Entscheidungsstichwort (Thema)
Fristverlängerung als Aussetzung einer Abgabenfestsetzung. Ablaufhemmung
Leitsatz (redaktionell)
Bei einem Schreiben des Hauptzollamts, mit dem die Frist für die Vorlage eines Ausfuhrnachweises auf einen ungewissen Zeitpunkt (hier: endgültige rechtsgültige Gerichtsentscheidung) verlängert wird, kann es sich um die Aussetzung einer Abgabenfestsetzung i. S. v. § 165 Abs. 1 S. 4 AO handeln mit der Folge, dass die Festsetzungsfrist für die fraglichen Ausfuhrabgaben gem. § 171 Abs. 8 AO nicht vor Ablauf eines Jahres, nachdem die Ungewissheit beseitigt und die Behörde hiervon Kenntnis erlangt hat, abläuft.
Normenkette
EWGV 3892/88 Art. 2 Abs. 1, Art. 3; AO § 165 Abs. 1 S. 4, § 171 Abs. 8; MOG § 12
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit des Abgabenbescheides vom …, mit dem der Beklagte eine Marktordnungsabgabe in Höhe von … EUR festgesetzt hat.
Die Z mit Sitz in Y (Rechtsvorgängerin der Klägerin; im Folgenden: GmbH) produzierte im Zuckerwirtschaftsjahr 2000/2001 über die nach der Zuckermarktordnung der Europäischen Gemeinschaft vorgesehene Höchstquote, sog. „C-Zucker”. Eine Partie dieses Zuckers mit einem Gewicht von … dt (Marktordnungs-Warenlistennummer 1701 9910) veräußerte die GmbH nach Mali. Der Zucker war in insgesamt 9.890 Polypropylensäcke verpackt, diese wiederum in 23 Container verladen und wurden von der GmbH am 6. September 2001 mit der Bahn zwecks Verschiffung nach Dakar/Senegal von T. in den Hamburger Hafen versandt. Die GmbH meldete dies beim Hauptzollamt L. –Zollamt T.– unter Vorlage des Kontrollexemplars T 5 zur Ausfuhr nach Mali an. Zwar hatte das Zollamt T. in der Eisenbahnübernahmebestätigung bestätigt, dass in den Beförderungspapieren die Vermerke T 1 und T 5 angebracht waren. Aufgrund eines Abfertigungsfehlers einer neu eingesetzten und unerfahrenen Abfertigungsbeamtin war das Kontrollexemplar T 5 tatsächlich im Zollamt T. verbleiben. Der Zug erreichte in der Folgezeit den Hamburger Hafen ohne dass das Kontrollexemplar T 5 –entgegen den Beförderungspapieren– die Ware begleitet hätte. Nach Angaben der Klägerin ist der Zucker am 15. September 2001 im Hamburger Hafen auf das Containerschiff „MSC Pride” verladen worden. Das Containerschiff verließ den Hamburger Hafen am 16. September 2001, ohne dass der Zucker nach der Verladung in T. zuvor noch einmal im Hamburger Hafen gestellt worden war.
Bei einer weiteren Abfertigung der GmbH im Zollamt T. am 17. September 2001 wurde der GmbH das für die Abfertigung am 6. September 2001 erstellte Kontrollexemplar T 5 mit der Bitte ausgehändigt, dieses nachträglich zum Zollamt Hamburg-Waltersdorf zu senden.
Das Hauptzollamt Hamburg-Hafen lehnte die Erteilung einer Ausfuhrbestätigung für die im Kontrollexemplar T 5 bezeichnete, am 6. September 2001 versandte Partie C-Zucker mit Bescheid vom 7. November 2001 mit der Begründung ab, die streitgegenständliche Warenlieferung sei bei Einfahrt in die Freizone des Hamburger Hafens nicht gestellt worden.
Die hiergegen erhobene Klage vor dem Finanzgericht Hamburg (Urteil vom 24. Februar 2006 IV 357/02) hatte keinen Erfolg. Das FG führte zur Begründung im Wesentlichen aus, der GmbH sei wegen des Fehlens des Kontrollexemplares grob fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen. Das Versäumnis der Abfertigungsbeamtin hätte der GmbH bzw. der von ihr mit dem Transport des Zuckers beauftragten DB Cargo bei der Verladung der Ware auf die Bahn auffallen müssen. Ein Ausfuhrnachweis könne daher nachträglich nicht erteilt werden. Die hiergegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde wies der Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 12. Oktober 2006 (VII B 85/06) als unbegründet zurück.
Der Beklagte (das Hauptzollamt –HZA–) hatte der GmbH wiederholt eine Fristverlängerung zur Vorlage des oben erwähnten Ausfuhrnachweises gewährt, zuletzt bis zum 31. Dezember 2003. Mit Schreiben vom 22. Januar 2004 beantragte die Klägerin im Namen der GmbH eine Fristverlängerung zur Vorlage des oben erwähnten Ausfuhrnachweises bis zur endgültigen rechtsgültigen Entscheidung des FG Hamburg. Diesem Antrag entsprach das HZA mit Schreiben vom 23. Januar 2004, bat jedoch die Klägerin um Unterrichtung, falls die Entscheidung nicht bis zum 31. Dezember 2004 vorliegen sollte. Ende April erkundigte sich das HZA beim HZA Hamburg-Hafen nach dem Verfahrensstand und bekam von diesem eine Kopie des Urteils des FG Hamburg übersandt mit dem Hinweis, dass dieses wegen einer Nichtzulassungsbeschwerde (NZB) noch nicht rechtskräftig sei. Nachdem das HZA am 12. März 2007 vom HZA Hamburg-Hafen über den Ausgang des NZB-Verfahrens informiert worden war, erließ es am 15. März 2007 gegenüber der Klägerin den vorliegend angefochtenen Bescheid über die Marktordnungsabgabe für Zucker in Höhe von… EUR.
Zur Begründung der hiergegen na...