Entscheidungsstichwort (Thema)
Fesetzungsfrist bei der Erbschaftsteuer. vorzeitiger Wegfall eines Nießbrauchsrechts durch Tod des Berechtigten
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird die Erbschaftsteuererklärung betreffend einen im Jahr 2015 eingetretenen Erbfall im Jahr 2016 abgegeben, beginnt die vierjährige Festsetzungsfrist für die Erbschaftsteuer mit Ablauf des Jahres 2016 und endet mit Ablauf des Jahres 2020.
2. Der Umstand, dass der vorzeitige Wegfall des auf einem ererbten Grundstück lastenden Nießbrauchs infolge des Todes des Berechtigten auch schon in einem früheren, bereits bestandskräftigen Erbschaftsteuerbescheid hätte berücksichtigt werden können, stellt nicht die gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 BewG in Verbindung mit § 14 Abs. 2 Satz 3 BewG bestehende Pflicht des Finanzamts in Frage, dem vorzeitigen Wegfall der Nießbrauchslast durch Erlass eines auf diese spezielle Änderungsnorm gestützten Bescheids Rechnung zu tragen.
Normenkette
BewG § 14 Abs. 2 S. 1 Nr. 7, S. 3; AO § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob einer auf § 14 Abs. 2 Satz 3 des Bewertungsgesetzes (BewG) gestützten Änderung eines bestandskräftigen Erbschaftsteuerbescheids durch den angefochtenen Erbschaftsteuerbescheid vom 5. Februar 2020 Festsetzungs- und/oder Zahlungsverjährung entgegensteht.
Am … 2015 verstarb Frau … – nachfolgend abgekürzt: A. – im Alter von … Jahren.
In ihrem Testament vom 20. Oktober 2014 hatte A. die Klägerin zur Alleinerbin bestimmt. Des Weiteren hatte sie angeordnet, dass ihr am … 1938 geborener Sohn, Herr … – nachfolgend abgekürzt: B. –, ein lebenslanges unentgeltliches Nießbrauchsrecht an dem bebauten Grundstück …, erhält (Nießbrauchsvermächtnis).
Das Amtsgericht … – Nachlassgericht – übersandte dem Beklagten mit Schreiben vom 27. November 2015 eine beglaubigte Abschrift des Eröffnungsprotokolls und des Testaments.
Mit Schreiben vom 3. März 2016 forderte der Beklagte die Klägerin unter Hinweis auf § 149 Abgabenordnung (AO) i. V. m. § 31 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) auf, eine Erbschaftsteuererklärung einzureichen.
Mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 21. April 2016, das am darauffolgenden Tag bei der Beklagten einging wurde dem Beklagten die am 19. April 2016 von der Klägerin unterschriebene Erbschaftsteuererklärung übersandt, auf deren Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird.
Unter dem 4. August 2016 erließ der Beklagte einen Erbschaftsteuerbescheid für die Klägerin, der eine – von der Klägerin in der Folgezeit erfüllte – Zahllast i. H. v. 152.130,00 EUR auswies. Darin berücksichtigte der Beklagte das Nießbrauchsvermächtnis zugunsten von B. als steuermindernde Last mit einem Betrag i. H. v. 257.763,44 EUR. Der Bescheid erging gemäß § 165 Abs. 1 AO vorläufig hinsichtlich des Abzugs des Nießbrauchsrechts, weil die Abzugsfähigkeit dieser Belastung wegen der vom Lagefinanzamt im Feststellungsbescheid noch mitzuteilenden nachrichtlichen Angaben noch nicht abschließend geprüft werden konnte. Außerdem erging der Bescheid hinsichtlich der Steuerbefreiung nach § 13c ErbStG teilweise vorläufig gemäß § 165 Abs. 1 AO, weil die gesamte Wohn- und Nutzfläche des Gebäudes und die Wohnfläche der zu Wohnzwecken vermieteten Teile noch nicht abschließend ermittelt werden konnte. Darüber hinaus wurde in dem Bescheid erläutert, dass eine Mitteilung des zuständigen Lagefinanzamts über die Feststellung des Bedarfswerts noch nicht vorliege und der gemeine Wert des Grundstücks entsprechend den Angaben in der Steuererklärung geschätzt worden sei, damit die Steuerfestsetzung zeitnah erfolgen könne (§ 155 Abs. 2 AO i. V. m. § 162 Abs. 5 AO), und dass die Steuerfestsetzung von Amts wegen geändert werde (§ 175 AO), ohne dass es insoweit eines Einspruchs bedürfe, sobald die Mitteilung des Lagefinanzamts vorliege.
Am … 2016 verstarb B.
Aus der Mitteilung vom 14. Oktober 2019 über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts auf den … 2015 für die als Mietwohngrundstück eingestufte wirtschaftliche Einheit …, ergab sich ein Grundbesitzwert i. H. v. 789.930 EUR und eine gesamte Wohn- und Nutzfläche des Gebäudes von 445 qm.
Unter dem 18. November 2019 erließ der Beklagte einen den Bescheid vom 4. August 2016 gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO ändernden und gemäß § 165 Abs. 2 AO endgültigen Bescheid über Erbschaftsteuer gegenüber der Klägerin, dem er den mitgeteilten Grundbesitzwert i. H. v. 789.930 EUR zugrunde legte. Die mit diesem Bescheid festgesetzte Erbschaftsteuer i. H. v. 191.760,00 EUR führte zu einer weiteren Zahllast von 39.630,00 EUR.
Die Klägerin zahlte den angeforderten Betrag i. H. v. 39.630,00 EUR innerhalb der ihr gesetzten Frist unter Vorbehalt und legte mit Schreiben vom 6. Dezember 2019, das per Telefax vorab am selben Tag beim Beklagten einging, Einspruch gegen den Erbschaftsteuerbescheid vom 18. November 2019 ein. Zur Begründung trug sie vor, dass das N...