Entscheidungsstichwort (Thema)

Doppelte Haushaltsführung bei Einsatzwechseltätigkeit. Zweijahresfrist. Einkommensteuer 1998

 

Leitsatz (amtlich)

Bei einer Einsatzwechseltätigkeit führt jeder Wechsel des Beschäftigungsortes regelmäßig zur Neubegründung einer doppelten Haushaltsführung mit der Folge, dass die Zweijahresfrist des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 3 EStG im Falle der Verlegung der Zweitwohnung an den neuen Einsatzort neu zu laufen beginnt.

 

Normenkette

EStG 1997 § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 3

 

Tenor

Unter Abänderung des Einkommensteuerbescheides 1998 vom 11. November 1999 in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 4. August 2000 wird die Einkommensteuer auf EUR 581,34 (DM 1.137) herabgesetzt.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrags in Höhe der zu erstattenden Kosten abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leisten.

 

Tatbestand

Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger war im Streitjahr 1998 auf wechselnden Baustellen tätig. In der Einkommensteuererklärung machte der Kläger unter anderem für eine doppelte Haushaltsführung in G. … vom 24. August bis 11. Dezember – der Höhe nach unstreitige – Werbungskosten von DM 8.614,30 geltend. Der Beklagte ermittelte die Werbungskosten nach den Grundsätzen der Einsatzwechseltätigkeit und erkannte lediglich einen Betrag von DM 6.324 an. Der Beklagte nahm an, dass die sogenannte Zweijahresfrist verstrichen sei, weil der Kläger zuvor bereits in G. tätig war: Im Jahr 1996 vom 22. Juli bis 13. Dezember, im Jahr 1997 vom 7. Januar bis 30. April und vom 14. Juli bis 8. August, im Streitjahr vom 7. Januar bis 3. Juli. Demgemäss setzte der Beklagte die Einkommensteuer 1998 unter Berücksichtigung eines zu versteuernden Einkommens (z. v. E.) von DM 25.766 mit Progressionsvorbehalt wegen Lohnersatzleistungen von DM 6.848 auf DM 1.636 fest.

Die Kläger haben am 5. September 2000 Klage erhoben. Sie vertreten im Wesentlichen die Auffassung, dass bei jedem Wechsel des Einsatzortes eine neue doppelte Haushaltsführung beginne.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

den Einkommensteuerbescheid 1998 vom 11. November 1999 in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 4. August 2000 dahingehend abzuändern, dass die Einkommensteuer unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten von DM 2.290 (DM 8.614 ./. DM 6.324) herabgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte meint, die Zweijahresfrist komme auch in den Fällen einer Einsatzwechseltätigkeit zur Anwendung.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung –FGO–).

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Dem Kläger stehen die geltend gemachten Werbungskosten zu. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Einkommensteuergesetz (EStG) gehören zu den bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit abziehbaren Werbungskosten die notwendigen Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen. Dabei führen auch Arbeitnehmer, die – wie der Kläger – einer Einsatzwechseltätigkeit nachgehen und an ihrem auswärtigen Einsatzort oder in dessen Einzugsgebiet übernachten, als Verheiratete einen doppelten Haushalt.

Der Anerkennung der Werbungskosten steht nicht entgegen, dass § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG den Abzug der Aufwendungen einer doppelten Haushaltsführung bei einer Beschäftigung am selben Ort auf insgesamt zwei Jahre begrenzt. Nach Auffassung des Senats führt der Wechsel des Beschäftigungsortes in den Fällen einer Einsatzwechseltätigkeit regelmäßig zur Neubegründung einer doppelten Haushaltsführung, damit beginnt jeweils die Zweijahresfrist neu zu laufen. Der Senat hat für die Frage, ob durch den Einsatz am neuen Beschäftigungsort eine weitere doppelte Haushaltsführung begründet wird und damit ein steuerlich zu berücksichtigender Wohnungswechsel vorliegt, die Voraussetzungen herangezogen, die der Bundesfinanzhof (BFH) an die Begründung einer steuerlich anzuerkennenden doppelten Haushaltsführung stellt. Der BFH fordert für eine steuerlich anzuerkennende doppelte Haushaltsführung, dass der Beschäftigungsort beruflich bedingt wechselt und am Beschäftigungsort ein neuer Zweithaushalt entsteht (BFH-Urteile vom 26. August 1988 VI R 111/85, Bundessteuerblatt –BStBl– II 1989, 89; vom 9. März 1990 VI R 36/87, BFH/NV 1990, 700). In den Fällen einer Einsatzwechseltätigkeit wird bei jedem Wechsel der Einsatzstelle eine neue doppelte Haushaltsführung aufgenommen, soweit die Zweitwohnung an den neuen Einsatzort verlegt wird. Dies hat zur Folge, dass die Zweijahresfrist neu beginnt.

Zwar regeln die Lohnsteuer-Richtlinien 1996 in Abschnitt 43 Absatz 10 Satz 4, dass Unterbrechungen wie beispielsweise eine vorübergehende Tätigkeit an einem anderen Beschäftigungsort nur dann zu einem Neu...

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