rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Einfuhrabgaben (Zoll/Euro) und Erstattung

 

Tenor

Das Verfahren wird ausgesetzt.

Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden nach Art. 177 EWG-Vertrag folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.) Enthält Art. 859 der Verordnung (EWG)Nr. 2454/93 der Kommission mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften vom 2. Juli 1993 ABl. EG Nr. L 253 S. 1 – ZK-DVO- eine wirksam zustandegekommene und abschließende Regelung der Verfehlungen i.S. des Art. 204 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften vom 12. Oktober 1992 ABl. EG Nr. L 302 S. 1 – ZK –, die sich „nachweislich auf die ordnungsgemäße Abwicklung der vorübergehenden Verwahrung oder des betreffenden Zollverfahrensnicht wirklich ausgewirkt haben”?

2.) Im Fall der Bejahung der Frage 1:

  1. Ist das Gericht gehindert, die Voraussetzungen einer Fristverlängerung nach Art. 859 Nr. 1 ZK – DVO – im Fall einer rechtzeitigen Antragstellung selbständig zu prüfen, wenn ein Antrag auf Fristverlängerung von der Zollbehörde durch unanfechtbar gewordenen Bescheid abgelehnt worden ist?
  2. Kann der Antrag auf Verlängerung – statt sich auf im einzelnen aufzulistende Anmeldungen zu beziehen – auch pauschal für alle in einem bestimmten Zeitraum (hier von mehreren Monaten) vorzunehmenden Anmeldungen gestellt werden, wobei zur Rechtfertigung auf während dieses Zeitraums bestehende spezielle betriebliche Probleme verwiesen wird (z.B. plötzliche Erkrankung von Mitarbeitern oder deren Urlaubsabwesenheit, Einarbeitung neuer Mitarbeiter, Probleme mit der Anwendung eines zur Zollabwicklung entwickelten DV-Systems, übermäßiger Aufwand bei der Vornahme von eigentlich von den Zollbehörden vorzunehmende Abschreibungen bei der passiven Veredelung), ohne daß grobe Fahrlässigkeit nach Art. 859 ZK-DVO zweiter Anstrich vorliegt?

3.) Im Fall der Verneinung der Frage 1:

Ist davon auszugehen, daß sich die in der nicht fristgerechten Einhaltung der Verpflichtung, den gestellten Waren eine zollrechtliche Bestimmung zu geben, in einer Vielzahl von Fällen vorliegenden Verfehlungen „nachweislich auf die ordnungsgemäße Abwicklung der vorübergehenden Verwahrung oder des betreffenden Zollverfahrens nicht wirklich ausgewirkt haben”, wenn den gestellten Waren eine zollrechtliche Bestimmung nach Fristablauf gegeben wird, ohne daß eine Fristverlängerung nach Art. 49 Abs. 2 ZK gerechtfertigt gewesen wäre?

4.) Im Fall der Verneinung der Frage 2 b) oder der Frage 3:

Ist Art. 900 Abs. 1 Buchst. o ZK-DVO, eingefügt durch Art. 1 Nr. 29 der Verordnung (EG) Nr. 3254/94 der Kommission vom 19. Dezember 1994 ABl.EG Nr. L 346 S. 1, über den Bereich der Anwendung von Präferenzzollsätzen oder der Gewährung der Gemeinschaftsbehandlung hinaus auch für die Gewährung anderer Abgabenbegünstigungen anwendbar?

5.) Im Fall der Verneinung der Frage 4:

Sind die Zollbehörden und Gerichte bei einem geltend gemachten Erstattungsbegehren verpflichtet, das Vorliegen aller infrage kommenden Erstattungstatbestände von Amts wegen zu prüfen, auch wenn der Antragsteller seinen Erstattungsantrag ausdrücklich nur auf einen gesetzlichen Tatbestand stützt, so daß hier auch zu prüfen wäre, ob die Voraussetzungen des Art. 239 Abs. 1 zweiter Anstrich ZK i.V.m. Art. 905 Abs. 1 Satz 1 ZK-DVO vorliegen hinsichtlich der Anmeldungen zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr, in denen gültige Warenverkehrsbescheinigungen EUR. 1 bzw. Ursprungszeugnisse Form A vorlagen, wobei die vollständige oder teilweise Befreiung von den Einfuhrabgaben für die nach passiver Veredelung wiedereingeführten Waren (Differenzverzollung) oder für Rückwaren nach Ausbesserung in Betracht kommt.

6.) Ist bei Vorliegen des Erstattungstatbestandes des Art. 900 Abs. 1 Buchst. o ZK-DVO regelmäßig davon auszugehen, daß der Beteiligte nicht in betrügerischer Absicht oder offensichtlich fahrlässig gehandelt hat?

7.) Bei Verneinung der Frage 6 und/oder Verneinung der Frage 4:

Ist der Begriff „offensichtliche Fahrlässigkeit” in Art. 239 Abs. 1 zweiter Anstrich ZK nach objektiven oder (auch) nach subjektiven Merkmalen zu bestimmen und ist er deckungsgleich mit dem Begriff „grobe Fahrlässigkeit” in Art. 859 zweiter Anstrich ZK-DVO und mit dem Begriff „offenkundige Fahrlässigkeit” in Art. 212 a ZK und kann eine „offensichtliche Fahrlässigkeit” nach Art. 239 ZK verneint werden, wenn Einfuhrzollschulden nach Art. 204 Abs. 1 Buchst. a deshalb entstanden sind, weil über viele Monate aus den in Frage 2 b) beispielhaft aufgeführten Gründen die Frist des § 49 Abs. 1 ZK nicht eingehalten worden ist und auch keine Umstände für Fristverlängerungen vorlagen, so daß auch eine grobe Fahrlässigkeit nach Art. 859 zweiter Anstrich ZK-DVO vorlag?

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin ist ein in der Rechtsform der OHG geführtes Textilhandelsunternehmen, das neben anderen Importen – oft präferenzberechtigter Waren – in erheblichem Umfan...

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