rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendung der Vorschrift des § 25 UStG auf unentgeltliche Reiseleistungen. Kein Vorsteuerabzug für Aufwendungen in Zusammenhang mit unentgeltlich zur Verfügung gestellten Reise(vor)leistungen bei sog. Kaffeefahrten. Fehlende Umsatzsteuerbarkeit unentgeltlich ausgeführter sonstiger Leistungen für Unternehmenszwecke. Keine Verrechnung negativer Margen mit regelbesteuerten Umsätzen
Leitsatz (redaktionell)
1. Ob die Vorschrift des § 25 UStG auch auf unentgeltliche Reiseleistungen anwendbar ist, konnte offenbleiben.
2. Führt ein Direktvertriebsunternehmen Verkaufsfahrten (sog. Kaffeefahrten) durch, bei denen die Interessenten, die durch die entgeltliche Vermittlung eines Preisausschreiben durchführenden Unternehmens nach Versand einer Gewinnbenachrichtigung ermittelt werden, unentgeltlich an einem Tagesausflug teilnehmen, in dessen Rahmen auch eine Verkaufsveranstaltung stattfindet, kann die Vorsteuer aus den Reisevorleistungen (Beförderung, Bewirtung, Besichtigungen) nicht abgezogen werden.
3. Scheidet der Vorsteuerabzug wegen der (teilweise vertretenen) Annahme, dass § 25 UStG auf unentgeltliche Reiseleistungen nicht anwendbar ist, nicht nach § 25 Abs. 4 UStG aus, kann der Vorsteuerabzug aus den Reisevorleistungen an der Vorsteuerabzugsbeschränkung des § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG 1999/2005 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 7 EStG scheitern.
4. Für Unternehmenszwecke ausgeführte unentgeltliche sonstige Leistungen sind nicht umsatzsteuerbar.
5. Ein Abzug negativer Margen aus Reiseleistungen von der Bemessungsgrundlage für regelbesteuerte Umsätze aus Warenverkäufen kommt mangels gesetzlicher Regelung nicht in Betracht.
Normenkette
UStG 2005 § 25 Abs. 4, 3, §§ 16, 3 Abs. 9a S. 1 Nr. 2, § 10 Abs. 4 Nr. 3, § 15 Abs. 1a Nr. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 1; EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nrn. 1-2, Abs. 7; BGB § 661a
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Anwendbarkeit des § 25 UStG auf unentgeltliche Reiseleistungen.
Die Klägerin ist eine GmbH in Liquidation. Sie wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 19. August 2002 gegründet. Bis zur Einstellung ihres Geschäftsbetriebs am 1. August 2005 war sie als Direktvertriebsunternehmen in der Verkaufsfahrtenbranche tätig. Am 31. Januar 2006 wurde ihre Auflösung zum Handelsregister angemeldet. Alleingesellschafter war Herr B. Er war auch zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer bestellt und ist nunmehr Liquidator der Klägerin. Bis September 2000 war Herr B für die C-GmbH als Sprecher auf Verkaufsveranstaltungen „Kaffeefahrten”) tätig.
Unternehmensgegenstand der Klägerin war laut Gesellschaftsvertrag vom 19. August 2002 und der Handelsregistereintragung der Vertrieb von Waren aller Art, soweit nicht erlaubnispflichtig. In den Erläuterungen zu ihren Jahresabschlüssen auf den 31. Dezember 2002 und 2003 gab die Klägerin als Gegenstand ihres Unternehmens die Durchführung von Reisen und Verkaufsveranstaltungen an.
Der Beklagte führte im Jahr 2004 eine Betriebsprüfung bei der Klägerin durch, die den Prüfungszeitraum 2002 und die Steuerarten Körperschaftsteuer, Gewerbsteuer und Umsatzsteuer umfasste. Die Umsatzsteuerfestsetzung 2002 stand unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 der Abgabenordnung (AO).
Die Betriebsprüferin traf im Prüfungsbericht vom 17. Juni 2005 u.a. folgende Feststellungen:
” Tz 12 |
Die geprüfte Firma führt als Direktvertriebsunternehmen Verkaufsveranstaltungen (Kaffeefahrten) durch. Die Teilnehmer der Werbefahrten nehmen über eine Postwurfsendung an einem Preisausschreiben teil und gewinnen einen Tagesausflug bei dem die Verkaufsveranstaltung durchgeführt wird. Die Teilnahme ist unentgeltlich, es entstehen keine Kosten für die Teilnehmer der Werbefahrt. |
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[…] |
Tz 13 |
Hinweis auf Tz 12. |
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Der Vorsteuerabzug aus den Reisevorleistungen ist zu versagen. |
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2002 in EUR |
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Konto 4651 |
Bewirtungen Reisegruppen |
78.904,61 |
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Konto 4680 |
Busreisen |
140.481,81 |
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Summe |
219.386,42 |
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Nicht abzugsfähige Vorsteuer (16 %) |
35.101,82 „ |
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Aus den bei den Verkaufsveranstaltungen getätigten Verkäufen erzielte die Klägerin Umsätze zum allgemeinen Steuersatz im Jahr 2002 i.H.v. rund 1 Mio. EUR, im Jahr 2003 i.H.v. rund 5,5 Mio. EUR, im Jahr 2004 i.H.v. rund 5 Mio. EUR und im Jahr 2005 i.H.v. rund 2 Mio. EUR.
Im Klageverfahren stellten die Beteiligten klar, dass die KIägerin selbst keine Preisausschreiben oder Auslobungen vorgenommen hatte. Die Rekrutierung der Teilnehmer der Verkaufsveranstaltungen geschah auf folgende Weise:
Ein von einem Dritten (zunächst von einem Herrn D und ab Herbst 2002 von einer Frau E) betriebenes Einzelunternehmen verteilte über Postwurfsendungen mit Tagespost Rätselkarten. Die ausgefüllten Rätselkarten wurden von den Interessenten an ein Postfach der „Ziehungszentrale” gesandt. Das Postfach gehörte dem Einzelunternehmen. Anschließend wurden di...