Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer 1991, 1992 und 1993. Gewerbesteuermeßbetrag 1991, 1992 und 1993. Steuerrate 1990. Umsatzsteuer 1990, 1991, 1992 und 1993

 

Tenor

1. Die Einspruchsentscheidung über die Einsprüche hinsichtlich der Bescheide über Einkommensteuer 1991, 1992 und 1993, den Gewerbesteuermeßbetrag 1991, 1992 und 1993, die Steuerrate 1990 sowie die Umsatzsteuer 1990, 1991, 1992 und 1993, sämtlich vom 17. Dezember 1996, werden aufgehoben.

2. Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

4. Die Kostenentscheidung ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, soweit nicht die Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leisten.

 

Gründe

Bei den Klägern fand am 17. Januar 1994 eine Außenprüfung statt.

Aufgrund dieser Außenprüfung ergingen am 20. November 1995 der Umsatzsteuerbescheid 1990 sowie der Bescheid über die Steuerrate 1990. Am 24. November 1995 ergingen der Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 1991, die Bescheide über den Gewerbesteuermeßbetrag für 1991 und 1992, die Umsatzsteuerbescheide für 1991 und 1992 sowie die Einkommensteuerbescheide für 1991 und 1992. Am 06. Mai 1996 erließ der Beklagte darüber hinaus Schätzungsbescheide für die Einkommensteuer 1993, die Umsatzsteuer 1993 und die Gewerbesteuer 1993.

Gegen alle Bescheide mit Ausnahme des Bescheides über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 1991 legten die Kläger mit Schreiben vom 28. bzw. 29. November 1995 und 25. Juni 1996 Einspruch ein, den sie nicht begründeten.

Die Kläger wurden zunächst von einem Herrn A… steuerlich beraten, der ihnen suggerierte, Steuerberater zu sein, tatsächlich jedoch zur Steuerberatung nicht befugt war. Ihr jetziger Bevollmächtigter beantragte im Laufe des Veranlagungsverfahrens bei dem Beklagten mehrfach Verlängerung der Frist zur Begründung der eingelegten Einsprüche sowie Akteneinsicht. Akteneinsicht wurde ihm am 03. Mai 1996 gewährt. Dabei wurde ihm zur Auflage gemacht, die in ca. 20 Aktenordnern für einen Zeitraum von vier Jahren abgehefteten Buchhaltungsunterlagen nicht umzusortieren.

Der Beklagte setzte den Klägern mit Schreiben vom 04. November 1996 eine Ausschlußfrist bis zum 19. November 1996. Die Kläger ließen diese Frist ungenutzt verstreichen. Der Beklagte wies daher die eingelegten Einsprüche als unbegründet zurück.

Die Kläger haben inzwischen die Gewinnermittlungen für die Zeit vom 01. Juli bis 31. Dezember 1990 sowie für die Jahre 1991 bis 1993, die Einkommensteuererklärung 1993, die Gewerbesteuererklärung 1993, die Umsatzsteuererklärung 1993 eingereicht und Vorsorgeaufwendungen für 1991 in Höhe von DM 9.211,00 sowie für 1992 in Höhe von DM 15.423,00 nachgewiesen.

Sie sind der Auffassung, daß die vom Beklagten gemäß § 364 b Abs. 1 AO gesetzte Ausschlußfrist zu kurz bemessen gewesen sei und die Frist daher nicht wirksam gesetzt worden sei.

Die Kläger beantragen,

die Einspruchsentscheidungen über die Einsprüche hinsichtlich der Bescheide über Einkommensteuer 1991, 1992 und 1993, den Gewerbesteuermeßbetrag 1991, 1992 und 1993, die Steuerrate 1990 sowie die Umsatzsteuer 1990, 1991, 1992 und 1993, sämtlich vom 17. Dezember 1996, aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klagen abzuweisen.

Er ist der Ansicht, daß die nach § 364 b Abs. 1 AO gesetzte Frist hinreichend lang war und die Ausschlußfrist somit wirksam gesetzt sei. Der Beklagte weist darauf hin, daß den Klägern eine Frist zur Begründung der Einsprüche bis zum 31. Oktober 1996 gewährt worden sei. Auch sei ihrem Bevollmächtigten die Möglichkeit gegeben worden, die für die Erstellung der Steuererklärungen benötigten Unterlagen in den Räumen des Beklagten zu vervielfältigen.

Die Kläger wenden auf den letztgenannten Punkt ein, daß ein Kopieren der benötigten Unterlagen bei 20 Aktenordnern und einem Preis von jeweils DM 1,00 für die ersten 50 Kopien sowie DM 0,30 für jede weitere Kopie einen unzumutbaren Kostenaufwand bedeutet hätte.

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die angegriffenen Einspruchsentscheidungen sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte ist verpflichtet, die zwischenzeitlich eingereichten Gewinnermittlungen und Steuererklärungen zu berücksichtigen. Er wird daran insbesondere nicht durch eine Präklusionswirkung gemäß § 364 b Abs. 2 AO gehindert. Die von dem Beklagten gemäß § 364 b Abs. 1 AO gesetzte Frist war unwirksam und führt daher nicht zur Präklusion des weiteren klägerischen Vorbringens.

Die Präklusionswirkung gemäß § 364 b Abs. 2 AO tritt nur ein, wenn die Frist von der Finanzbehörde rechtsfehlerfrei gesetzt wurde. Diese Voraussetzung erfüllt die vom Beklagten gesetzte Frist nicht. Es fehlt an der angemessenen Länge der Frist (zu diesem Erfordernis vgl. FG des Lande...

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