Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerbegünstige Entlassungsabfindung bei sofortiger Neuanstellung bei einer anderen Firma derselben Unternehmer. Einkommensteuer 1995
Leitsatz (redaktionell)
Eine steuerbegünstigte Abfindung i.S. der §§ 3 Nr. 9, 24 Nr. 1 Buchst. a, 34 EStG kann auch dann vorliegen, wenn zwar ein „einvernehmlicher” Aufhebungsvertrag geschlossen und der entlassene Arbeitnehmer zeitgleich mit teilweise identischen Aufgaben wie bisher bei einem anderen Unternehmen der hinter seinem bisherigen Arbeitgeber stehenden Personen als Geschäftsführer angestellt wird, wenn aber die wesentliche Ursache für die Entlassung die Unerreichbarkeit der vom bisherigen Arbeitgeber verfolgten Geschäftszwecke und die beabsichtigte Aufgabe des Tätigkeitsbereichs des Entlassenen ist und mit der Abfindung der Verlust des Arbeitsplatzes und nicht etwa bereits entstandene Vergütungsansprüche abgegolten werden sollen.
Normenkette
EStG § 3 Nr. 9, § 24 Nr. 1 Buchst.a, § 34 Abs. 1-3
Nachgehend
Tenor
1. Abweichend von dem Einkommensteuerbescheid vom 08. Januar 1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. Oktober 1998 wird die Einkommensteuer 1995 unter Berücksichtigung eines nach § 3 Nr. 9 EStG steuerfreien Arbeitslohns in Höhe von insgesamt 24.000 DM und eines nach § 24 Nr. 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 EStG dem ermäßigten Steuersatz unterworfenen Betrages in Höhe von 276.000 DM festgesetzt.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten für die Kläger vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte ist befugt, die Zwangsvollstreckung in Höhe des gegen ihn zu vollstreckenden Betrages durch Sicherheitsleistung abzuwenden, sofern nicht die Kläger ihrerseits zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
4. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.
Tatbestand
Streitig ist die einkommensteuerliche Behandlung einer Abfindung.
Der Kläger ist Ingenieur von Beruf. Am 22. Oktober 1990 schloß er als Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag mit den Herren …, die als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) handelten, deren Bezeichnung zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht endgültig feststand. Er verpflichtete sich darin, Möglichkeiten der Neugründung von Unternehmen oder der Beteiligung an Unternehmen im Raum … festzustellen und entsprechende Vertragsverhandlungen für seine Arbeitgeberin durchzuführen. Seine Aufgaben sollte er in dem Bereich der Bauindustrie und den dazugehörenden Nebengebieten (Hoch- und Tiefbau, Rohstoffgewinnung (Kies, Steine), Betonherstellung, Recycling von Baustoffen, Bauschutt u.ä., Beschaffung von Grundstücken) ausüben. Tatsächlich wurde er entsprechend seiner Ausbildung vor allem in der Erschließung und im Genehmigungsverfahren für Bergrechte tätig. Er erhielt ein Festgehalt von zunächst 3.750 DM brutto/Monat. Unter § 6 des Vertrages wurde für den Fall der erfolgreichen Vermittlung von Geschäften, die Gegenstand der Tätigkeit des Klägers sein sollten, außerdem eine Erfolgsprovision vereinbart, deren Höhe je Vorhaben gesondert zwischen den Parteien vereinbart werden sollte. Gleichzeitig wurde dem Kläger die Möglichkeit eingeräumt, sich „bis zur Höhe von 10 % am Stammkapital an diesen Vorhaben zu beteiligen”.
Mit Datum vom 14. Dezember 1994 vereinbarte der Kläger mit Herrn … dass die Vereinbarung vom 22. Oktober 1990 zwischen ihnen im gegenseitigen Einvernehmen zum 31. Dezember 1994 aufgehoben werde. Ferner hatte die Vereinbarung zum Inhalt: „Herr … erhält einmalig einen Betrag in Höhe von 300.000 DM als Abfindung. Damit sind alle gegenseitigen Ansprüche aus der Vereinbarung vom 22. Oktober 1990 erfüllt.”.
Ebenfalls mit Datum vom 14. Dezember 1994 schloss der Kläger mit der … Bauunternehmung GmbH & Co KG, vertreten durch Herrn …, eine Vereinbarung zur Übernahme und Weiterführung seiner bisherigen Aufgabenbereiche aus der Vereinbarung vom 22. Oktober 1990; allerdings wurde ihm nun die Position eines Geschäftsführers eingeräumt. Er sollte eine Jahresvergütung von rund 126.750 DM erhalten und eine Tantieme, deren Höhe im Einzelnen noch festgelegt werden sollte. Unter § 9 „Diverses” Punkt 2 wurde § 6 des Arbeitsvertrages vom 22. Oktober 1990 zum Vertragsbestandteil gemacht.
Im Mai 1995 zahlte Herr … durch Übergabe eines auf sein Privatkonto gezogenen Schecks 300.000 DM an den Kläger. In der Einkommensteuererklärung 1995, in der die Kläger die Zusammenveranlagung beantragten, erklärte der Kläger einen Betrag in Höhe von 276.000 DM bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als ermäßigt zu besteuernde Entschädigung.
1997 fand bei der … Bauunternehmung GmbH & Co KG eine Lohnsteueraußenprüfung statt. Der Prüfer teilte auf Grund seiner dabei gewonnenen Erkenntnisse der Veranlagungsstelle des Beklagten mit, dass eventuell in 1995 dem Kläger zugeflossene Zahlungen nach § 34 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) in voller Höhe zu besteuern seien.
Der Beklagte schloss sich de...