rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattung der Kosten des Vorverfahrens bei Wechsel des Bevollmächtigten nach Einspruchseinlegung; Kostenerinnerungen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Voraussetzung der Erstattungsfähigkeit der Vorverfahrenskosten nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO ist bei einem Beraterwechsel nach Einspruchseinlegung der vom Kläger zu führende Nachweis, dass sein früherer Berater ihm die Kosten des Vorverfahrens - tatsächlich und nicht nur nachträglich fiktiv - gesondert in Rechnung gestellt hat (Festhalten am Senatsbeschluss vom 14.8.1998 298106Ko2, EFG 1998, 1535).

Hat der Kläger für die Fortsetzung des Einspruchsverfahrens einen anderen Bevollmächtigten (Rechtsanwalt) bestellt, hat er gegen das FA einen Anspruch auf Erstattung der ihm durch die Beauftragung entstandenen Vorverfahrenskosten. Dabei beschränkt sich die Gebühr nicht auf 2/10 der vollen Gebühr nach § 120 Abs. 1 BRAGO. Es sind auch nicht nur 5/20 der Geschäftsgebühr erstattungsfähig; denn der zweite Bevollmächtigte ist nicht im Veranlagungsverfahren tätig geworden.

3. § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO ist im finanzgerichtlichen Vorverfahren nicht nur dann anzuwenden, wenn es sich bei den mehreren vom Beteiligten eingeschalteten Bevollmächtigten um Rechtsanwälte handelt. Entscheidend ist allein, dass es sich um mehrere Bevollmächtigte gehandelt hat, denn im Finanzgerichtsprozess ist die Vertretung nicht auf Rechtsanwälte beschränkt.

4. Voraussetzung für die Erstattungsfähigkeit ist nicht, dass sie vom Rechtsanwalt gegenüber dem Kläger entsprechend den Gebühren- und Auslagenvorschriften der BRAGO geltend gemacht worden sind. Entscheidend ist nur die Erteilung einer - nicht fiktiven - Rechnung. Allerdings dürfen die dem Kläger in Rechnung gestellte Kosten nicht niedriger als die im Erstattungswege geltend gemachten Aufwendungen sein.

 

Normenkette

FGO § 139 Abs. 3 Sätze 4, 1; ZPO § 91 Abs. 2 S. 3; BRAGO § 120 Abs. 1, § 118 Abs. 1 Nr. 1, § 119 Abs. 1; FGO § 155

 

Tenor

1.) Die Erinnerungsverfahren werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

2.) Die Erinnerungen gegen die Kostenfestsetzungsbeschlüsse vom 27. März 1998 werden zurückgewiesen.

3.) Die Kosten der Erinnerungsverfahren, für die Gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt das FA.

 

Tatbestand

I.

Nachdem die Beteiligten die Hauptsache in den vorangegangenen vier Klageverfahren für erledigt erklärt hatten, hatten die zuständigen Berichterstatter die Kosten der erledigten Verfahren jeweils zu 70 % dem FA und Erinnerungsführer und zu 30 % der Klägerin und Erinnerungsgegnerin auferlegt sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig erklärt. Auf die daraufhin von der Klägerin gestellten Kostenfestsetzungsanträge ergingen unter dem 27. März 1998 antragsgemäß 4 Kostenfestsetzungsbeschlüsse, in denen jeweils auch die in den Kostenfestsetzungsanträgen beantragten Kosten für das Vorverfahren wie folgt angesetzt worden sind:

297226K 2 USt 1988 – 1992

jetzt: 298273Ko2

Gegenstandswert

DM

29.439,00

7,5/10 Geschäftsgebühr

DM

828,80

Auslagenpauschale

DM

40,00

DM

868,80

397103K 1 GewSt 1990 – 1992

jetzt: 298274Ko2

Gegenstandswert

DM

48.315,00

7,5/10 Geschäftsgebühr

DM

1.068,80

Auslagenpauschale

DM

40,00

DM

1.108,80

495193K 1 KöSt 1988 – 1992

jetzt: 298275Ko2

Gegenstandwert

DM

111.294,00

7,5/10 Geschäftsgebühr

DM

1.713,80

Auslagenpauschale

DM

40,00

DM

1.753,80

495194K 1 Feststellung § 47 KStG 1988 – 1992

jetzt: 298276Ko2

Gegenstandswert

DM

40.000,00

7,5/10 Geschäftsgebühr

DM

948,80

Auslagenpauschale

DM

40,00

DM

988,80

Summe der Vorverfahrenskosten aller 4 Verfahren

DM

4.720,20

Daraus ergeben sich folgende erstattungspflichtige Beträge von jeweils 70 % der angesetzten Vorverfahrenskosten:

298273Ko2

DM

608,16

298274Ko2

DM

776,16

298275Ko2

DM

1.227,66

298276Ko2

DM

692,16

Summe

DM

3.304,14

Gegen die ihm am 22. April 1998 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschlüsse hat das FA am 5. Mai 1998 jeweils gesondert Erinnerung eingelegt, mit der es sich gegen die Berücksichtigung einer 7,5/10 Geschäftsgebühr für das Vorverfahren sowie der Auslagenpauschale für das Vorverfahren wendet. Zur Begründung hat es zunächst ausgeführt: Da zwischen Einlegung der Einsprüche und Klageerhebung ein Beraterwechsel eingetreten sei, seien nach der finanzgerichtlichen Rechtsprechung die Kosten des Vorverfahrens nur erstattungsfähig, wenn der frühere Berater der Klägerin ihr die Kosten der Vorverfahren gesondert in Rechnung gestellt habe. Da dieser Nachweis nicht erbracht worden sei, müsse die Kostenfestsetzung insoweit abgelehnt werden.

Daraufhin hat die Klägerin eine Bestätigung des in den Einspruchsverfahren für sie tätig gewesenen StB. X vorgelegt, wonach mit seiner – zunächst nicht vorgelegten – Rechnung vom 30. November 1995 alle Honoraransprüche gegenüber der Klägerin abgegolten seien, wobei die Rechnung auch die Honoraransprüche für „das Einspruchsverfahren” in Höhe von ca. DM 5.000,– beinhalte. Diesen Betrag habe die Klägerin an ihn gezahlt. Hierbei habe es sich um eine Pauschalabrechnung gehandelt, in der der für das Einspru...

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