Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld. Berücksichtigung pauschaler Kontoführungsgebühren bzw.eines pauschalen Betrages für Reinigungkosten
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei der Berechnung des Grenzbetrages ist auch ohne gesonderten Nachweis ein Betrag von 16 Euro jährlich für Kontoführungsgebühren als beruflich bedingte Werbungskosten des Kindes bei dessen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zu berücksichtigen.
2. Es dürfte der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechen, dass es auch im Rahmen eines Ausbildungsverhältnisses in einem Krankenhaus nicht erlaubt ist, normale „Straßenkleidung” zu tragen. Vielmehr erfordert diese Tätigkeit das Tragen spezieller Berufskleidung, selbst wenn Teile derselben (Strümpfe, T-Shirts, Unterwäsche) dem Erfordernis der so gut wie ausschließlichen beruflichen Nutzung nicht entsprechen sollten. Dies gilt indessen z. B. nicht für speziell auf die berufliche Situation zugeschnittene Kleidungsstücke (weiße Hose, Schuhe). Hier dürfte es so gut wie ausgeschlossen sein, dass diese auch im privaten Bereich getragen werden. Insoweit erscheint es ohne weiteres nachvollziehbar, dass für die Reinigung dieser speziellen Berufskleidung ein monatlicher Aufwand von 13 Euro entstanden ist, wie er im Streitfall geltend gemacht wird
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 Nr. 2 S. 2
Tenor
Unter Aufhebung des Bescheides vom 19. November 2008 in Form der Einspruchsentscheidung vom 30. März 2009 wird die Beklagte verpflichtet, der Klägerin Kindergeld für ihre Tochter L für die Zeit von Januar bis September 2007 zu zahlen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Der Gerichtsbescheid ist, soweit er als Urteil wirkt, hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, sofern nicht die Klägerin zuvor Sicherheit leistet.
Tatbestand
Die Klägerin ist die Mutter der am 16. März 1986 geborenen Tochter L (KiG, Bl. 48). Die Klägerin streitet mit der Beklagten um die Berechtigung zum Erhalt von Kindergeld für die Zeit von Januar bis September 2007.
Am 1. Oktober 2008 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Kindergeld für L (KiG, Bl. 48), die im genannten Zeitraum eine Ausbildung zur Krankenpflegerin im Klinikum M. absolvierte. Die Ausbildung endete zum 30. September 2007. Ausweislich der vorgelegten Lohnsteuerbescheinigung (KiG, Bl. 54) betrug der Bruttoarbeitslohn von L in der Zeit bis zum Ausbildungsende 8.294,21 Euro. Die Beklagte errechnete für L anzusetzende Einkünfte von 5.932,25 Euro, die damit über dem (anteiligen) Grenzbetrag von 5.760 Euro lagen (KiG, Bl. 66).
Mit Bescheid vom 19. November 2008 (KiG, Bl. 66) lehnte die Beklagte die Bewilligung des Kindergeldes ab. Hiergegen legte die Klägerin am 12. Dezember 2008 Einspruch ein (KiG, Bl. 68), den die Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 30. März 2009 als unbegründet zurückwies (KiG, Bl. 72).
Am 4. Mai 2009 hat die Klägerin Klage erhoben (Bl. 1).
Die Klägerin beantragt (sinngemäß, Bl. 2),
ihr unter Aufhebung des Bescheides vom 19. November 2008 in Form der Einspruchsentscheidung vom 30. März 2009 Kindergeld für L für die Zeit von Januar bis September 2007 zu gewähren.
Die Klägerin macht geltend (Bl. 28 ff.), der Beklagte verweigere ihr zu Unrecht das Kindergeld für L. Ls Einkünfte lägen unter dem anteiligen Grenzbetrag. L seien weitere Werbungskosten, u.a. für die Reinigung der Arbeitskleidung, entstanden.
Die Beklagte beantragt (Bl. 10),
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, der anteilige Grenzbetrag sei überschritten. Der Einkommensteuerbescheid stelle insoweit keinen (bindenden) Grundlagenbescheid dar. Die Klägerin sei gehalten, jedwede Aufwendung nachzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und auch begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Kindergeld für ihre Tochter L für die Zeit von Januar bis September 2007 zu. Der angefochtene Bescheid ist deshalb rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
1. Rechtsgrundlagen
Unter weiteren – hier nicht streitigen – Voraussetzungen hat der Kindergeldberechtigte Anspruch auf Kindergeld, wenn das Kind Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts und der Berufsausbildung bestimmt und geeignet sind, von nicht mehr als 7.680 Euro im Kalenderjahr hat (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG). Der Grenzbetrag ermäßigt sich nach § 32 Abs. 4 Satz 7 EStG für jeden Monat, in dem die Voraussetzungen für die Bewilligung von Kindergeld nicht vorgelegen haben, um ein Zwölftel.
Die Familienkasse und nachfolgend das Finanzgericht haben die Höhe der Einkünfte des Kindes selbständig und ohne Bindung an den Inhalt eines für das Kind ergangenen Einkommensteuerbescheids zu ermitteln (BFH vom 23. November 2001 VI R 125/00, BStBl II 2002, 296). Kindergeldberechtigte und ihre volljährigen Kinder haben insoweit gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 des Einkommens...