rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Kindergeldanspruch, wenn ein bis 21 Jahre altes Kind sich nach einem Umzug nicht erneut bei der Agentur für Arbeit am neuen Wohnort meldet
Leitsatz (redaktionell)
1. Um den Kindergeldanspruch für ein als arbeitssuchend gemeldetes Kind gem. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStG nach einem Umzug zu erhalten, hat sich das Kind zwingend bei der am neuen Wohnort zuständigen Agentur für Arbeit erneut arbeitsuchend zu melden. Die dreimonatige Fortwirkung der alten Meldung bei der Arbeitsagentur besteht im Falle eines Umzugs nicht.
2. Der im Programm „VerBIS” der Bundesagentur für Arbeit befindliche Lebenslauf ist nicht geeignet, um eine Meldung als Arbeitssuchend bzw. das Gegenteil zu beweisen.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 1, § 70 Abs. 2; AO § 37 Abs. 2
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um Kindergeld für den Zeitraum Juli 2009 bis April 2010 für die Tochter F. der Klägerin, geboren … 1991.
Mit Bescheid vom 02. Februar 2009 hatte die Beklagte für die Tochter ab Februar 2009 Kindergeld festgesetzt. Ausweislich der Kassenanordnung vom 02. Februar 2009 war die Zahlung intern bis zum Januar 2012 (Vollendung des 21. Lebensjahres) befristet worden. Wegen fehlender Angaben in einer Kontoänderungsmitteilung wurde die Zahlung mit Kassenanordnung vom 06. März 2009 zunächst eingestellt.
Am 14. April 2009 ging bei der Beklagten ein Antrag auf Kindergeld ein. Ausweislich der Angaben der Klägerin in der „Mitteilung über ein Kind ohne Ausbildungs- oder Arbeitsplatz” suchte das Kind einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz und war bei der Agentur für Arbeit in B. gemeldet. Mit Kassenanordnung vom 14. April 2009 wurde die Kindergeldzahlung zum April 2009 wieder aufgenommen.
Ausweislich der im „Internes Vermittlungs- und Beratungs- und Informationssystem” VerBIS der Beklagten gespeicherten Daten wurde die Tochter zum 14. Juni 2009 aus der Arbeitsvermittlung abgemeldet; bis zum 13. Juni 2009 ist „Arbeitslosigkeit” vermerkt. Die Abmeldung aus der Berufsberatung war bereits am 22. September 2008 erfolgt.
Mit Schreiben vom 12. April 2010 gab die Beklagte der Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme für den Bezug von Kindergeld für den Zeitraum Juli 2009 bis April 2010 und wies darauf hin, dass eine Meldung als arbeitsuchendes Kind bei der zuständigen Stelle nach Aktenlage nicht vorliege und drohte die Rückforderung überzahlten Kindergeldes in Höhe von 1.720 EUR an. Mit Kassenanordnung vom 12. April 2010 wurden die Zahlungen ab Mai 2010 eingestellt.
Die Klägerin teilte daraufhin mit Schreiben vom 30. April 2010 einen Umzug ihrer Tochter mit und dass ihr nicht bekannt gewesen seien, dass an ihre Tochter weiterhin Kindergeld gezahlt werde. Sie habe beim Arbeitsamt A. eine Bestätigung angefordert.
Auf erneute Anfrage der Beklagten teilte die Tochter mit Schreiben vom 27. Mai 2010 mit, dass sie kein Geld von der Agentur für Arbeit beziehe und übersandte eine Bestätigung der Agentur für Arbeit A., wonach sie vom 23. Januar 2009 bis 13. Juni 2009 als Arbeitssuchende gemeldet war. Die Tochter gab des Weiteren an, seit dem 27. Mai 2010 wieder bei der Agentur für Arbeit registriert zu sein und dass sie vom 14. Juni 2009 bis zum 27. Mai 2010 sich selber um einen Ausbildungsplatz bzw. um eine Arbeitsstelle bemüht habe. Seit dem 1. Mai 2010 arbeite sie auf 400 EUR-Basis bei einer Tankstelle.
Auf Aufforderung der Beklagten zur Vorlage von Nachweisen über eigene Bemühungen um einen Ausbildungsplatz ab Juli 2009 übersandte die Tochter zwei nicht datierte Bewerbungen um eine Aushilfsstelle, eine nicht datierte Bewerbung um einen Ausbildungsplatz als Bürokauffrau sowie eine Absage des Netto Marken-Discount vom 25. November 2009. Die Tochter gab des Weiteren an, dass persönliche Bewerbungen bei NP in R. und REWE in W. sowie telefonische Bewerbungen erfolgt, jedoch nur Absagen erteilt worden seien.
Mit Bescheid vom 20. Juli 2010 hob die Beklagte nach § 70 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) die Kindergeldfestsetzung mangels fehlender Meldung bei der Arbeitsvermittlung und fehlender eigener Ausbildungsbemühungen ab Juli 2009 auf und forderte nach § 37 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) überzahltes Kindergeld in Höhe von 1.720 EUR für den Zeitraum Juli 2009 bis April 2010 zurück.
Hiergegen richtete sich der Einspruch vom 29. Juli 2010. Die Klägerin führte aus, dass sich die Tochter ordnungsgemäß im Juli 2009 bei der Agentur in A. und bei der Familienkasse in H. gemeldet habe und ihr dort bestätigt worden sei, dass alles ordnungsgemäß weiterlaufe. Sie selbst habe sich im Juli telefonisch bei der Familienkasse erkundigt, was zu tun sei, und die Informationen an ihre Tochter weitergeleitet. Da kein weiteres Schreiben von der Familienkasse gekommen sei, sei sie davon ausgegangen, dass alles ordnungsgemäß verlaufe. Die Tochter habe sich unabhängig vom Amt selbstständig bemüht, eine Stelle zu bekommen.
Mit Einspruchsentscheidung vom 01. September 2010 wies di...