Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuordnung des Entlassungsgeldes eines Zivildienstleistenden
Leitsatz (redaktionell)
Das Entlassungsgeld, das ein Zivildienstleistender als Überbrückungsgeld bei Beendigung seiner Dienstzeit erhält, ist dem der Entlassung folgenden (Ausbildungs-)Monat zuzurechnen.
Normenkette
EStG 1997 § 32 Abs. 4 S. 7, § 33a Abs. 4 S. 2, § 62 Abs. 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 S. 2
Tatbestand
Der Kläger hat einen im Jahr 1977 geborenen Sohn Oliver, der am 31. August 1998 aus dem Zivildienst entlassen wurde. In dem streitigen Zeitraum September bis Dezember 1998 ging der Sohn des Klägers vom 12. Oktober bis 3. November einem Hochschulstudium nach, vom 1. September bis 11. Oktober und vom 9. November bis 31. Dezember war er arbeitslos gemeldet. Nach den Feststellungen des Beklagten erhielt er in den Zeiträumen der Arbeitslosigkeit Arbeitslosenhilfe in Höhe von DM 1.508,80 bzw. in Höhe von DM 1.950,40. Außerdem war ihm noch im August 1998 ein Entlassungsgeld von DM 1.500 ausgezahlt worden.
Nachdem der Beklagte zunächst Kindergeld für den streitigen Zeitraum ausgezahlt hatte, hob er mit Bescheid vom 2. September 1999 gegenüber dem Kläger die Kindergeldfestsetzung ab September 1998 gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) auf. Gleichzeitig forderte er das überzahlte Kindergeld von DM 880 zurück. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies der Beklagte durch die Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 1999 zurück. Er führte an, dass die Einkünfte und Bezüge des Kindes - die Arbeitslosenhilfe von DM 3.459,20 und das Entlassungsgeld von DM 1.500 abzüglich einer Kostenpauschale von DM 360 - die maßgebliche Einkommensgrenze von DM 4.120 (4/12 des Jahresgrenzbetrages von DM 12.360) überschreiten würden.
Am 28. Oktober 1999 hat der Kläger beim Beklagten eine Klage angebracht. Er meint, der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig, da das Entlassungsgeld nicht vollumfänglich in die Berechnung der anspruchsschädlichen Einkünfte habe einbezogen werden dürfen. Da sein Sohn über den 31. Dezember 1998 hinaus arbeitslos gewesen sei und noch bis zum 23. September 1999 Arbeitslosenhilfe bezogen habe, müsse das Entlassungsgeld auf einen längeren Zeitraum - seines Erachtens auf zwölf Monate - verteilt werden. Er habe das Kindergeld im Übrigen auch für den Unterhalt seines Sohnes verwand.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 2. September 1999 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 1999 ersatzlos aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte führt im Wesentlichen an, dass das Entlassungsgeld in vollem Umfang auf den der Entlassung folgenden Monat entfalle.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat die Kindergeldfestsetzung zu Recht von September 1998 an aufgehoben und das überzahlte Kindergeld für die Monate September bis Dezember 1998 zurückgefordert.
I. Der Kläger hatte, da sein Sohn das 18. Lebensjahr im Streitjahr bereits vollendet hatte, nur unter den Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes - EStG - (i. V. m. §§ 62 Abs. 1 Nr. 1, 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 u. Satz 2 EStG) Anspruch auf Kindergeld. Nach dieser Vorschrift wird ein über 18 Jahre altes Kind berücksichtigt, wenn es noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, arbeitslos ist und der Arbeitsvermittlung im Inland zur Verfügung steht, aber auch, wenn es noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat und für einen Beruf ausgebildet wird (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 u. Nr. 2 a EStG). Soweit das Kind den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, wird es für einen der Dauer dieses Dienstes entsprechenden Zeitraum über das 21. oder 27. Lebensjahr hinaus berücksichtigt (§ 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG). Für den Streitfall folgt aus diesen Bestimmungen, dass der Sohn des Klägers in den Monaten September bis Dezember 1998 dem Grunde nach kindergeldrechtlich zu berücksichtigen gewesen sein könnte, da er während dieser Monate - zumindest zeitweise - arbeitslos war bzw. sich als Student in der Berufsausbildung befand.
Dem Kindergeldanspruch steht entgegen, dass die weitere Voraussetzung, dass nämlich die Kindeseinkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, die gesetzlich festgelegte Einkommensgrenze nicht übersteigen, nicht gegeben ist. Die Einkommensgrenze beläuft sich im Streitjahr auf DM 3.090 (3/12 von DM 12.360). Der im Streitjahr maßgebliche Jahresgrenzbetrag von DM 12.360 ermäßigt sich grundsätzlich für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für eine kindergeldrechtliche Berücksichtigung nicht vorliegen, um ein Zwölftel (§ 32 Abs. 4 Sätze 2 u. 6 EStG). Bei der Ermäßigung des Jahresgrenzbetrages war aber zu berücksichtigen, dass sich der Sohn des Klägers in der Zeit vom 4. bis 8. November nicht arbeitslos gemeldet hatte. Da die kindergeldrechtlichen Voraussetzungen damit nicht während des gesamten Monats November vorlagen, gehörte dieser Monat - neben den Monaten Januar bis August - zu den sog. Kürzu...