Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen und anderen Sonderausgaben bei der Ermittlung der kindergeldrechtlichen Einkünfte im Jahr 2000. Kindergeld für das Kind
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Begriff der „Einkünfte” in § 32 Abs. 4 S. 2 EStG entspricht der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 EStG. Er ist nicht als „zu versteuerndes Einkommen” i.S. des § 2 Abs. 5 EStG oder als „Einkommen” i.S. des § 2 Abs. 4 EStG (Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen) zu verstehen.
2. Die Sozialversicherungsbeiträge des Kindes sind im Kalenderjahr 2000 in verfassungsrechtlich ausreichendem Umfang bereits bei der Bemessung des Jahresgrenzbetrags – 13500 DM – berücksichtigt (Anschluss an das BFH-Urteil vom 4. November 2003 VIII R 59/03, BFH/NV 2004, 407, hinsichtlich der Berechnungsmethode zur Überprüfung des Jahresgrenzbetrags an verfassungsrechtlichen Vorgaben).
Normenkette
EStG 2000 § 32 Abs. 4, §§ 2, 2 Abs. 2, 5, 4; GG Art. 6 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
Streitig ist die Auslegung des in § 32 Abs. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz 2000 (EStG) enthaltenen Begriffs der „Einkünfte”.
Der Sohn der Klägerin, … befand sich im Streitjahr 2000 ganzjährig in Ausbildung. Da er sein 18. Lebensjahr vollendete und seine Einkünfte nach einer Prognose über dem anteiligen Grenzbetrag von 9.000 DM liegen würden, hob der Beklagte die Festsetzung von Kindergeld für ihn ab Mai 2000 auf.
Nach Zurückweisung ihres Einspruchs hat die Klägerin am 21. Dezember 2000 Klage erhoben. Ihrer Ansicht nach stünde ihr für … weiterhin Kindergeld zu, denn es seien nicht die Einkünfte, sondern vielmehr sein zu versteuerndes Einkommen zum anteiligen Grenzbetrag in Bezug zu setzen. Das zu versteuernde Einkommen von … berechne sich für den maßgebenden Zeitraum wie folgt:
Ausbildungsvergütung |
10.416 DM |
Anteiliger Werbungskostenpauschbetrag |
- 1.333 DM |
8/12 des Weihnachtsgeldes |
+ 980 DM |
Einkünfte |
10.063 DM |
abzüglich Sonderausgaben |
- 2.231,33 DM |
zu versteuerndes Einkommen |
7.831,67 DM |
In der mündlichen Verhandlung hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt, bis zum Ergehen der Entscheidung des Bundesverfassungsgericht über die Verfassungsbeschwerde mit dem Aktenzeichen 2 BvR 167/02 das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.
Die Klägerin hat beantragt,
unter Änderung des Bescheides vom 26. Mai 2000 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 30. November 2000 Kindergeld für … für Mai bis Dezember 2000 festzusetzen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Seiner Ansicht nach stünde der Wortlaut des Gesetzes der von der Klägerin begehrten Auslegung des Begriffs der Einkünfte entgegen. Dem Antrag auf Ruhen des Verfahrens könne er sich nicht anschließen, denn dieser sei unzweckmäßig.
Nach übereinstimmendem Antrag der Beteiligten und entsprechendem Beschluss durch das Gericht ruhte das Verfahren bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts am 30. September 2002 über die Verfassungsbeschwerde mit dem Aktenzeichen 2 BVR 1781/00.
Dem Gericht hat die vom Beklagten für die Klägerin geführte Kindergeldakte vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Ein Ruhen des Verfahrens war nicht anzuordnen.
Gemäß § 155 Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 251 der Zivilprozessordnung hat das Gericht das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, wenn beide Parteien dies beantragen und anzunehmen ist, dass wegen Schwebens von Vergleichsverhandlungen oder sonstigen wichtigen Gründen diese Anordnung zweckmäßig ist.
Im Streitfall mangelt es an übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten. Der Beklagtenvertreter hat in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich erklärt, er wünsche eine Entscheidung.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Beklagte hat zu Recht kein Kindergeld gewährt, weil die Einkünfte des Sohns der Klägerin für den streitigen Zeitraum in Höhe von 10.063 DM den anteiligen Grenzbetrag in Höhe von 9.000 DM (8/12 von 13.500 DM) übersteigen.
Da die anzusetzenden Einnahmen und Werbungskosten des Sohnes der Klägerin zwischen den Beteiligten unstreitig sind, braucht das Gericht darauf nicht weiter einzugehen.
Ein Anspruch auf Kindergeld gemäß §§ 62 Abs. 1; 63 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG ist gegeben, wenn zuzüglich zum Vorliegen anderer hier nicht streitiger Voraussetzungen das Kind Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als 13.500 DM im Kalenderjahr hat, bzw. im Streitfall von nicht mehr als 9.000 DM hat, § 32 Abs. 4 Satz 7 EStG.
Die maßgebenden Einkünfte des Sohnes der Klägerin betragen 10.063 DM. Zu Recht hat der Beklagte von der erzielten Ausbildungsvergütung in Höhe von 11.396 DM nur den anteiligen Werbungskostenpauschbetrag mit 1.333 DM und nicht auch die gezahlten Sonderausgaben zum Abzug gebracht.
Der eindeutige Wortlaut des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG legt der Ber...