rechtskräftig
Tenor
Die dem Kläger erteilte Kostenrechnung vom 15. Januar 1997 wird aufgehoben.
Tatbestand
I.
Der Kläger hatte am 23. Dezember 1987 durch seinen Prozeßbevollmächtigten, der ihn auch im Erinnerungsverfahren vertritt, Klage erhoben. Die Prozeßvollmacht hatte er erst vorgelegt, nachdem ihm der Vorsitzende eine Ausschlußfrist gesetzt hatte; diese Verfügung war ihm mit PZU zugestellt worden.
Mit Schreiben vom 28. Februar 1996 hatte ihm der Berichterstatter empfohlen, die Klage mangels Erfolgsaussichten zurückzunehmen; in diesem Fall würden keine Gerichtskosten erhoben werden. Daraufhin nahm der Kläger die Klage zurück, und das Verfahren wurde mit Beschluß vom 26. März 1996 eingestellt.
Am 15. Januar 1997 wurde dem Kläger persönlich eine Kostenrechnung über DM 150,– erteilt. Sie wird in der Kostenrechnung als „Gebühr für Verfahren” bezeichnet, wobei von einem Streitwert von DM 6.000,– ausgegangen worden ist.
Mit einem an die Landeshauptkasse gerichteten Schriftsatz vom 29. Januar 1997 hat der Prozeßbevollmächtigte für den Kläger „Einspruch” mit der Begründung eingelegt, daß ihm im Schreiben des Berichterstatters vom 28. Februar 1996 Kostenfreiheit zugesichert worden sei.
Die LHK hat den Vorgang an die Kostenbeamtin weitergeleitet, die den „Einspruch” als Erinnerung gewertet und dieser nicht abgeholfen hat.
Entscheidungsgründe
II.
Die Erinnerung ist zulässig; vor allem war der für das Klageverfahren vom Kläger zur Prozeßführung Bevollmächtigte auch befugt, die Erinnerung einzulegen. Die dem Bevollmächtigten erteilte Prozeßvollmacht erstreckt sich nämlich – auch ohne daß dies ausdrücklich auf der Vollmachtsurkunde vermerkt ist – auf die Vertretung des Klägers im Kostenerinnerungsverfahren nach § 5 GKG (so die einhellige Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, vgl. OLG Stuttgart, Beschluß vom 2. Juli 1975, 8 W 81/75, JurBüro 1975 Sp. 1102; Markl/Meyer, GKG, 3. Aufl., § 5 RdNr. 3; Oestreich/Winter/Hellstab, GKG, § 5 RdNr. 8, Stand I/95; Tipke-Kruse, vor § 135 FGO, Tz. 15, Stand 4/95).
Die Erinnerung ist auch begründet.
Dies folgt nicht schon aus dem Umstand, daß die Kostenrechnung nicht dem Prozeßbevollmächtigten, sondern dem Kläger persönlich übermittelt worden ist. Im Vorsitzendenbeschluß des FG Baden-Württemberg vom 3. März 1997 1 Ko 3/97, EFG 1997, 634 ist zutreffend ausgeführt worden, daß Gerichtskostenrechnungen zwar nicht förmlich zugestellt werden müssen, Bekanntgabeadressat aber nur der Prozeßbevollmächtigte ist. Hier ist die unwirksame Bekanntgabe der angefochtenen Kostenrechnung aber in entsprechender Anwendung des § 9 Abs. 1 VwZG geheilt worden, da der Prozeßbevollmächtigte sie vom Kläger erhalten hat; andernfalls hätte er nicht die Erinnerung einlegen können (zur nachträglichen Heilung von Bekanntgabemängeln vgl. Tipke-Kruse, § 122 AO Tz. 21 c mit Rechtsprechungsnachweisen, Stand 6/95).
Die Erinnerung ist aber deshalb begründet, weil der Kostenerhebung jedenfalls die Vorschrift des § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG entgegensteht.
Indem der Erinnerungsführer sich gegen die Kostenerhebung mit der Begründung wendet, der Berichterstatter habe ihm Kostenfreiheit für den Fall der rechtzeitigen Klagerücknahme zugesagt, macht er geltend, daß die Kosten nach § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG nicht erhoben werden dürfen. Über diesen Antrag ist im Erinnerungsverfahren zu befinden (BFH-Beschluß vom 15. Oktober 1995 XI E 1/95, BFH/NV 1996, 575). In der BFH-Rechtsprechung ist anerkannt, daß eine unrichtige Sachbehandlung vorliegen kann, wenn einem Kläger eine unzutreffende Rechtsmittelbelehrung erteilt wird (vgl. Beschluß vom 07. Februar 1995 IX B 160/94, BFH/NV 1995, 723). Deshalb liegt eine unrichtige Sachbehandlung auch dann vor, wenn das Gericht einen Kläger zur Klagerücknahme unter Hinweis auf die Gerichtskostenfreiheit auffordert, obwohl die Gerichtskosten nicht (vollständig) im Fall der Klagerücknahme entfallen. In einem solchen Fall ist nämlich nicht auszuschließen, daß wesentliches Motiv für die Klagerücknahme (auch) die Freistellung von Gerichtskosten war.
Da somit wegen der vom Berichterstatter zugesagten Gerichtskostenfreiheit etwa entstandene Gerichtskosten nach § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG nicht erhoben werden dürfen, bedarf es keines Eingehens auf die Frage, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erhebung der Verfahrensgebühr überhaupt vorlagen und ob verneinendenfalls gegen den Kläger jedenfalls die entstandenen Zustellungskosten und Schreibauslagen hätten geltend gemacht werden können.
Das Erinnerungsverfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 5 Abs. 6 GKG).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 5 Abs. 2 Satz 3 GKG).
Fundstellen