rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Ansässigkeit eines Unternehmens. Steuerbefreiung für Umsätze für die Seeschifffahrt. Beteiligte eines Leistungsaustauschs

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Verfügt ein Unternehmen über keinerlei eigene Büroräume in dem Land, in dem es registriert ist, kann dies als Anhaltspunkt dafür gewertet werden, dass das Unternehmen nicht in jenem Land ansässig ist.

2. Eine fiktive Ansiedlung in der Form, wie sie unter anderem für Briefkastenfirmen charakteristisch ist, stellt nicht den Sitz einer wirtschaftlichen Tätigkeit dar.

3. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 2, § 8 Abs. 1 UStG ist davon abhängig, dass die Umsätze unmittelbar an den Betreiber eines Seeschiffs oder an die Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger bewirkt werden; sie erstreckt sich nicht auf Umsätze auf den vorhergehenden Stufen.

4. Die Beteiligten eines Leistungsaustauschs ergeben sich aus den schuldrechtlichen Vertragsbeziehungen.

 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 2, § 8 Abs. 1; UStDV § 61a Abs. 4; AO § 90 Abs. 2

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit des Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheids für Mai 2012 vom 12. Dezember 2012.

Die Klägerin ist eine UG, deren Geschäftszweig die Planung und Beratung im Schiffsbau ist. Ihr Stammkapital beträgt 1.000,00 Euro; die Anteile werden vollständig von ihrem Geschäftsführer gehalten.

Die Klägerin führte im Mai 2012 sonstige Leistungen für die Firma P. in London (nachfolgend: P.T.) aus. Die Arbeiten wurden mit Rechnung vom 23. Mai 2012 über … Euro ohne Umsatzsteuerausweis und ohne Angabe der englischen Umsatzsteueridentifikationsnummer berechnet.

Gegenstand der Leistung war die Instandsetzung des „Radio-Raums” des Motorschiffes „A. L.”. Dabei wurden unter anderem die Decke und der Fußboden dieses Raums vollständig erneuert. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Angebot, die Bestätigung der Auftragsannahme sowie die Rechnung der Klägerin Bezug genommen.

Gemäß Auskunft der P.T. ist die Firma steuerlich auf den British Virgin Islands registriert und die Adresse in London wird lediglich für postalische Zwecke genutzt.

Der Beklagte führte bei der Klägerin eine Umsatzsteuersonderprüfung für den Zeitraum April bis August 2012 durch.

Nach den dabei getroffenen Feststellungen gelangte der Beklagte zu der Ansicht, dass der hier streitige Umsatz an die P.T. als steuerpflichtiger Umsatz zu behandeln sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bericht vom 28. November 2012 Bezug genommen.

Der Beklagte setzte dementsprechend mit Bescheid vom 12. Dezember 2012 für den Voranmeldungszeitraum Mai 2012 den Nettobetrag in Höhe von … Euro als steuerpflichtigen Umsatz an.

Dagegen legte die Klägerin mit E-Mail vom 14. Dezember 2012 Einspruch ein.

Gleichzeitig übersandte sie zum Nachweis der steuerlichen Registrierung der P.T. auf den British Virgin Islands einen entsprechenden Registerauszug.

Mit Einspruchsentscheidung vom 23. Juli 2013 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.

Zur Begründung führte er aus, dass vorliegend die Unternehmereigenschaft der Empfängerin der Leistung, der P.T., nicht nachgewiesen worden sei.

Gemäß Auskunft des Bundeszentralamts für Steuern sei die P.T. weder in den internen Datenbanken noch im englischen Handelsregister verzeichnet. Die Anschrift auf den British Virgin Islands sei der Registrierungsagentin C T S Ltd. zuzurechnen. Diese biete die für Briefkastengesellschaften erforderlichen Dienstleistungen an.

Demnach verfüge die P.T. an ihrer Sitzadresse über keinen eigenen unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten aktiv tätigen Geschäftsbetrieb. Auch an anderer Stelle habe kein eigener Geschäftsbetrieb ermitteln werden können.

Da ein Auslandssachverhalt im Sinne des § 90 Abs. 2 AO vorliege, bestünden für den Beteiligten über die üblichen Mitwirkungspflichten gemäß § 90 Abs. 1 AO hinausgehende besondere Pflichten zur Beweisvorsorge, zur Sachaufklärung sowie zur Beweismittelbeschaffung.

Der Steuerpflichtige habe danach schon bei Eingehung von Rechts- oder Geschäftsbeziehungen zum Ausland dafür zu sorgen, dass er später den steuerlich zu wertenden Sachverhalt aufklären und Beweismittel beschaffen könne. Da der Auslandssachverhalt nicht von den Finanzbehörden ermittelt werden könne, müssten die Beteiligten die Sachverhalte im Inland darlegen und nachweisen. Dazu seien sie gehalten, Unterlagen aus dem Ausland ins Inland zu schaffen und hier vorzulegen. Erfülle der Steuerpflichtige seine erhöhte Mitwirkung- und Aufklärungspflicht nicht oder nicht vollständig, könne das Finanzamt hieraus im Rahmen der freien Beweiswürdigung Schlüsse zu Ungunsten des Betroffenen ziehen.

Da die Klägerin den Nachweis, dass der Umsatz an die P.T. an einen Unternehmer erbracht worden sei, nicht geführt habe, gelte als Ort der sonstigen Leistung der Sitz des Unternehmens der Klägerin, welcher sich im Inland befinde.

Mit Schreiben vom 12. August 2013 – bei Gericht eingegangen ...

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