteht.
Die Klägerin wurde am 01.01.2012 gegründet. Ihre Komplementärin war und ist die B… GmbH (nunmehr i.L.), ihr Kommanditist war und ist Herr C…, der auch der Geschäftsführer der Komplementärin war und nunmehr deren Liquidator ist. Gegenstand des Unternehmens war die Entwicklung, Herstellung und der Vertrieb von Software sowie Dienstleistungen und Schulungen im Bereich Systementwicklung. Als Geschäftsanschrift gab sie zunächst die Anschrift D…-straße in E… an, am 27.01.2014 eine andere Anschrift. Einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin hat das Amtsgericht E… mit Beschluss vom …11.2017 35 IN …/17 mangels Masse abgewiesen (Bl. 226 Gerichtsakte –GA– II).
Die B… GmbH als Komplementärin und C… als Kommanditist waren (neben anderen Kommanditisten, darunter die Zeugin F…) auch Gesellschafter der in 2007 gegründeten G. GmbH & Co. KG. Für diese bestand vom 15.11.2011 bis 31.12.2013 ein Mietvertrag mit der H… GmbH für einen 17,97 m² großen Büroraum im Medienhaus I…, einem Gebäude unter der Anschrift D.-straße in E., in dem 62 Einzelbüros mit Größen zwischen 14 und 23 m² vermietet werden (Bl. 273 ff. GA II = Bl. 15 ff. Vertragsakte –VA–; Bl. 328 f. GA II). Die G… KG meldete gegenüber dem Handelsregister dort ihren Geschäftssitz an. Mit Mietvertrag vom 01.01.2012 vermietete die G… KG der Klägerin in diesem Büro einen Platz für einen Schreibtisch und ein Regal, ca. 6 m², für eine monatliche Miete von 50,– EUR zuzüglich Umsatzsteuer, die durch Überweisung beglichen werden sollte (Bl. 13 VA). Im Mai 2014 schieden die Kommanditisten aus der G… KG aus, so dass das Gesellschaftsvermögen auf die B… GmbH als verbleibende Gesellschafterin überging.
Am 11.11.2011 zeigte die B… GmbH gegenüber dem Registergericht an, dass sie unter der Anschrift D…-straße in E… geschäftsansässig sei, und am 27.01.2014, dass sie nunmehr unter einer anderen Anschrift geschäftsansässig sei. Einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der B. GmbH hat das Amtsgericht E. mit Beschluss vom …11.2017 35 IN …/17 mangels Masse abgewiesen.
Am 30.07.2012 stellte eine Dienstleisterin der Klägerin 2.000,– EUR netto für die Erstellung der Firmenwebsite www….com in Rechnung (auszugsweiser Ausdruck vom 16.07.2013 unter Bl. 99, 102 f. Prüferunterlagen 2013; wurde wohl von C… betrieben, vgl. Bl. 101 Heftung Prüferunterlagen 2013).
Unter dem 30.08.2012 schlossen die Klägerin und C… einen Markenliz...