Entscheidungsstichwort (Thema)

Unwirksamkeit eines von einem Steuerberater nach Ergehen eines Gerichtsbescheids im Februar 2023 nicht über das besondere elektronische Steuerberaterpostfach (beSt), sondern per Fax beim Finanzgericht gestellten Antrags auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung. in Rechtsmittelbelehrung eines Gerichtsbescheids kein Hinweis nach § 52a FGO erforderlich. Entscheidung über Wirksamkeit eines Antrags auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gerichtsgebührenfrei

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Steuerberater war ab dem 1.1.2023 verpflichtet, nach Ergehen eines Gerichtsbescheids den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung als elektronisches Dokument über sein besonderes elektronisches Steuerberaterpostfach (beSt) zu übermitteln (vgl. FG Münster, Urteil v. 9.5.2023, 15 K 2460/21 E). Geschah dies nicht, führte der Formverstoß zur Unwirksamkeit und schloss insbesondere eine Fristwahrung aus (vgl. BFH, Beschluss v. 28.4.2023, XI B 101/22, BStBl 2023 II S. 763). Das gilt auch, wenn dem Steuerberater von der Bundessteuerberaterkammer die für die Einrichtung erforderlichen Unterlagen zur Registrierung für die Steuerberaterplattform erst später im Laufe des Jahres 2023 übersandt worden sind.

2. Ein Telefax des Steuerberaters entsprach nicht den Anforderungen an ein elektronisches Dokument, so dass der im Jahr 2023 per Telefax gestellte Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung unwirksam war und als nicht vorgenommen gilt (vgl. FG Köln, Urteil v. 19.5.2022, 6 K 1883/21, EFG 2022 S. 1389).

3. Eine Rechtsmittelbelehrung in einem nach dem 1.1.2023 ergangenen Gerichtsbescheid ist nicht im Sinne des § 55 Abs. 2 FGO unrichtig erteilt, wenn sie keinen Hinweis auf die Möglichkeit der Übermittlung des Antrags mittels eines elektronischen Dokuments gemäß § 52a FGO enthält. Die Rechtsbehelfsbelehrung ist richtig erteilt, wenn sie lediglich den Wortlaut des für den Antrag auf mündliche Verhandlung analog anzuwendenden § 64 Abs. 1 FGO wiedergibt. Ein Hinweis auf die Möglichkeit der Stellung des Antrags auf mündliche Verhandlung auf elektronischem Weg ist nicht notwendig (vgl. BFH, Beschluss v. 21.5.2021).

4. Die Entscheidung über die Frage, ob nach Ergehen eines Gerichtsbescheids ein Antrag auf mündliche Verhandlung wirksam gestellt worden ist, ergeht gerichtsgebührenfrei (vgl. FG Münster, Urteil v. 9.5.2023, 15 K 2460/21 E).

 

Normenkette

FGO § 52a Abs. 4 S. 1 Nr. 2, § 52d Sätze 1-2, § 55 Abs. 2 S. 1, § 62 Abs. 2 S. 1, § 64 Abs. 1, § 90a Abs. 2 S. 1, Abs. 3

 

Tenor

Der Gerichtsbescheid vom 9. Januar 2023 wirkt als Urteil.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig sind nach einer Außenprüfung ergangene Änderungsbescheide.

Der Kläger erzielt Einkünfte aus Land- und Fortwirtschaft und aus Gewerbebetrieb (Landmaschinenhandel). Er ermittelt seine Einkünfte aus Gewerbetrieb durch Bestandsvergleich und die Einkünfte aus Land- und Fortwirtschaft nach § 4 Abs. 3 EStG. Der Handel wird in einem erheblichen Umfang bar abgewickelt.

Der am … Mai 2018 eingegangenen Umsatzsteuererklärung für 2015 wurde am … Juni 2018 zugestimmt. Für 2016 und 2017 wurden Steuererklärungen abgegeben.

Auf Grund der Prüfungsanordnung vom … Januar 2020 wurden Betriebsprüfungen des landwirtschaftlichen Unternehmens und des Landmaschinenhandels durchgeführt.

Im Betriebsprüfungsbericht (Landmaschinenhandel) vom … April 2021 wurde u.a. die Kassen- und Buchführung wurden beanstandet. Auf Grund der festgestellten Mängel erfolgte jeweils eine Hinzuschätzung von … EUR zzgl. 19% Umsatzsteuer (Tz. 1.7 und 1.8) sowie eine Hinzuschätzung von Erlösen aus Schrottlieferungen in Höhe von jeweils … EUR zzgl. 19% Umsatzsteuer (Tz. 1.29 bis 1.31) für die Streitjahre 2015 bis 2017.

Die Feststellungen der Außenprüfung wurden durch die Umsatzsteuerbescheide 2015 bis 2017 vom … Juni 2021 umgesetzt.

Einsprüche gegen diese Bescheide wurden am … Juli 2021 eingelegt. Zur Begründung wurden Mängel der Außenprüfung und des Prüfungsberichts geltend gemacht.

Mit Einspruchsentscheidung vom … Februar 2022 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Er nahm Stellung zu den erhobenen Einwendungen des Klägers, die er in der Sache weder für berechtigt noch für relevant hielt. Im Übrigen seien die Änderungen entsprechend den Erläuterungen im Betriebsprüfungsbericht zu Recht erfolgt.

Am … März 2022 ist die Klage erhoben worden.

Zur Begründung der Klage macht der Kläger geltend, die Betriebsprüfung sei unrechtmäßig durchgeführt werden. Die Feststellungen der Betriebsprüfung beruhten allein auf Vermutungen. Der Kläger habe nicht das Recht erhalten, den Feststellungen im Rahmen einer Schlussbesprechung zu widersprechen. Außerdem habe die Art und Dauer der Unterbrechung der Betriebsprüfung zur Nichtigkeit des Betriebsprüfungsberichts geführt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Umsatzsteuerbescheide 2015 bis 2017 vom … Juni 2021 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … Februar 2022 aufzuheben.

Der Beklagte beantragen,

festzustellen, dass der Gerichtsb...

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