Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschlussfrist zur Einreichung der Originalprozessvollmacht. keine Wiedereinsetzung bei Erkrankung und Operation der Schwiegermutter in den Tagen vor dem Ablauf der Ausschlussfrist. Umsatzsteuer 1997 und Umsatzsteuer IV. Kalendervierteljahr 1998
Leitsatz (redaktionell)
1. Wurde eine Prozessvollmacht im Jahr 2000, also vor In-Kraft-Treten des 2. FGOÄndG und vor der Neufassung von § 62 Abs. 3 FGO, nicht innerhalb der vom Berichterstatter gesetzten Ausschlussfrist dem Gericht im Original vorgelegt, so war die Klage als unzulässig abzuweisen.
2. Arzttermine der Schwiegermutter und ein einen Tag vor Ablauf der Ausschlussfrist angesetzter Operationstermin der Schwiegermutter des Bevollmächtigten können eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht rechtfertigen.
Normenkette
FGO § 62 Abs. 3 S. 6, Abs. 3, § 56; ZPO § 85
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Der Senat hat mit Gerichtsbescheid vom 12. Mai 2004, zugestellt am 29. Mai 2004, die Klage abgewiesen. Von einer erneuten Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 90 a Finanzgerichtsordnung – FGO – abgesehen, da der Senat den Feststellungen im Gerichtsbescheid folgt.
Die Klägerin hat am 25. Juni 2004 mündliche Verhandlung beantragt, da zum einen das Klagebegehren bereits mit Klageerhebung hinreichend bezeichnet worden sei und zum anderen der Senat unzutreffend eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Einreichung der Originalvollmacht nach Ablauf der Ausschlussfrist nicht gewährt habe. Der Bundesfinanzhof habe mit Beschluss vom 20. Februar 2001 (III R 35/00, BFH/NV 2001, 813) eine Ausdehnung der Geltung des § 62 Abs. 3 FGO n.F. auf Fälle bejaht, die um die Jahreswende 2000/2001 zur Entscheidung anstanden, so dass es unerheblich sei, dass die Originalvollmacht nicht innerhalb der Ausschlussfrist eingereicht worden sei. Darüber hinaus sei zumindest Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da der Rechtsprechung des Bayrischen Oberlandesgerichts vom 05. Juli 2001 (NJW-RR 2001, 1648) die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vorlägen, wenn dem Rechtsanwalt eines Beteiligten bei der Fertigung der Beschwerdeschrift gegen 21 Uhr des letzten Tages der Beschwerdefrist von seiner Ehefrau telefonisch mitgeteilt werde, bei ihr hätten die Wehen eingesetzt, und der Rechtsanwalt daraufhin die Einlegung des Rechtsmittels innerhalb der Frist versäumt habe. Diese Situation sei vergleichbar mit der vorliegenden, da der Prozessbevollmächtigte aufgrund der Krankheit und Operation seiner Schwiegermutter ebenfalls an der fristgerechten Einreichung der Originalvollmacht gehindert gewesen sei.
Die Klägerin beantragt,
den Einspruchsbescheid vom 29. Mai 2000 aufzuheben und die beantragte Aufteilung der Vorsteuern nach der Methode der Ertragswertaufteilung als sachgerecht anzuerkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte nimmt Bezug auf die Ausführungen des Senats im Gerichtsbescheid vom 12. Mai 2004.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unzulässig. Der Senat konnte bei seiner Entscheidung dahinstehen lassen, ob das Klagebegehren bereits mit der Klageschrift vom 29. Juni 2000 hinreichend bezeichnet wurde – dafür spricht, dass die Einspruchsentscheidung mit Aktenzeichen und Datum genannt und eine Aufteilung der Vorsteuer nach der Methode der Ertragswertaufteilung begehrt wird –, denn die Originalvollmacht ist nicht innerhalb der Ausschlussfrist eingereicht worden. Sie ist erst am 07. November 2000 eingegangen. Die Klägerin hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass ihr Bevollmächtigter die Ausschlussfrist schuldlos versäumt hat. Dessen Verschulden ist der Klägerin zuzurechnen, § 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO –.
Der Prozessbevollmächtigte hat nicht innerhalb der vom Berichterstatter gesetzten Ausschlussfrist bis zum 31. Oktober 2000 die Originalvollmacht vorgelegt. Die Verfügung ist am 11. September 2000 ergangen, somit vor Neuregelung des § 62 Abs. 3 durch das 2. FGO – Änderungsgesetz vom 19. Dezember 2000. Damit ist der Mangel der Vollmachtsvorlage zum Zeitpunkt der Verfügung des Berichterstatters am 11. September 2000 von Amts wegen zu berücksichtigen gewesen. Es genügt nicht, dass der Bevollmächtigte im Besitz der Vollmacht ist, sie aber nicht zu den Gerichtsakten reicht. Da die Fristsetzung ausschließende Wirkung hat, kannte die nach Ablauf der Frist eingereichte Originalvollmacht den prozessualen Mangel nicht mehr heilen. Da die Verfügung bereits im September 2000 – somit deutlich vor Jahresende und Änderung der Gesetzeslage – ergangen ist, kann die Rechtsprechung des BFH vom 20. Februar 2001 nicht auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen werden.
Da die Frist als richterliche Frist nach § 54 Abs. 2 i.V.m. § 224 Abs. 2 ZPO bis zu ihrem Ablauf verlängerbar ist, wenn „erhebliche Gründe” glaubhaft gemacht werden, hätte...