Entscheidungsstichwort (Thema)
Pfändbarkeit von Lebensversicherungen mit und ohne Rentenwahlrecht
Leitsatz (redaktionell)
Eine private Lebensversicherung fällt nicht unter die Pfändungsschutzbestimmung des § 850 Abs. 3 Buchst. b ZPO, wenn die Versicherung der Altersvorsorge des Steuerschuldners dienen soll und diesem statt der Zahlung einer Kapitalabfindung ein Wahlrecht zur Inanspruchnahme einer nach Ablauf der Versicherungsdauer zu zahlenden Rente eingeräumt wird.
Normenkette
AO § 319; ZPO § 850 Abs. 3
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit von Pfändungs- und Einziehungsverfügungen und zwar im Wesentlichen um die Frage, ob Lebensversicherungen mit und ohne Rentenwahlrecht pfändbar sind.
Der Beklagte nahm den Kläger als ehemaligen Geschäftsführer der im Mai 1991 gegründeten und seit Dezember 1998 insolventen X... GmbH wegen deren Abgabenrückstände in Höhe von 87 038,61 DM durch Haftungsbescheid vom 18. Mai 2000 gemäß §§ 69 , 34 Abgabenordnung - AO - in Anspruch. Auf den Einspruch des Klägers hin wurde die Haftungssumme im Rahmen der Einspruchsentscheidung vom 7. September 2001 auf 76 386,00 DM herabgesetzt. Hiergegen richtete sich die unter dem Aktenzeichen 9 K 9366/01 erhobene Klage. In der mündlichen Verhandlung am 24. März 2003 erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt, nachdem der Beklagte zugesagt hatte, die Inanspruchnahme des Klägers aus den angefochtenen Bescheiden auf eine Haftungssumme in Höhe von 34 000,00 DM (17 384,00 €) zu beschränken und von einer Vollstreckung bis zum 30. September 2003 abzusehen, soweit der Kläger bis zu dem letztgenannten Zeitpunkt seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse belegt und Zahlungsvorschläge unterbreitet. Mit Schreiben vom 28. September 2003 reichte der Kläger bei dem Beklagten eine Darstellung der wirtschaftlichen Verhältnisse zum 30. September 2003 ein, woraufhin dieser mit Bescheid vom 8. Oktober 2003 die Haftungsinanspruchnahme des Klägers auf einen Betrag von 17 384,00 € begrenzte.
Wegen der Haftungsschuld pfändete der Beklagte durch Pfändungs- und Einziehungsverfügungen vom 9. März 2004, die nicht mit Rechtsbehelfsbelehrungen versehen waren, Ansprüche des Klägers aus den Lebensversicherungen bei der A... Lebensversicherung AG, der B... Lebensversicherung AG sowie der C.. Lebensversicherung AG. Darüber hinaus hatte der Beklagte den Kläger mit Verfügung vom 9. Februar 2004 aufgefordert, die Versicherungspolice zu einer Lebensversicherung bei der D.... Lebensversicherung Aktiengesellschaft, die der Kläger im Herbst 1993 in Form einer Rentenversicherung abgeschlossen hatte (Vers.-Nr.: ......-8) und die vom Beklagten mit Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 24. Oktober 2003 gepfändet worden war, herauszugeben. Wegen der letztgenannten Pfändungs- und Einziehungsverfügung war beim Finanzgericht Berlin ein Klageverfahren zum Az.: 9 K 9119/04 rechtshängig. Der Beklagte erklärte in der dortigen mündlichen Verhandlung vom 20. Februar 2006, dass er "die Rechte aus der Pfändung ..... nur für den Fall geltend (mache), dass der Kläger die Kapitalabfindung wählt oder eine Versicherungsleistung beim Ableben des Klägers vor dem Rentenbeginn erbracht wird. Voraussetzung hierfür ist, dass der Kläger innerhalb von zwei Monaten den Versicherungsschein der D.... übergibt und dies dem Finanzamt nachweist". Nachdem der Kläger die Übergabe des Versicherungsscheins an die D.... zugesagt hatte, wurde dieser Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Die gegen die Verfügungen vom 9. Februar 2004 und vom 9. März 2004 eingelegten Einsprüche vom 14. Februar 2004 und 18. April 2004, im Rahmen derer sich der Kläger u. a. auf eine Abtretung der mit Verfügungen vom 9. März 2004 gepfändeten Lebensversicherungsansprüche berief, blieben erfolglos und wurden durch Einspruchsentscheidung vom 28. Mai 2004 als unbegründet zurückgewiesen. In der Einspruchsentscheidung führte der Beklagte u. a. aus, dass die behauptete Abtretung den Versicherungsgesellschaften nicht vor den Pfändungen angezeigt worden sei und damit letztere vorrangig seien.
In seiner am 1. Juli 2004 erhobenen Klage trägt der Kläger unter anderem vor, dass die angefochtenen Verfügungen eine unmittelbar existenzgefährdende Wirkung hätten und grob unbillig seien. Zum einen seien die Ansprüche aus den Lebensversicherungen, die durch die Verfügungen vom 9. März 2004 gepfändet worden seien, bereits mit Vereinbarung vom 3. März 2000 an seinen ältesten Sohn abgetreten worden. Zum anderen würden sämtliche gepfändete Lebensversicherungsverträge - mangels ausreichender Ansprüche des Klägers aus der gesetzlichen Rentenversicherung - der Altersversorgung und der notwendigen Existenzabsicherung dienen.
Der Kläger beantragt (wie dies bereits mit Schriftsatz vom 12. September 2004 klargestellt wurde), die Pfändungs- und Einziehungsverfügungen vom 9. März 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. Mai 2004 aufzuheben,...