rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerfreiheit der Trinkgeldansprüche eines Spielbankmitarbeiters in 2002. Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (§ 69 FGO) des Einkommensteuerbescheids 2002
Leitsatz (redaktionell)
1. Der als Saalassistent im Automatenbereich einer Spielbank angestellte Arbeitnehmer hat den ihm aufgrund der arbeitsvertraglichen i.V.m. den tarifvertraglichen Regelungen zustehenden Anteil am Trinkgeldaufkommen der Spielbank zu versteuern. Die Trinkgelder unterfallen aufgrund des arbeitsrechtlich durchsetzbaren Rechtsanspruchs nicht dem § 3 Nr. 51 EStG i.d.F. des Gesetzes zur Steuerfreistellung von Arbeitnehmertrinkgeldern v. 8.8.2002.
2. Die von Spielbankbesuchern in den sog. Tronc gezahlten Zuwendungen sind als Trinkgelder, d.h. als freiwillig entrichtete Leistungen anzusehen (entgegen dem BFH-Urteil v. 19.7.1963 VI 73/62 U, BStBl III 1963, 479).
Normenkette
EStG § 3 Nr. 51 (i.d.F. v. 8.8.2002), § 19 Abs. 1; FGO § 69
Nachgehend
Tenor
Der Antrag wird abgewiesen.
Die Beschwerde zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden den Antragstellern auferlegt.
Tatbestand
Die Antragsteller sind Eheleute, die im Streitjahr zusammenveranlagt wurden. Der Antragsteller, der Ehemann, ist im Automatenbereich der Spielbank L… angestellt. Für ihn galt im Streitjahr der im Februar 2002 zwischen der Spielbank L… und der Gewerkschaft ver.di abgeschlossene Gehaltstarifvertrag „Automatenspiel”. Auf die Regelungen der §§ 7 und 8 des Tarifvertrags bezüglich des Trinkgeldaufkommens und seiner Verteilung nimmt der Senat Bezug.
Der Antragsteller erhielt als Mitarbeiter der Automatenspielbank ein Festgehalt; darüber hinaus wurde er entsprechend den genannten Regelungen des Tarifvertrags am Trinkgeldaufkommen beteiligt. Das Trinkgeldaufkommen in der Automatenspielbank kommt in der Weise zustande, dass die Besucher der Spielbank ihr Trinkgeld in Gestalt von Jetons in die für diesen Zweck aufgestellten Behälter geben; das in den Behältern eingehende Geld (Jetons) bildet den Tronc der Automatenspielbank. Nur bei den Roulette-Automaten wird im Fall des Gewinns ein so genannter Plein-Abzug für das Trinkgeld automatisch vorgenommen und unter den Croupiers, die das Spiel an den normalen Roulettetischen leiten und durch den Einsatz von Roulette-Automaten nicht benachteiligt werden sollen, verteilt (vgl. hierzu § 7 Abs. 4, § 8 Abs. 1 des Tarifvertrags).
Bis zum Veranlagungszeitraum 2001 unterwarf die Spielbank L… die Trinkgelder für die Mitarbeiter der Automatenspielbank dem Lohnsteuerabzug, soweit der Freibetrag des § 3 Nr. 51 Einkommensteuergesetz in der bis zum Veranlagungszeitraum 2001 gültigen Fassung – EStG a.F. – überschritten wurde. Auf Grund des Inkrafttretens des Gesetzes zur Steuerfreistellung von Arbeitnehmertrinkgeldern vom 08. August 2002 (BGBl. I 2002, 3111; BStBl. I 2002, 818) und der damit verbundenen Änderung des § 3 Nr. 51 EStG n.F. richtete die Spielbank L… eine Anrufsauskunft nach § 42e EStG an das für die Spielbank L… zuständige Arbeitsstättenfinanzamt Mitte/Tiergarten. Dieses beschied die Spielbank L… zunächst dahingehend, dass die Trinkgelder nunmehr in vollem Umfang steuerfrei seien. Am 12. November 2002 widerrief das Finanzamt Mitte/Tiergarten seine Auskunft, so dass ab diesem Zeitpunkt die Spielbank L… die Trinkgelder der Lohnsteuer unterwarf. Ab dem 12. November 2002 zahlte die Spielbank L… dem Antragsteller EUR 3.963,61 steuerpflichtige Trinkgelder aus; der Senat nimmt auf die entsprechende Bescheinigung der Spielbank L… vom 12. November 2003 Bezug.
Die Spielbank L… wies auf der Lohnsteuerkarte des Antragstellers für 2002 einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von EUR 34.835,44 aus; hierin waren die ab 12. November 2002 der Lohnsteuer unterworfenen Trinkgelder in Höhe von EUR 3.963,61 enthalten.
Mit Einkommensteuerbescheid vom 20. Januar 2004 setzte der Antragsgegner die Einkommensteuer der Antragsteller auf EUR 12.776, – fest und legte hierbei Einnahmen des Antragstellers aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von EUR 34.835, – zu Grunde.
Hiergegen legte der Antragsteller fristgerecht Einspruch ein und machte geltend, dass die ihm ab dem 12. November 2002 ausgezahlten Trinkgelder in Höhe von EUR 3.963,61 nach § 3 Nr. 51 EStG n.F. steuerfrei seien. Der Antragsgegner half dem Einspruch mit Änderungsbescheid vom 05. März 2004 ab und setzte die Einkommensteuer auf EUR 11.522, – herab, wobei er Einnahmen des Antragstellers aus nichtselbständiger Tätigkeit nur noch in Höhe von EUR 30.872, – (Differenz gegenüber dem Erstbescheid: EUR 3.963, –) ansetzte.
Im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung bei der Spielbank L… am 03. November 2004 stellte der Lohnsteuerprüfer fest, dass die Spielbank L… dem Antragsteller in der Zeit vom 01. Januar 2002 bis zum 12. November 2002 Trinkgelder in Höhe von EUR 19.700,44 als steuerfrei ausbezahlt hatte. Nach Auffassung des Prüfers hätte dieser Betrag ...