Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen bei der Ermittlung der kindergeldrechtlichen Einkünfte im Jahr 2001. Kindergeld

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Begriff der „Einkünfte” in § 32 Abs. 4 S. 2 EStG entspricht der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 EStG. Er ist nicht als „zu versteuerndes Einkommen” i.S. des § 2 Abs. 5 EStG oder als „Einkommen” i.S. des § 2 Abs. 4 EStG (Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen) zu verstehen.

2. Die Sozialversicherungsbeiträge des Kindes sind im Kalenderjahr 2001 in verfassungsrechtlich ausreichendem Umfang bereits bei der Bemessung des Jahresgrenzbetrags –14.040 DM– berücksichtigt (Anschluss an das BFH-Urteil vom 4. November 2003 VIII R 59/03, BFH/NV 2004, 407, hinsichtlich der Berechnungsmethode zur Überprüfung des Jahresgrenzbetrags an verfassungsrechtlichen Vorgaben).

 

Normenkette

EStG 2001 § 32 Abs. 4 S. 2, § 2 Abs. 2, 5, 4, § 10; GG Art. 6 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 03.08.2004; Aktenzeichen VIII B 99/04)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Auslegung des in § 32 Abs. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz 2001 (EStG) enthaltenen Begriffs der „Einkünfte”.

Die Tochter der Klägerin, … befand sich im Streitjahr 2001 ganzjährig in einer Ausbildung zur Krankenschwester und erzielte Einnahmen in Höhe von 21.182,00 DM

Mit Bescheid vom 21. Mai 2002 hob der Beklagte die Festsetzung von Kindergeld für Diana ab Januar 2001 auf, weil ihre Einkünfte den Grenzbetrag überstiegen.

Nachdem der Einspruch dagegen zurückgewiesen worden war, hat die Klägerin am 23. Dezember 2002 Klage erhoben. Ihrer Ansicht nach müssten auch die Sonderausgaben von Diana (insgesamt 4.510,70 DM) einkünftemindernd berücksichtigt werden. Bezüglich der Höhe der Werbungskosten hat sich die Klägerin der in der Einspruchsentscheidung dargelegten Ansicht des Beklagten angeschlossen und geht nunmehr auch von einem Betrag von 5.795,07 DM aus.

In der mündlichen Verhandlung hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt, bis zum Ergehen der Entscheidung des Bundesverfassungsgericht über die Verfassungsbeschwerde mit dem Aktenzeichen 2 BvR 167/02 das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.

Die Klägerin hat beantragt,

unter Änderung des Bescheides vom 21. Mai 2002 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 03. Dezember 2002 Kindergeld für … für das

Kalenderjahr 2001 festzusetzen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Seiner Ansicht nach stünde der Wortlaut des Gesetzes der von der Klägerin begehrten Auslegung des Begriffs der Einkünfte entgegen. Dem Antrag auf Ruhen des Verfahrens könne er sich nicht anschließen, denn dieser sei unzweckmäßig.

Dem Gericht hat die vom Beklagten für die Klägerin geführte Kindergeldakte vorgelegen.

 

Entscheidungsgründe

Ein Ruhen des Verfahrens war nicht anzuordnen.

Gemäß § 155 Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 251 der Zivilprozessordnung hat das Gericht das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, wenn beide Parteien dies beantragen und anzunehmen ist, dass wegen Schwebens von Vergleichsverhandlungen oder sonstigen wichtigen Gründen diese Anordnung zweckmäßig ist.

Im Streitfall mangelt es an übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten. Der Beklagtenvertreter hat in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich erklärt, er wünsche eine Entscheidung.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Beklagte hat zu Recht kein Kindergeld gewährt, weil die Einkünfte der Tochter der Klägerin für den streitigen Zeitraum in Höhe von 15.386,93 DM den Grenzbetrag in Höhe von 14.040 DM übersteigen.

Da die anzusetzenden Einnahmen und Werbungskosten der Tochter der Klägerin zwischen den Beteiligten unstreitig sind, braucht das Gericht darauf nicht weiter einzugehen.

Ein Anspruch auf Kindergeld gemäß §§ 62 Abs. 1; 63 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG ist gegeben, wenn zuzüglich zum Vorliegen anderer hier nicht streitiger Voraussetzungen das Kind Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als 14.040 DM im Kalenderjahr hat, § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG.

Die maßgebenden Einkünfte der Tochter der Klägerin betragen 15.386,93 DM. Zu Recht hat der Beklagte von der erzielten Ausbildungsvergütung in Höhe von 21.182,00 DM nur die Werbungskosten mit 5.795,07 DM und nicht auch die gezahlten Sonderausgaben zum Abzug gebracht.

Der eindeutige Wortlaut des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG legt der Berechnung des Grenzbetrages unter anderem die erzielten Einkünfte zu Grunde. Diese sind nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 EStG, welche bei der Auslegung einzusetzen ist, der Gewinn (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG) oder der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG), so dass Aufwendungen, die nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind, bei der Gegenüberstellung der Mittel des Kindes und des Grenzbetrages außer Betracht bleiben müssen. Entsprechend ist auch der T...

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