rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen für Ersatz verlorener Zähne durch Implantate als außergewöhnliche Belastungen abziehbar
Leitsatz (redaktionell)
Der dem Kläger von dritter Seite nicht erstattete Teil der Aufwendungen für den Ersatz verlorener Zähne durch Kronen auf implantierten künstlichen Zahnwurzeln „Implantate”) kann als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden. Dass die gesetzliche Krankenversicherung nur die Aufwendungen für herausnehmbare Prothesen bzw. bei fest implantiertem Zahnersatz nur einen kleinen Teil der Kosten übernimmt, schließt den Steuerabzug nicht aus.
Normenkette
EStG § 33 Abs. 1, § 2 S. 1
Tenor
Der Einkommensteuerbescheid für 2002 vom 28.4.2004 in der Form der Einspruchsentscheidung vom 25.11.2004 wird dahingehend geändert, dass weitere 8.909,78 EUR dem Grunde nach als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 33 EStG anerkannt werden. Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten bleibt es nachgelassen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin hatte im Streitjahr erhebliche Aufwendungen für Zahnersatz. Diese Aufwendungen waren der Klägerin durch den Ersatz verlorener Zähne durch Kronen auf implantierten künstlichen Zahnwurzeln, sog. Implantaten entstanden. In Höhe von 2.590,72 EUR übernahm die Krankenkasse der Klägerin die Kosten für diesen Zahnersatz, den verbleibenden Betrag trug die Klägerin selbst. Die Krankenkasse hatte die Klägerin mit Schreiben vom 21.3.2005, welches von der Klägerin während des Gerichtsverfahrens eingereicht und als Musterschreiben bezeichnet wurde, informiert, dass Implantate abgesehen von vorliegend nicht eingreifenden Ausnahmefällen nicht von der Krankenkasse übernommen werden. Auf das Schreiben der X-Krankenkasse (Bl. 14 der Gerichtsakte) wird verwiesen.
Der Beklagte erkannte in seiner Einspruchsentscheidung den für die Zahnversorgung insgesamt angefallenen Betrag nicht in voller Höhe als außergewöhnliche Belastung an, weil insoweit die Aufwendungen nicht zwangsläufig gewesen seien. Die Krankenkasse habe nur 2.590,72 EUR, d.h. etwa 18 % der 14.091,22 EUR kostenden Zahnbehandlung übernommen. Dies sei ein Indiz für eine mangelnde Zwangsläufigkeit der darüber hinausgehenden Aufwendungen. Mit der Einspruchsentscheidung erkannte der Beklagte daher einen Betrag von 2.768 EUR als außergewöhnliche Belastung dem Grunde nach an. Dieser Betrag setzte sich aus 2.590,72 EUR für die hier streitige Zahnbehandlung sowie aus anderen Aufwendungen in Höhe von 177, 23 EUR zusammen. Der Betrag von 2.590, 72 EUR sei – so der Beklagte in seiner Einspruchsentscheidung – zwangsläufig angefallen, denn in dieser Höhe hätte auch die Krankenkasse die angefallenen Kosten in entsprechender Höhe ihrerseits übernommen. Nur in dieser Höhe seien der Klägerin nach Abzug des von der Krankenkasse übernommenen Anteils Kosten entstanden, die einkommensteuerrechtlich relevant seien.
Die Erstattungsrichtlinien der Krankenkassen müssten bei der Frage, ob Hilfsmittel als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden können, ergänzend berücksichtigt werden. Die Einspruchsentscheidung nimmt insoweit Bezug auf die Kommentierungen in Herrmann/Heuer/Raupach und Blümich. Das Finanzamt berief sich ferner auf § 30 Sozialgesetzbuch – SGB – V. Gemäß § 30 Abs. 2 SGB V habe der Versicherte grundsätzlich einen Anspruch auf Ersatz von 50 % der angefallenen Kosten für Zahnersatz. Alle im vorliegenden Fall über den Betrag von 2.590, 72 EUR gehenden Aufwendungen stellten daher keine notwendige Versorgung dar. In Höhe von 50 % der grundsätzlich nach SGB V erstattungsfähigen Aufwendungen d.h. in Höhe von 2.590,72 EUR sei der Einspruch dementsprechend begründet. Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung verwiesen.
Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, dass es vorliegend nicht um eine Schönheitsoperation gegangen sei und beruft sich ferner auf Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – BGH – zur Ersatzpflicht privater Krankenkassen. Ferner beruft sie sich auf ähnlich gelagerte Rechtsprechung des OLG Köln und des LG Dresden. Ihre Implantate stellten keine Luxusversorgung dar. Für das Jahr 2001 habe der Beklagte ähnliche Aufwendungen schließlich auch zum Abzug zugelassen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Einkommensteuerbescheid für 2002 vom 28.4.2004 in der Form der Einspruchsentscheidung vom 25.11.2004 dahingehend zu ändern, dass weitere 8.909,78 EUR dem Grunde nach als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er beruft sich darauf, dass die Klägerin nach dem Schreiben des behandelnden Zahnarztes vom 11.3.2005 aufgrund ihrer Arbeit darauf angewiesen gewesen sei, sowohl ästhetisch als auch phonetisch perfe...