Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1991 – 1993
Nachgehend
Tenor
1. Die Einkommensteuerbescheide für 1991, 1992 und 1993 vom 11.01.1994, 22.12.1994 und 30.06.1995, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06.02.1996 werden mit der Maßgabe geändert, daß bei den sonstigen Einkünften im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a) EStG für 1991 Einkünfte in Höhe von ./. 49.931,87 DM, für 1992 Einkünfte in Höhe von ./. 12.610, 04 DM und für 1993 Einkünfte in Höhe von ./. 11.494,49 DM bezüglich des Berlin-Darlehens weitere Einkünfte aus Kapitalvermögen für 1991 in Höhe von ./. 16.667,18 DM, für 1992 in Höhe von + 463,89 DM und für 1993 in Höhe von ./. 161,17 DM berücksichtigt werden. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu 9/10 und die Klägerin zu 1/10 zu tragen.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Beschluß
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Gründe
Die Klägerin ist Apothekerin. Sie wurde am 21.11.1943 geboren. Die Klägerin und ihr geschiedener Ehemann, der am 08.06.1950 geboren wurde, schlossen am 28.12.1991 mit der in Großbritannien ansässigen Versicherungsgesellschaft X. einen sofort beginnenden Rentenversicherungsvertrag gegen einen Einmalbetrag in Höhe von umgerechnet DM 340.659,40. Der Vertrag unterliegt ausweislich der allgemeinen Versicherungsbedingungen englischem Recht. In der Versicherungspolice sind sowohl die Klägerin wie auch der Ehemann als Versicherungsnehmer und Rentenberechtigte genannt. Die Laufzeit ist für einen Zeitraum von zunächst 15 Jahren garantiert, im Anschluß daran für die Zeit bis zum Tode des erstversterbenden Rentenberechtigten und von da an bis zum Tode des überlebenden zweiten Rentenberechtigten. Die jährliche Rente beträgt £ 10.962, 78. Sie ist erstmals am 28.12.1992 fällig geworden.
Die Klägerin gewährte der Wohnungsbaukreditanstalt im Jahre 1991 ein Darlehen nach § 17 Berlinförderungsgesetz (BerlinFG) in Höhe von DM 150.000,–. Der Zinssatz beträgt ausweislich des Zins- und Tilgungsplanes 6,5% (ab 20.12.1991), die Tilgung 1,5% (ab 01.05. 1992). Das Berlindarlehen hat eine Laufzeit von 25 Jahren.
Für die Beratung und Vermittlung des sogenannten „Euro-Berlin- Darlehens” wurde der Klägerin eine Vermittlungsgebühr in Höhe von DM 13.500,– in Rechnung gestellt.
Die Einmalzahlung zur englischen Rentenversicherung und das Berlindarlehen refinanzierten die Klägerin und ihr Ehemann durch ein Darlehen bei der Landesbank M… in Höhe von DM 480.000,–. Der Zinssatz für dieses Darlehen beträgt 7,85 % (DM 37.680,– pro Jahr) und ist zunächst auf 10 Jahre fest. Tilgungsleistungen werden nicht erbracht.
Mit dem Darlehensbetrag wurden ausweislich der Valutierungsmitteilung der refinanzierenden Bank vom 20.01.1992 DM 48.000,– Disagio, DM 18.000,– Vermittlungsgebühr sowie das Darlehen an die Wohnungsbaukreditanstalt in Höhe von DM 150.000,– finanziert. Den Darlehensrestbetrag von DM 264.000,– und Eigenmittel in Höhe von DM 76.062,28 verwendeten die Klägerin und ihr Ehemann zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dem Rentenversicherungsvertrag mit der X…
Schließlich schloß die Klägerin am 28.12.1991 mit der X. einen Kapitallebensversicherungsvertrag mit einer Versicherungssumme von £ 74.071,00 zuzüglich etwaiger Jahresboni ab. Die Versicherung wird am 28.12.2004 fällig. Nach einer Prognoserechnung kann bei Fälligkeit mit einer Gesamtleistung von £ 255.000,– gerechnet werden. Für diese Versicherung sind jährlich Zahlungen in Höhe von £ 6.030,06 an die X. zu leisten. Aus Vereinfachungsgründen wird dieser Betrag von der Leibrente einbehalten. Der Restbetrag von £ 4.932,72 wird jährlich nachschüssig an die Klägerin ausgezahlt.
In den Einkommensteuererklärungen für 1991 bis 1993 erklärte die Klägerin im Hinblick auf das Berlindarlehen negative Einkünfte aus Kapitalvermögen sowie im Hinblick auf die Rentenversicherung negative sonstige Einkünfte. Das Finanzamt L… setzte die Einkommensteuer für 1991, 1992 und 1993 ohne Berücksichtigung der Einkünfte aus der Rente fest, da eine Überschußerzielungsabsicht nicht erkennbar sei.
Gegen die Einkommensteuerbescheide legte die Klägerin jeweils Einspruch ein. Zur Begründung führte sie unter Vorlage von Berechnungen aus, daß ein Totalgewinn zu erwarten sei. Bei der Frage, ob ein Steuerpflichtiger mit Überschußerzielungsabsicht gehandelt habe, müsse bei einer Kapitalanlage im Ausland wegen der nicht vorhersehbaren Wechselkursschwankungen auf den Kenntnisstand des Steuerpflichtigen im Investitionszeitpunkt abgestellt werden.
Der Beklagte, der durch den Nachvollzug der Kreisgebietsreform zuständig wurde, wies den Einspruch als unbegründet zurück und verböserte nach entsprechend...