Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung eines Investitionszulagenbescheides wegen Subventionsbetrugs. Vorsatz. Investitionszulage 1993
Leitsatz (redaktionell)
1. Es bleibt offen, ob die Änderungssperre des § 173 Abs. 2 AO über ihren Wortlaut hinaus – gegebenenfalls über den Verweis des § 7 InvZulG – auch bei einem Subventionsbetrug wieder aufgehoben werden kann.
2. Vorsatz oder Leichtfertigkeit als subjektive Merkmale des Subventionsbetrugs im Sinne von § 264 StGB liegen nicht bereits dann vor, wenn ein juristischer Laie ohne steuerliche Beratung bei der erstmaligen Anfertigung eines Antrages auf Investitionszulage und bei großem Zeitdruck die an unerwarteter Stelle (nämlich nicht unter Anspruchsvoraussetzungen) noch dazu im Kleingedruckten angesprochene Wohnsitzfrage überliest.
Normenkette
AO 1977 § 173 Abs. 2; StGB §§ 264, 15; InvZulG § 7
Nachgehend
Tenor
Der Bescheid über die Aufhebung des Investitionszulagenbescheides 1993 vom 20. März 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. Juli 2000 wird aufgehoben, und die Investitionszulage 1993 wird von 16.485 DM auf 48.828 DM (= 24.965 EUR) heraufgesetzt.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H. d. gegen ihn zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Streitig ist insbesondere, ob der zugunsten der Klägerin ergangene Investitionszulagebescheid noch wegen eines Subventionsbetruges änderbar ist.
Die Klägerin betreibt ein Autohaus mit KFZ-Handel und Reparaturwerkstatt. An ihr waren ursprünglich mit jeweils 50 % die Gesellschafter und … mit Wohnsitz in den neuen Bundesländern beteiligt, letzterer veräußerte seinen Anteil jedoch am 1. Juli 1993 an Herrn …
Unter Hinweis auf Wohnsitze ihrer beiden Gesellschafter … und … in den neuen Bundesländern und auf ihre Eintragung in die Handwerksrolle beantragte die Klägerin beim Beklagten fristgerecht eine 20 %ige Investitionszulage für diverse Wirtschaftsgüter im Wert von 626.788,67 DM. Nach einer Investitionszulagensonderprüfung gewährte der Beklagte ihr diese mit Bescheid vom 3. Juli 1995 ohne Vorbehalt der Nachprüfung für Wirtschaftgüter im Wert von 333.156 DM. Im Übrigen lehnte er eine Förderung mit unterschiedlichen Begründungen ab. Nachdem er jedoch erfahren hatte, dass der neue Gesellschafter … mit Wohnsitz in den alten Bundesländern gemeldet war und dort auch zur Einkommensteuer veranlagt wird, forderte er die gesamte Investitionszulage mit Bescheid vom 20. März 1997 unter Hinweis auf § 164 Abs. 2 und 173 Abs. 2 AO zurück. Auf den fristgerechten Einspruch der Klägerin hin gewährte er dann jedoch mit Einspruchsbescheid vom 11. Juli 2000 eine 20 %ige Investitionszulage für einzelne Wirtschaftsgüter im Wert von 82.422 DM, die bereits vor Eintritt des Gesellschafters … angeschafft wurden und überwiegend dem in die Handwerksrolle eingetragenen Gewerbe dienen. Im Übrigen wies er den Einspruch als unbegründet zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 14. August 2000 Klage erhoben.
Die Klägerin meint, ihr stehe sowohl für die bereits begünstigten Wirtschaftsgüter im Wert von insgesamt 76.612 DM als auch für die übrigen Wirtschaftsgüter im Wert von insgesamt 244.811 DM noch eine 10 %ige Investitionszulage zu, weil auch die bisher nicht begünstigten Wirtschaftsgüter zu mehr als 90 % in dem in die Handwerksrolle eingetragenen Gewerbe verwandt würden und daher unabhängig von der Einordnung des Gesamtbetriebes begünstigt seien.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid über die Aufhebung eines Investitionszulagebescheides 1993 vom 20. März 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. Juli 2000 aufzuheben und die Investitionszulage 1993 von 16.485 DM auf 48.828 DM heraufzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte meint, der Änderungsbescheid lasse sich zum einen trotz der durch eine Außenprüfung normalerweise bewirkten Änderungssperre auf die Änderungsvorschrift des § 173 AO stützen, weil durch den Verweis in § 7 InvZulG bei einem Subventionsbetrug nämlich nicht nur (wie der BFH in seinem Urt. v. 28. August 1997, III R 3/94, BStBl. II 1997, 827 bereits entschieden habe) die Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO verlängert sondern auch die Änderungssperre nach § 173 Abs. 2 AO durchbrochen werde.
Zum anderen greife die Änderungsvorschrift des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 c AO, da der Investitionszulagebescheid durch unlautere Mittel bewirkt worden sei. Ein solches liege (nach BFH, Urt. v. 5. Februar 1975, I R 85/72, BStBl. II 1975, 677) nämlich bereits dann vor, wenn der Steuerpflichtige Angaben macht, deren Unrichtigkeit er kennt.
Den Subventionsbetrug sieht der Beklagte darin, dass der Geschäftsführer der Klägerin, Herr …, mit seiner Angabe auf dem Investitionszulageantrag, Herr … habe seinen Hauptwohnsitz am 9. November 1989 in den neuen Bu...