Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1994
Tenor
Der Einkommensteuerbescheid 1994 in der Fassung vom 11. Juli 1995 wird unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom gleichen Tage geändert. Die Einkommensteuer wird unter Berücksichtigung weiterer außergewöhnliche ?elastung in Höhe von DM 667,– neu festgesetzt.
Die Berechnung der Einkommensteuer wird dem Beklagten übertragen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung von Kfz-Kosten des gehbehinderten Klägers als außergewöhnliche Belastung bei der Einkommenssteuerfestsetzung 1994.
Der Kläger ist schwerbehindert. Nach dem Schwerbehindertenausweis vom 29.11.1990 beträgt der Grad der Behinderung „100”, als Merkzeichen ist u.a. „aG” für außergewöhnlich behindert eingetragen. Außerdem ist laut Schwerbehindertenausweis „die Notwendigkeit ständiger Begleitung nachgewiesen”.
In der zweiten Jahreshälfte 1991 erwarb der Kläger einen Pkw der Kompaktklasse zum Kaufpreis von DM 17.589,– DM. Behinderungsbedingte Zusatzausstattungen hat der Wagen nicht. Der Kläger nutzt diesen Pkw ausschließlich für solche Fahrten, die durch seine Krankheit verursacht sind. Wegen seiner schweren Behinderung werden andere als notwendige Fahrten nicht durchgeführt. Die Ehefrau des Klägers fährt ihn, nutzt den Pkw für eigene Zwecke aber aus grundsätzlichen Erwägungen des Umweltschutzes nicht.
Wie schon in den Jahren seit 1991 machte der Kläger mit seiner Einkommensteuererklärung 1994 die laufenden Kosten des Pkw, die er im einzelnen belegt, mit 3.714,64 DM und eine Absetzung für Abnutzung in Höhe von DM 4.398,– geltend. Die ermittelte er wie folgt:
Anschaffungskosten für Pkw (angeschafft 2. Hj. 1991) |
17.589,– DM |
2. Hj. 1991 |
2.199,– DM |
1992 |
4.398,– DM |
1993 |
4.398,– DM |
1994 |
4.398,– DM |
Restwert 31.12.1994 |
2.195,– DM |
Mit Einkommensteuerbescheid für 1994 vom 18.05.1995 berücksichtigte der Beklagte Aufwendungen nach § 33 EStG in Höhe von 2.137,– DM, abziehbar blieben nach Anrechnung der zumutbaren Belastungen 699,– DM. In den Erläuterungen zum Einkommensteuerbescheid heißt es:
„Gemäß § 33 b EStG i.V.m. A 100 Abs. 7 Sätze 8 bis 11 LStR. 1993 wurde der Km-Pauschbetrag in Höhe von 1.560,– DM gewährt, da eine höhere Fahrleistung als 3.000 Km nicht nachgewiesen wurde…”
Der Kläger legte gegen diesen Bescheid Einspruch ein. Er hielt daran fest, daß die tatsächlichen Autokosten in vollem Umfang steuerlich zu berücksichtigen seien, da er sich ohne Auto außerhalb des Hauses nicht fortbewegen könne. Das Absetzen nur einer Kilometerpauschale für die im Streitjahr gefahrenen rund 8.400 Kilometer bedeute eine steuerliche Schlechterstellung. Abgesehen davon sei die Berücksichtigung von nur 3.000 Kilometern fehlerhaft, da aus den Rechnungen des vom 20.01. und 04.05.1994 eine Fahrleistung von 3.140 Kilometer in 4 1/2 Monaten erweislich sei.
Der Beklagten wies den Einspruch mit Einspruchssentscheidung vom 11.07.1995 zurück.
In den Gründen heißt es, „das hält eine Jahreskilometerleistung von 8400 km für glaubhaft, zumal der Ef. durch Reparaturrechnungen nachgewiesen hat, daß im Zeitraum 20.01.1994 bis 04.05.1994 mit dem Pkw 3.410 km zurückgelegt worden sind. Es wird einen geänderten Einkommensteuerbescheid 1994 erlassen, in dem Kfz-Kosten in Höhe von (8.400 km X 0,52 DM)= 4.368,– DM anstatt bisher 1.560,– DM vor Abzug der zumutbaren Belastung berücksichtigt werden”.
Zur Begründung stützt sich der Beklagte auf das Schreiben des vom 11. April 1994, IV P 1-S 2284-49/94, BStBl. 1994 I S. 256, das er in den einschlägigen Passagen im Wortlaut zitiert.
Am 10. August 1995 hat der Kläger Klage erhoben.
Er trägt vor: In allen vergangenen Jahren sei es ihm rechtlich möglich gewesen, die tatsächlichen Autokosten steuerlich geltend zu machen. Es sei unzumutbar, neue Gesetzeslagen, die Mitte 1994 im Bundessteuerblatt veröffentlicht worden seien und ab dem 01.01.1994 rückwirkend Geltung beanspruchen, auf ihn anzuwenden. Im übrigen führe die Pauschalierung nach dem Schreiben in seinem Falle zu einer ungerechtfertigten Schlechterstellung gegenüber solchen Schwerbehinderten, die die nach dem Schreiben noch angemessene Jahreskilometerleistung von 15.000 km voll ausschöpften. Rechne man von der Km-Pauschale von 0,52 DM pro Kilometer die laufenden Kosten für Benzin und Öl ab, so blieben ca. 0,35 DM pro Kilometer für Anschaffungs- und Reparaturkosten übrig. Das bedeute eine höchstmögliche Jahresabschreibungsrate von ca. 4.250,– DM (15.000 km X 0,35 DM). Wer sich dagegen eher umweltgerecht verhalte und möglichst wenig mit dem Auto fahre, in seinem Fall ca. 8.400 km im Streitjahr, der werde dafür bestraft, indem die nichtverbrauchsabhängigen Kfz-Kosten ebenfalls nur noch anteilig berücksichtigt würden, obwohl er – genau wie jeder andere außergewöhnlich Gehbehinderte mit einer höheren Fahrleistung – auf den Pkw angewiesen sei und die nicht verbrauchsabhängigen Kosten auch nicht mindern könne.
Der Kläger be...