Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuer 2. Halbjahr 1990

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.04.1999; Aktenzeichen V R 60/98)

 

Tenor

Der Bescheid vom 8. August 1995 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 11. Februar 1997 jeweils in Gestalt des Berichtigungsbescheides vom 5. Mai 1997 werden insoweit geändert, als die Lieferungen der Klägerin aus dem November und Dezember 1990 an Abnehmer in Staaten Osteuropas (im ehemaligen Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe zusammengeschlossene Staaten –RGW-Staaten–) steuerfrei zu belassen sind. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens haben die Klägerin 4/5 und der Beklagte 1/5 zu tragen.

Das Urteil ist, wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist ein ehemaliger Außenhandelsbetrieb – AHB– … der mit Gesellschaftsvertrag vom … in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung umgewandelt wurde. Am … beschloß die Alleingesellschafterin – die Bundesanstalt für Vereinigungsbedingte Sonderaufgaben als Rechtsnachfolgerin der Treuhandanstalt – die Auflösung der Klägerin. Seit dem … beschränkte sich der Geschäftsgegenstand im wesentlichen auf den Aufbau eines Großhandelsgeschäftes, die Abwicklung von Handelsverträgen des Im- und Exportes sowie weitere Abwicklungs- und Verwaltungstätigkeiten.

Die Umsatzsteuer für das 2. Halbjahr 1990 setzte der Beklagte zunächst erklärungsgemäß mit Buchungsanweisung vom … auf … DM fest. In der Zeit vom 15. Juli 1994 bis zum 24. März 1995 führte er stichprobenweise eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung durch. Die Prüferin des Beklagten gelangte zu der Auffassung, daß die Klägerin entgegen ihrer bisherigen Beurteilung nicht als Vermittlerin der Ausfuhrgeschäfte, sondern als Lieferantin in Reihengeschäften anzusehen sei. Sie traf in ihrem Bericht vom 18. April 1995 u. a. folgende Feststellungen:

„Tz. 3 Buchhaltung/Belegwesen

Die Buchungsbelege wurden ordnungsgemäß abgelegt. Inhaltlich ergaben sich jedoch Defizite, u. a. durch den Personalabbau, den Zeitablauf und die zeitweilige Archivierung.

Einen sachverständigen Dritten war es daher nur in eingeschränktem Umfang möglich, innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über Kontenstände, Sachverhalte und Geschäftsvorfälle zu erhalten. …”

„Tz. 5 Exportumsätze/Lieferungen alte Bundesländer

Nach Auskunft der Gesellschaft wurden die Gegenstände der Lieferungen jeweils direkt vom Lieferanten der Gesellschaft (Herstellerwerk) in das Ausland bzw. die alten Bundesländer versendet, d. h. der erste Lieferant in der Reihe beauftragte den Spediteur. Nur in Einzelfällen wurden auch Gegenstände durch die Abnehmer der Gesellschaft in das Ausland/alte Bundesländer befördert oder versendet. …”

Die Prüferin ermittelte insgesamt Exporterlöse in Höhe von … DM, für die sie die Steuerfreiheit nach §§ 4 Nr. 1, 6 Umsatzsteuergesetz –UStG– versagte, weil die Klägerin keine Ausfuhrnachweise vorgelegt habe. Sie errechnete daraus eine Erhöhung der Umsatzsteuer für das 2. Halbjahr 1990 in Höhe von … DM. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf den Bericht, Tz. 6 a u. b, Bezug genommen.

Der Beklagte folgte der Auffassung der Prüferin und setzte unter Berücksichtigung weiterer, hier nicht streitiger Änderungen der Bemessungsgrundlage mit Bescheid vom 8. August 1995 (Bl. 38, 39 der Umsatzsteuerakten) die Umsatzsteuer 2. Halbjahr 1990 auf … DM fest. Mit ihrem Einspruch vom 31. August 1995 vertrat die Klägerin die Auffassung, daß das Fehlen der Ausfuhrnachweise ihr nicht angelastet werden könne. Als Außenhandelsbetrieb sei sie bis zum 30. Juni 1990 nicht verpflichtet gewesen, Doppel der Exportdokumente aufzubewahren. Die bestehenden Verträge hätten nicht so schnell an das neue Umsatzsteuerrecht angepaßt werden können. Daher halte sie eine entsprechende Anwendung der Regelungen für ausländische Staaten in Abschnitt 135 Abs. 1 Umsatzsteuer-Richtlinien –UStR– für geboten.

Der erkennende Senat hat mit Beschluß vom 13. November 1995 zum Aktenzeichen V 333/95 die Vollziehung des Bescheides vom 8. August 1995 bis zum Ablauf eines Monats nach Zustellung der Einspruchsentscheidung ausgesetzt. Wegen der Begründung wird auf den Beschluß (Bl. 15–23 der Akten V 333/95) verwiesen.

Im Einspruchsverfahren legte die Klägerin dem Beklagten eine Liste von Lieferungen – für Exporterlöse im Umfang von … DM – vor, für die ein Ausfuhrnachweis erbracht werden könne. Der Beklagte erkannte die Belege insoweit als geeignete Ausfuhrnachweise an und minderte die Umsatzsteuer für das 2. Halbjahr 1990 mit seiner Einspruchsentscheidung vom 11. Februar 1997 auf … DM. Im übrigen wies er den Einspruch als unbegründet zurück und führte dazu aus, daß auch nach Auffassung der Oberfinanzdirektion –OFD- und der Senatsverwaltun...

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