Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausübung des Wahlrechts auf getrennte Veranlagung
Leitsatz (redaktionell)
Der Antrag auf getrennte Veranlagung kann bis zur Unanfechtbarkeit des Einkommensteuerbescheides oder eines Änderungsbescheides und im finanzgerichtlichen Verfahren bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung ausgeübt oder widerrufen werden.
Normenkette
EStG §§ 26a, 26 Abs. 1; AO §§ 42, 278 Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Die Kläger, die bis zum Jahr 1997 verheiratet waren, beantragten in der am 2. Mai 1990 beim Beklagten für das Jahr 1988 eingereichten Einkommensteuererklärung die Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer. Der Beklagte veranlagte die Kläger in dem am 29. Juli 1991 ergangenen, unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheid für 1988 antragsgemäß zusammen. Gegen diesen Bescheid und den nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung - AO - unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung ergangenen Änderungsbescheid vom 6. Dezember 1994 legten die Kläger Einspruch ein.
Mit der gegen die den Einspruch zurückweisenden Einspruchsentscheidung vom 24. Februar 1995 gerichteten Klage machen die Kläger u. a. geltend, der Änderungsbescheid habe wegen zwischenzeitlich eingetretener Festsetzungsverjährung nicht mehr ergehen dürfen. Die Steuerfestsetzung sei auch fehlerhaft, weil u. a. Personalkosten der Klägerin aufgrund der Beschäftigung ihrer Mutter in einer von der Klägerin betriebenen Tagesgroßpflegestelle nicht als Betriebsausgaben anerkannt worden seien. Während des Klageverfahrens haben die Kläger zunächst die Durchführung der Einzelveranlagung zur Einkommensteuer 1988 mit der Begründung beantragt, der Kläger habe eine außereheliche Beziehung zu einer jüngeren Frau unterhalte, sei mehrfach aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen und habe von der Klägerin von Tisch und Bett getrennt gelebt, hieran aber auf den Vorhalt des Beklagten, noch im August 1997 habe der Kläger erklärt, dass er erst seit 1994 von der Klägerin getrennt lebe und ausweislich zahlreicher Rechnungen habe eine Wirtschaftsgemeinschaft der Kläger bis mindestens Ende 1993 bestanden, nicht mehr festgehalten und die getrennte Veranlagung beantragt. Die Verluste des Klägers aus der Grundstücksgemeinschaft ... sollten der Klägerin nicht zugute kommen. Zudem machen die Kläger gelten, dass der Kläger seit mehr als 10 Jahren geschäftsunfähig sei und legten hierzu verschiedene Atteste vor.
Die Kläger beantragen,
den Beklagten zu verurteilen, sie unter Aufhebung der Einkommensteuerbescheide vom 29. Juli 1991 und 6. Dezember 1994 und der Einspruchsentscheidung vom 24. Februar 1995 für das Jahr 1988 getrennt zu veranlagen,
hilfweise,
den Beklagten zu verurteilen, die Einkommensteuer 1988 mit der Maßgabe abweichend festzusetzen, dass weitere Betriebsausgaben der Klägerin von 14.300,00 DM und ein Verlust aus Vermietung und Verpachtung des Klägers von 1.042,00 DM berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Er nimmt Bezug auf die Gründe der Einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus, dass die Kläger bis 1994 in ihren Steuererklärungen Zusammenveranlagung beantragt und dauerndes Getrenntleben verneint hätten und der Antrag auf getrennte Veranlagung willkürlich und rechtsmißbräuchlich gestellt sei. Er bezieht sich ergänzend auf die im einstweiligen Rechtsschutzverfahren getroffene Entscheidung des Senates vom 1. April 1998 zum Az. 3 B 3647/97.
Dem Gericht hat die vom Beklagten für den Kläger geführte Einkommensteuerakte für 1988 (Band XI) vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die zunächst als Anfechtungsklage erhobene Klage war zulässig. Die Kläger hatten den Gegenstand des Klagebegehrens in der am 28. Februar 1995 bei Gericht eingegangenen Klageschrift bereits dadurch hinreichend bestimmt, dass sie sich unter Bezugnahme auf die angefochtene Einspruchsentscheidung über Einkommensteuer 1988 und unter Angabe ihrer Steuernummer u. a. auf den Eintritt der Festsetzungsverjährung berufen haben. Die Kläger haben innerhalb der ihnen mit Schreiben vom 14. Juni 1995 gemäß § 65 Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung - FGO - gesetzten Ausschlussfrist den Gegenstand des Klagebegehrens zusätzlich bestimmt, indem sie u. a. ausdrücklich die Anerkennung der von der Klägerin geltend gemachten Personalkosten als Betriebsausgaben und die Aufhebung der im Veranlagungsverfahren ergangenen Steuerbescheide wegen Formfehler begehrten.
Die Klage ist auch zulässig, soweit die Kläger ihr ursprüngliches Klagebegehren während des Klageverfahrens dahingehend geändert haben, dass sie nunmehr - erstmalig - begehren, den Beklagten zu verpflichten, sie für das Streitjahr getrennt zu veranlagen. Das den Klägern in § 26 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz - EStG - eingeräumte Wahlrecht ist nicht befristet und kann bis zur Unanfechtbarkeit des Einkommensteuerbescheides oder eines Änderungsbescheides, im finanzgerichtlichen Verfahren bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung ausgeübt oder wide...