rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Belegnachweis. missing trader. Umsatzsteuersonderprüfung. Rechnung. Kaufvertrag. Abholer
Leitsatz (redaktionell)
1. Belege, die von einer Umsatzsteuersonderprüfung für ordnungsgemäß befunden worden sind, können – ohne daran durch § 173 Abs. 2 AO gehindert zu sein – von einer späteren Umsatzsteuersonderprüfung beanstandet werden, wenn nicht aufgrund der ersten Prüfung der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben worden ist.
2. An die Belegnachweise nach § 8 Abs. 1 Satz 2 UStDV und nach § 17a Abs. 1 Satz 2 UStDV sind hohe Anforderungen zu stellen. Die für die Steuerfreiheit maßgeblichen Umstände müssen sich unmittelbar und ohne Weiteres aus den Belegen ergeben. Es muss aus ihnen hervorgehen, wer in wessen Verantwortung das Wirtschaftsgut ins Ausland verbringt. Es muss sich um eine eigenständige Erklärung der fraglichen Person handeln, nicht um einen formelhaften Zusatz auf der Rechnung oder im Kaufvertrag.
3. Der Belegnachweis kann bis zur Rechtskraft des Umsatzsteuerbescheides geführt werden.
Normenkette
AO § 173 Abs. 2; UStG § 6 Abs. 1, § 6a Abs. 1; UStDV §§ 8, 17a
Tenor
1. Die Vollziehung der angefochtenen Umsatzsteuerbescheide wird hinsichtlich der Streitpunkte unter Tz. 2.2.4. und 2.2.6. des Prüfungsberichtes vom 13. Juni 2005 (s. unter II 2 b der Gründe) bis einen Monat nach Ergehen der Einspruchsentscheidung ohne Sicherheitsleistung ausgesetzt bzw. aufgehoben. Im Übrigen wird der Antrag als unbegründet zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsteller zu 85/100 und dem Antragsgegner zu 15/100 auferlegt.
3. Die Beschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller betreibt einen Handel mit gebrauchten Kraftfahrzeugen als Einzelunternehmen. Die Fahrzeuge werden in größerem Umfang auch an ausländische Abnehmer veräußert. In den Jahren 2001 und 2002 haben beim Antragsteller Umsatzsteuer-Sonderprüfungen für das 4. Quartal 2001 und für das 1. und 2. Quartal 2002 stattgefunden, die zu keinen Beanstandungen führten. Der Bericht zu der letztgenannten Prüfung vom 9. Dezember 2002 enthält unter Tz. 1.4. die Feststellung „Soweit Lieferungen in das Außengebiet/Gemeinschaftsgebiet steuerfrei belassen wurden, sind die entsprechenden Nachweise erbracht” (BpA).
Von Mitte Dezember 2004 bis Mitte Juni 2005 wurde beim Antragsteller eine weitere Umsatzsteuer-Sonderprüfung, und zwar für 2001, 2002 und die Voranmeldungszeiträume 1. bis 4. Quartal 2003 durchgeführt. Der Prüfer beanstandete hierbei vor allem das Fehlen von Ausfuhrnachweisen nach § 8 ff. UStDV und von Belegnachweisen gemäß § 17 a UStDV sowie die Lieferung an sogenannte „missing-trader” in Spanien und Italien (Tz. 2.2 des Prüfungsberichtes vom 13. Juni 2005, Bl. 12 ff. BpA).
Der Antragsgegner hat unter Zugrundelegung des Prüfungsberichtes am 9. August 2005 geänderte Umsatzsteuerbescheide für 2001 bis 2003 erlassen. Aufgrund der Einwendungen gegen die Prüfungsfeststellungen hat er bezüglich der Tz. 2.2.2 des Prüfungsberichts die Steuerfestsetzung für 2003 am 27. September 2005 geändert (Bl. 56 ff. UStA). Am 24. Oktober 2005 erließ er im Hinblick auf die zwischenzeitlich eingegangene Jahreserklärung erneut einen geänderten Bescheid für 2003 (Bl. 58 ff. UStA). Alle vorgenannten Bescheide stehen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Am 2. September 2005 hat der Antragsteller Einsprüche gegen die o.g. Bescheide vom 9. August 2005 eingelegt (Bl. 1-7 RbhA). Gleichzeitig beantragte er die Aussetzung der Vollziehung, die der Antragsgegner am 13. September 2005 abgelehnt hat (Bl. 11-14 RbhA). Über die Einsprüche ist noch nicht entschieden.
Am 10. Oktober 2005 stellte der Antragsteller beim Finanzgericht sinngemäß den Antrag (Bl. 1),
die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheides
- 2001 vom 9. August 2005 i.H.v. 9.379,55 EUR,
- * 2002 vom 9. August 2005 i.H.v. 32.545,51 EUR
- * 2003 vom 24. Oktober 2005 i.H.v. 30.582,20 EUR
bis einem Monat nach Ergehen der Einspruchsentscheidung auszusetzen bzw. – soweit bereits Zahlung durch Verrechnung erfolgt ist – aufzuheben.
Unter Bezugnahme auf seine Einwendungen vom 27. Juli 2005 gegen den Prüfungsbericht (Bl. 4 ff.) trägt er vor, der Prüfer habe überzogene Anforderungen an den Nachweis steuerfreier Ausfuhrlieferungen gestellt. Die Sachverhalte seien bei Anwendung der §§ 17a und 17c UStDV nur zuungunsten des Antragstellers ausgelegt worden. Die Urteile des FG Bremen vom 1. Dezember 2004 2 V 64/04, EFG 2005, 646 und des BFH vom 15. Juli 2004 V R 1/04, BFH/NV 2005, 81 seien nicht einschlägig (Bl. 1 f.). In den Vorjahren hätten bereits Umsatzsteuersonderprüfungen stattgefunden, die die Korrektheit und Vollständigkeit der Belege und Nachweise bestätigt hätten. Durch die Prüfungen in den Jahren 2001 und 2002 sei das Recht auf nochmalige Prüfung der bereits geprüften Sachverhalte verwirkt worden (BFH v. 2. Oktober 2003 IV R 36/01, BFH/NV 2004, 307, Bl. 6). Im Einzelnen sei zum Prüfungsbericht anzumerken:
Tz. 2.2.1. – Fehlender Ausfuhrnachweis (Bl. 4)
Für die Lieferung an die Firma A liege ein ausreiche...