Entscheidungsstichwort (Thema)

Besetzung bei Wiedereröffnung einer mündlichen Verhandlung. Wiedereröffnungsentscheidung als Ermessensentscheidung. Begründetheit des Antrags auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Wirksamkeit der Bekanntgabe einer Einspruchsentscheidung an nach Umwandlung vollbeendete Personengesellschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Entscheidung über die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist vom Senat in derjenigen Besetzung zu treffen, in der er bereits mündlich verhandelt hat. Dies gilt, obschon nach § 5 Abs. 3 S. 2 FGO die ehrenamtlichen Richter an Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung nicht mitwirken.

2. Über die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung entscheidet der Senat nach eigenem Ermessen; es handelt sich nicht um eine gebundene Entscheidung.

3. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist nicht geboten, wenn der nachträgliche Vortrag bereits vor der mündlichen Verhandlung schriftsätzlich thematisiert wurde, die geschlossene mündliche Verhandlung zu einer ausreichenden Aufklärung des zu beurteilenden Sachverhalts geführt hat und dem Anspruch der Beteiligten auf rechtliches Gehör Genüge getan ist.

4. Ist die Einspruchsentscheidung zu Unrecht an die bereits vollbeendete Personenhandelsgesellschaft und nicht an die Gesellschafter adressiert worden, obwohl die Personenhandelsgesellschaft, was dem FA nicht bekannt war, schon zum Zeitpunkt des Erlasses der Einspruchsentscheidung in eine GmbH umgewandelt worden war, so führt die fehlerhafte Adressierung der Einspruchsentscheidung nicht zu deren Unwirksamkeit, wenn sie sich trotz Adressierung an die Gesellschaft an deren Gesellschafter richtete und dem Bevollmächtigten gem. § 183 Abs. 2 und 3 AO bekannt gegeben worden ist.

 

Normenkette

FGO § 48 Abs. 1 Nrn. 3, 1, Abs. 2, § 93 Abs. 2 S. 3, § 5 Abs. 3 S. 2; AO § 183 Abs. 1-3, § 365 Abs. 1

 

Tenor

Der Bescheid für 2001 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 30. Juli 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. September 2011 (berichtigt durch Bescheid vom 23. Januar 2014) wird wie folgt geändert:

Die Einkünfte der A & B. OHG aus Gewerbebetrieb werden für 2001 mit 229.467,00 DM festgestellt, die den laufenden Einkünften des A mit 112.897,50 DM und den laufenden Einkünften des B mit 116.569,50 DM zugerechnet werden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten u.a. über die Bildung von Ansparrücklagen im Sonderbetriebsvermögen einer ehemaligen OHG sowie Rückstellungen für Sozialversicherungsbeiträge und Kosten einer Außenprüfung.

Die Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für Einkommenbesteuerung für 2001 ist von A und B unterzeichnet. Als Empfangsbevollmächtigter ist StB WP X angegeben.

Am 03. April 2003 erließ der Beklagte einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte der „A & B. A und B GmbH als Gesamtrechtsnachfolger der A & B. OHG” für 2001. Er versagte den Ansparabschreibungen die Anerkennung, soweit sie 300.000,– DM überschritten, stellte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit 278.783,– DM fest und verteilte die festgestellten Einkünfte auf die Gesellschafter A und B. Den Bescheid übersandte er an StB WP X.

Der hiergegen von StB WP X im Namen der A & B. OHG erhobene Einspruch ging beim Beklagten am 11. April 2003 ein.

Am …. Oktober 2003 wurde für die seinerzeitige A & B. A & B GmbH ins Handelsregister eingetragen: „Die A & B. OHG mit Sitz inZD (Amtsgericht Z, HRA …) ist im Wege der Aufnahme ohne Abwicklung durch Übertragung ihres Vermögens als Ganzes mit der Gesellschaft gem. §§ 2 Nr. 1, 46 ff. UmwG aufgrund des Vertrages vom …2003 und der Beschlüsse der Gesellschafterversammlungen vom …2003 verschmolzen.”

Am 06. August 2004 stellte der Beklagte den Gewinn aus Gewerbebetrieb für 2001 gegenüber der A & B. OHG auf noch 233.281,– DM einheitlich und gesondert fest und wies den Einspruch ihr gegenüber im Übrigen als unbegründet zurück. Die Einspruchsentscheidung gab er X bekannt. Er verwies in ihr auf eine Anlage, in der er die Einkünfte den Klägern anteilig zuordnete und handelte insbesondere von beiden Klägern im jeweiligen Sonderbetriebsvermögen gebildete Ansparrücklagen ab.

Die hiergegen gerichtete Klage wurde im Namen der A & B. OHG erhoben. Sie wurde unter dem Aktenzeichen 3 K 1729/04 geführt.

Unter dem 30. Juli 2007 erließ der Beklagte einen geänderten Feststellungsbescheid „für” die A & B. OHG für 2001, mit dem er die Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf 229.467,– DM feststellte, die er den laufenden Einkünften des A mit 112.897,50 DM und den laufenden Einkünften des B mit 116.569,50 DM zurechnete. Den Bescheid übersandte er X.

Der hiergegen gerichtete, seinem Wortlaut nach im Namen der A & B. OHG erhobene Einspruch ging beim Beklagten am 09. August 2007 ein. Zur Begründung wurde vorgetragen, die Bekanntgabe nach § 183 Abs. 1 AO wirke „soweit und solange weiterhin an...

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