Entscheidungsstichwort (Thema)
§ 2 Abs. 3 EStG verfassungsgemäß
Leitsatz (redaktionell)
Die Verlustausgleichsbeschränkung des § 2 Abs. 3 EStG verstößt nicht gegen das Grundgesetz.
Normenkette
EStG § 2 Abs. 3
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob bei der Einkommensteuerveranlagung 1999 die von den Klägern im Streitjahr erzielten Verluste aus Gewerbebetrieb entgegen § 2 Abs. 3 Einkommensteuergesetz - EStG - in der im Streitjahr geltenden Fassung in voller Höhe mit den übrigen positiven Einkünften der Kläger auszugleichen sind. Die Kläger berufen sich auf Verfassungswidrigkeit dieser Vorschrift.
Die Kläger, zusammenveranlagte Eheleute, gründeten im Jahr 1997 unter gleichzeitiger Beendigung ihrer nichtselbständigen Dienstverhältnisse eine GmbH & Co. KG. Sie sind deren alleinige Kommanditisten und alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer der Komplementär-GmbH. xxx xxx xxx xxx xxx xxx xxx xxx.
Die KG erwirtschaftete seit Gründung nur hohe Verluste. Für das Streitjahr 1999 wurde ein Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von 701.135,00 DM festgestellt, wovon gemäß § 15 a EStG nur 564.308,00 DM sofort ausgleichsfähig waren.
Der Kläger erzielte im Streitjahr 1999 positive Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 522.584,00 DM, die Klägerin negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 7.258,00 DM.
Der Beklagte glich bei der Veranlagung 1999 die Einkünfte der Kläger aus Vermietung und Verpachtung aus und verrechnete die danach verbleibenden positiven Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 515 326,00 DM lediglich in Höhe von 364.921,00 DM mit dem ausgleichsfähigen Verlust aus Einkünften aus Gewerbebetrieb. Dementsprechend setzte er bei einem zu versteuernden Einkommen von 137.023,00 DM die Einkommensteuer auf 34.872,00 DM fest.
Gegen die Einkommensteuerfestsetzung 1999 legten die Kläger Einspruch ein und beantragten Aussetzung der Vollziehung. Nachdem der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung beim Finanzamt erfolglos blieb, beantragten sie - zeitgleich mit ihrer Klage gegen die Einspruchsentscheidung - beim Finanzgericht Aussetzung der Vollziehung.
Die Vollziehung des angefochtenen Bescheides hat das Finanzgericht mit Beschluss zum Aktenzeichen 6 K 6331/01 auf Antrag der Kläger gemäß § 69 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung - FGO - ausgesetzt, weil der beschließende 6. Senat die Verfassungsmäßigkeit von § 2 Abs. 3 EStG bei der Anwendung auf den Streitfall für ernstlich zweifelhaft hielt (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2002, 597).
Die Beschwerde des Beklagten gegen diese Entscheidung hat der Bundesfinanzhof - BFH - mit Beschluss vom 6. März 2003 (Az. XI B 76/02, Bundessteuerblatt - BStBl - II 2003, 523) als unbegründet zurückgewiesen und entschieden, dass an der Verfassungsmäßigkeit des § 2 Abs. 3 Sätze 2 ff. EStG i. d. F. des StEntlG 1999/2000/2002 insoweit ernstliche Zweifel bestehen, als aufgrund des begrenzten Verlustausgleichs - hier zwischen negativen Einkünften aus Gewerbebetrieb und positiven Einkünften aus Vermietung und Verpachtung - eine Einkommensteuer auch dann festzusetzen ist, wenn dem Steuerpflichtigen von seinem im Veranlagungszeitraum Erworbenen nicht einmal das Existenzminimum verbleibt.
Den Entscheidungsgründen lassen sich folgende Grundsätze entnehmen:
Die sog. Mindestbesteuerung des § 2 Abs. 3 EStG verletzt nicht das allgemeine Prinzip der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit i. S. des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz -GG-. Denn durch diese Vorschrift wird der Verlustausgleich zwischen verschiedenen Einkunftsarten nicht versagt, sondern lediglich zeitlich gestreckt. Das ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, da Grundrechte ihre Wirkung grundsätzlich veranlagungszeitraumübergreifend entfalten; das Periodizitätsprinzip des § 2 Abs. 7 EStG ist nur einfachgesetzlicher Natur (Festhaltung an BFH-Urteil vom 9. Mai 2005 XI B 151/00).
Das Existenzminimum eines Steuerpflichtigen muss grundsätzlich bewahrt bleiben. Es unterscheidet nicht nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Steuerpflichtigen und orientiert sich für sämtliche Steuerpflichtige ausschließlich an dem - typisierend zu ermittelnden - Bedarf für den Lebensunterhalt. Eine defizitäre Haushaltslage oder der durch die allgemeine Tarifsenkung des StEntlG1999/2000/2002 entstandene Finanzbedarf rechtfertigen keine Durchbrechung dieses Prinzips. Allein praktische Schwierigkeiten bei Feststellung der "wahren Leistungsfähigkeit" vermögen demgemäß eine Verletzung der Art. 1 Abs. 1 Art. 20 Abs. 1 GG nicht zu rechtfertigen.
Ob die ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der sog. Mindestbesteuerung sich auch auf negative Einkünfte beziehen, die nicht auf einem entsprechenden Mittelabfluss beruhen hat der Senat in diesem Beschluss offengelassen.
Mit der vorliegenden Klage machen die Kläger weiterhin die Verfassungswidrigkeit der von dem Beklagten vorgenommenen Verlustbeschränkung geltend. Die Beschränkung der Verlustrechnung durch § 2 Abs...