rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausgaben für kleinere Werbegeschenke zur Vorbereitung der Wahl des Steuerpflichtigen in den Personalrat als Werbungskosten
Leitsatz (redaktionell)
1. Ausgaben eines Finanzbeamten und Gewerkschaftsmitglieds für kleinere Werbegeschenke zur Vorbereitung seiner Wahl in den Personalrat sind als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit anzuerkennen.
2. Werbungskosten sind über den Wortlaut von § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG hinaus nicht nur Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen, sondern überhaupt alle Aufwendungen, die durch den Beruf veranlasst sind. Der Werbungskostenbegriff ist insofern deckungsgleich mit dem Begriff der Betriebsausgaben des § 4 Abs. 4 EStG.
Normenkette
EStG 2002 § 9 Abs. 1 S. 1, § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 1 S. 2, § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 5
Tenor
Abweichend von dem Einkommensteuerbescheid 2004 vom 30. November 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. Mai 2006 wird die Einkommensteuer 2004 unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten in Höhe v. 559,–EUR bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit festgesetzt.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich mit dem Ziel, seine Ausgaben für kleinere Werbegeschenke zur Vorbereitung seiner Wahl in den Personalrat als weitere Werbungskosten berücksichtigen lassen zu können, gegen die Einkommensteuerfestsetzung 2004.
Der Kläger war im Streitjahr 2004 als Steuer-Außenprüfer berufstätig. Als Vorstandsmitglied der Bezirksgruppe am Finanzamt L… der Deutschen Steuer-Gewerkschaft kandidierte er im Jahr 2004 bei den Personalratswahlen. Dafür bestellte er als sog. „Streuware” verschiedene Werbeartikel (Schlüsselanhänger, Taschenkalender, Fruchtgummipackungen) im Rechnungsgesamtwert von 559,–EUR. Diesen Zahlungsbetrag machte er mit seiner Einkommensteuererklärung 2004 als Werbungskosten geltend. Mit Einkommensteuerbescheid 2004 vom 30. November 2005 ließ der Beklagte sie indes unberücksichtigt und erläuterte dazu, Aufwendungen für Gewerkschaftspropagandamaterial seien keine Werbungskosten. Zur Begründung seines u.a. auf diesen Punkt bezogenen Einspruchs führte der Kläger an, dass Beiträge zu Berufsverbänden und Gewerkschaften ebenso wie Aufwendungen eines Arbeitnehmers im Zusammenhang mit seiner ehrenamtlichen Gewerkschaftstätigkeit als Werbungskosten anzuerkennen seien und verwies dafür auf eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs – BFH – (Urteil vom 28. November 1980 – VI R 193/77 – Amtliche Sammlung der Entscheidungen des BFH – BFHE – 132, 431, Bundessteuerblatt – BStBl – II 1981, 368). Hätte im Übrigen seine Gewerkschaft diese Kosten getragen und er ihr alsdann eine entsprechende Zuwendung gemacht, wäre für ihn ein solche Erstattung ebenfalls abzugsfähig gewesen. Die bloße Verkürzung des Zahlungsweges könne für ihn nicht den Werbungskostenabzug ausschließen. Mit Einspruchsentscheidung vom 30. Mai 2006 wies der Beklagte den Einspruch insofern als unbegründet zurück. Die dem Kläger für das Wahlkampfmaterial entstandenen Kosten seien weder als Erwerbsaufwendungen anzusehen noch sicherten sie irgendwie seine Existenz. Vielmehr habe sie der Kläger nebenher getätigt, um weiter seine ehrenamtliche Tätigkeit ausüben zu können. Werbungskosten lägen daher nicht vor.
Mit seiner hiergegen beim Beklagten eingereichten, dem Gericht am 10. Juli 2006 übermittelten Klage verfolgt der Kläger sein Anliegen aus dem Einspruchsverfahren weiter und nimmt wiederholend und vertiefend auf sein dortiges Vorbringen Bezug.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
die Einkommensteuer 2004 abweichend von dem Einkommensteuerbescheid 2004 vom 30. November 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. Mai 2006 unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten in Höhe von 559,–EUR festzusetzen.
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Seine Rechtsverteidigung beruht auf dem Inhalt der angegriffenen Bescheide, an denen er festhält.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten ausgetauschten Schriftsätze nebst deren Anlagen sowie auf die vom Beklagten vorgelegte Akte (Band II Einkommensteuerakten) zur St.-Nr. …/…/… Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte gemäß § 94a Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO – bestimmen, den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, da der Streitwert der Klage den Betrag von fünfhundert Euro nicht übersteigt.
Die Klage ist begründet. Der Einkommensteuerbescheid 2004 vom 30. November 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. Mai 2006, der die Ausgaben des Klägers für kleinere Werbegeschenke zur Vorbereitung seiner Wahl in den Personalrat vom weiteren Werbungskostenabzug ausnimmt, ist rechtswidrig und verletzt ihn in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1, 2 Satz 1 FGO).
Werbungskosten sind über den Wortlaut von § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes – EStG – hinaus nicht nur Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung...