Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirtschaftliche Identität und Verlustverrechnung. Aussetzung der Vollziehung betr. Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbescheiden 2001 und 2002
Leitsatz (redaktionell)
Die Vorschrift des § 8 Abs. 4 Satz 1 KStG vergleicht die verlustverrechnende Körperschaft mit der verlusterzielenden Körperschaft. Dadurch, dass das Gesetz zur vergleichenden Betrachtung auf die Körperschaft zum Zeitpunkt der Verlusterzielung abstellt, folgt zwingend, dass in diesen Vergleich nur Ereignisse eingehen dürfen, die während oder nach der Verlusterzielung, nicht aber vor derselben eingetreten sind. Soweit § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG für den Verlust der wirtschaftlichen Identität an mehrere Ereignisse anknüpft (Übertragung von Gesellschaftsanteilen, Zuführung neuen Betriebsvermögens, Betriebsfortführung oder -aufnahme mit dem neuen Betriebsvermögen) müssen diese in dem Zeitraum erfüllt sein, in dem die zur Verrechnung gestellten Verluste entstanden sind
Normenkette
KStG § 8 Abs. 4
Nachgehend
Tenor
Die (Mess-)Bescheide zur Körperschaft- und Gewerbesteuer 2001 in Form der Einspruchsentscheidung vom 18. Februar 2004 werden in voller Höhe und die (Mess-) Bescheide zur Körperschaft- und Gewerbesteuer 2002 insoweit von der Vollziehung ausgesetzt, als die Körperschaftsteuer höher als 105 Euro und der Gewerbesteuermessbetrag höher als 370 Euro festgesetzt ist.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.
Die Beschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Der Rechtsstreit betrifft die Frage der Verlustverrechnung in den Streitjahren 2001 und 2002.
Mit notariellem Vertrag vom 14. August 1998 (Dok, Bl. 17 ff.) veräußerte Herr F, der alleinige Gesellschafter der FB-GmbH Heizungs- und Ölfeuerungsbau die ihm gehörenden Anteile der FB-GmbH zum Kaufpreis von 130.000 DM an die BBM-GmbH. Gesellschafter der BBM-GmbH sind die Herren X, Y und Z.
Die FB-GmbH erzielte in den Jahren ab 1995 folgende Betriebsergebnisse (Jahresüberschüsse/-verluste):
1995: |
|
11.474 DM |
1996: |
./. |
1.177 DM |
1997: |
./. |
1.519 DM |
1998: |
./. |
243.638 DM |
1999: |
./. |
163.086 DM |
2000: |
./. |
78.633 DM |
2001: |
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65.666 DM |
2002: |
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202.861 DM |
Am 21. Dezember 2001 beschloss die FB-GmbH eine Erhöhung des Stammkapitals auf 150.000 Euro (Dok, Bl. 33 ff.). Alsdann schlossen die FB-GmbH und die A-GmbH, deren Stammkapital von 200.000 DM die BBM-GmbH hielt, einen Verschmelzungsvertrag. Die Firma wurde in „A-GmbH”, die jetzige Antragstellerin, geändert. Zeitgleich wurde das Stammkapital der Antragstellerin auf 50.000 Euro erhöht.
Bei der Veranlagung zur Körperschaft- und Gewerbesteuer 2001 und 2002 wich der Antragsgegner von den Erklärungsangaben insoweit ab, als er die Verrechnung der Jahresüberschüsse mit Verlustvorträgen nicht anerkannte. Gegen die dementsprechenden Bescheide vom 6. November 2003 legte die Antragstellerin am 9. Dezember 2003 Einsprüche ein (Rbh, Bl. 2). Einen am selben Tag gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (Rbh, Bl. 2) beschied der Antragsgegner am 5. Januar 2004 abschlägig (Rbh, Bl. 4). Mit Entscheidung vom 18. Februar 2004 wies der Antragsgegner die Einsprüche der Antragstellerin als unbegründet zurück (Rbh, Bl. 11).
Mit Schreiben vom 19. März 2004 erhob die Antragstellerin Klagen, die unter den Gz. 1 K 84/04 und 1 K 85/04 erfasst sind. Gleichzeitig beantragte die Antragstellerin sinngemäß (Bl. 1, 16),
die (Mess-)Bescheide zur Körperschaft- und Gewerbesteuer 2001 in Form der Einspruchsentscheidung vom 18. Februar 2004 in voller Höhe und die (Mess-)Bescheide zur Körperschaft- und Gewerbesteuer 2002 insoweit von der Vollziehung auszusetzen, als die Körperschaftsteuer höher als 105 Euro und der Gewerbesteuermessbetrag höher als 370 Euro festgesetzt ist.
Die Antragstellerin macht geltend, der Antragsgegner habe die Verlustverrechnung zu Unrecht nicht zugelassen. § 8 Abs. 4 KStG und § 10 a GewStG dienten der Verhinderung des Handels mit steuerlichen Verlusten. Ein solcher läge im Streitfall nicht vor. Der zur Anwendung der genannten Vorschriften erforderliche Verlust der wirtschaftlichen Identität läge nicht vor. Die Verluste seien erst zu einem Zeitpunkt entstanden, zu dem die jetzige Gesellschafterin bereits an der Antragstellerin beteiligt gewesen sei.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung als unbegründet zurückzuweisen.
Nach seiner Auffassung reicht es für die Anwendung der Verlustbegrenzungsbestimmungen der §§ 8 Abs. 4 KStG, § 10 a GewStG und den darin als entscheidend angesehenen Verlust der wirtschaftlichen Identität aus, dass nach Übertragung von mehr als der Hälfte der Anteile an einer Gesellschaft diese ihren Geschäftsbetrieb mit überwiegend neuem Betriebsvermögen fortführt.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist nach § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO zulässig und auch begründet.
1. Die Aussetzung der Vollziehung soll erfolg...