Entscheidungsstichwort (Thema)

Heilung des wegen Nichtbeachtung der Zustellungsvollmacht eingetretenen Zustellungsmangels

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Zustellungsmangel, dass der Steuerbescheid entgegen der Zustellungsvollmacht nicht dem Prozessbevollmächtigten übermittelt wurde, wird durch die unverzügliche Weiterleitung an diesen wirksam geheilt.

2. Die Heilung eines solchen Zustellungsmangels kann auch dann durch den Zugang des Steuerbescheides beim Prozessbevollmächtigten eintreten, wenn eine zur Vertretung der Prozessbevollmächtigten befugte Person den Bescheid tatsächlich nicht zur Kenntnis genommen hat. Denn es kommt darauf an, dass der Grunderwerbsteuerbescheid in den Machtbereich der Prozessbevollmächtigten gelangt war und von den zur Vertretung der Prozessbevollmächtigten befugten Personen zur Kenntnis genommen werden konnte.

 

Normenkette

AO §§ 124, 122

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 21.02.2013; Aktenzeichen II B 113/12)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob eine Grunderwerbsteuerfestsetzung bereits vor Einlegung des Einspruchs bestandskräftig geworden war oder ob sie wirksam angefochten worden ist.

Der Beklagte (FA) erließ am 04. März 2008 gegen die Rechtsvorgängerin der Klägerin einen Grunderwerbsteuerbescheid über 33.967,00 EUR. Dieser Bescheid wurde – trotz Vorliegens einer entsprechenden Zustellvollmacht – nicht der jetzigen Prozessbevollmächtigten, sondern vielmehr der Klägerin bekanntgegeben. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin leitete den Bescheid jedoch offenbar unverzüglich an das Büro der jetzigen Prozessbevollmächtigten weiter. Denn bereits mit Schreiben vom 06. März 2008 teilte die jetzige Prozessbevollmächtigte der Rechtsvorgängerin der Klägerin mit, dass kein Anlass bestehe, den Bescheid vom 04. März 2008 anzufechten; dieses Schreiben war von einer Mitarbeiterin der jetzigen Prozessbevollmächtigten „i. A.” unterzeichnet. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin beglich die festgesetzte Steuer daraufhin zeitnah.

Mit Schreiben vom 19. November 2010 legte die Prozessbevollmächtigte des vorliegenden Verfahrens sodann gegen den Bescheid vom 04. März 2008 Einspruch ein und wies gleichzeitig daraufhin, dass ihr, der Bevollmächtigten, der Bescheid vom 04. März 2008 seinerzeit – trotz Vorliegens einer entsprechenden Zustellvollmacht – nicht bekanntgegeben worden sei. Das FA erließ daraufhin am 27. Dezember 2010 einen (inhaltsgleichen) Grunderwerbsteuerbescheid über 33.967,00 EUR, welcher nunmehr der jetzigen Prozessbevollmächtigten bekanntgegeben wurde. Dagegen erhob die jetzige Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 04. Januar 2011 ebenfalls Einspruch.

Beide Einsprüche wies das FA mit 2 Einspruchsbescheiden vom 31. August 2011 zurück. Dabei verwarf das FA den mit Schreiben vom 19. November 2010 eingelegten Einspruch mit der Begründung als unzulässig, dass der Einspruch verspätet gewesen sei. Den am 04. Januar 2011 eingelegten Einspruch verwarf das FA mit der Begründung als unzulässig, dass der Bescheid vom 27. Dezember 2010 keine neue, eigenständige Regelung beinhalte, sondern lediglich eine Wiederholung des Bescheides vom 04. März 2008 darstelle.

Zur Begründung der dagegen erhobenen Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, der Bescheid vom 04. März 2008 sei seinerzeit nicht wirksam bekanntgegeben worden, da die Zustellvollmacht nicht beachtet worden sei. Dieser Zustellmangel sei nicht dadurch geheilt worden, dass ihre, der Klägerin, Rechtsvorgängerin den Bescheid unverzüglich an die jetzige Prozessbevollmächtigte weitergeleitet habe. Denn seinerzeit habe nur eine Sachbearbeiterin der Prozessbevollmächtigten und nicht der für die Bearbeitung zuständige Geschäftsführer der Prozessbevollmächtigten den Bescheid zur Kenntnis genommen; damit sei eine Heilung nicht eingetreten.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Grunderwerbsteuerbescheides vom 04. März 2008 / 27. Dezember 2010 und der hierzu ergangenen Einspruchsbescheide vom 31. August 2011 die Grunderwerbsteuer auf 3.500,00 EUR herabzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das FA bleibt bei seiner in den Einspruchsbescheiden vertretenen Auffassung.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet. Die Klägerin ist durch die Einspruchsbescheide vom 31. August 2011, mit denen die Einsprüche als unzulässig verworfen werden, nicht in ihren Rechten verletzt. Im Einzelnen:

Zutreffend weist die Klägerin darauf hin, dass der Grunderwerbsteuerbescheid vom 04. März 2008 nicht ordnungsgemäß bekanntgegeben worden ist, da der Bescheid – entgegen der dem FA vorliegenden Zustellvollmacht – der Rechtsvorgängerin der Klägerin und nicht der jetzigen Prozessbevollmächtigten übermittelt worden war. Dieser Zustellmangel ist jedoch nach Auffassung des Senats dadurch wirksam geheilt worden, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin den Bescheid offenbar unverzüglich an die jetzige Prozessbevollmächtigte weitergeleitet hat. Dies ergibt sich für den Senat zweifelsfrei aus dem Umsta...

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