Entscheidungsstichwort (Thema)
Organschaft bei Betrieben gewerblicher Art einer Rundfunkanstalt. Gewerbesteuer 1985
Leitsatz (redaktionell)
Fasst eine Rundfunkgesellschaft ihre Aktivitäten im Bereich Werbung in einer „Werbe-GmbH” zusammen, die ihrerseits 100 % der Anteile an einer Filmproduktions- und -verwertungs-GmbH besitzt, so spricht ein Umsatz von 35 % der Filmproduktions- und -verwertungs-GmbH im Verhältnis zur Werbe-GmbH neben der rundfunkgesetzlich gebotenen Zweckausrichtung von Tochterunternehmen einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt für die wirtschaftliche Eingliederung der Filmproduktions- und -verwertungs-GmbH in die Werbe-GmbH.
Normenkette
GewStG § 2 Abs. 2 S. 2; KStG §§ 14, 17
Nachgehend
Tenor
Der Gewerbesteuermessbescheid 1985 in Form der Einspruchsentscheidung vom 27. November 1998 wird aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, sofern nicht die Klägerin zuvor Sicherheit leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob zwischen der Klägerin und der D GmbH (D) ein Organschaftsverhältnis besteht.
Die Klägerin, die ein Stammkapital von 1 Mio. DM besitzt, produziert und verwertet Fernsehfilme. Auch fertigt sie Produktionen (Serien, Shows, usw.) für das Werberahmenprogramm des Saarländischen Rundfunks (SR). Hierfür existiert zwischen dem SR und der Klägerin ein Rahmenvertrag. Darin ist vornehmlich die Zusammenarbeit bei der Herstellung von Filmwerken sowie bei Produktionen für das Werberahmenprogramm geregelt (u.a. betreffend die Erbringung von Sach- und Dienstleistungen, die Abstellung von Mitarbeitern, die Einräumung von Nutzungs- und Leistungsschutzrechten sowie Verrechnungs- und Finanzierungsangelegenheiten). In den Jahren 1984 bis 1990 bewegten sich die Umsätze aus Produktionen für das Werberahmenprogramm des SR zwischen ca. 2,6 Mio. und ca. 7,2 Mio. DM.
Die D betreibt in der Rechtsform der GmbH die Durchführung der Wirtschaftswerbung und die Vermittlung der Ausstrahlung derselben im Hör- und Fernsehfunk des SR. Der SR ist alleiniger Gesellschafter der D. Diese wiederum ist alleinige Gesellschafterin u.a. der Klägerin.
In den Jahren 1991 bis 1993 fand beim SR und seinen Untergesellschaften, so auch der Klägerin, eine Außenprüfung statt, in deren Rahmen das Bestehen einer Organschaft angezweifelt wurde.
Der Beklagte erließ am 19. Oktober 1995 für das Streitjahr 1985 einen Gewerbesteuermessbescheid, der davon ausging, dass infolge fehlender wirtschaftlicher und organisatorischer Eingliederung der Klägerin eine Organschaft zur D nicht vorliege.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 3. November 1995 Einspruch ein. Diesen Einspruch wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 27. November 1998 als unbegründet zurück (Bl. 10).
Am 23. Dezember 1998 erhob die Klägerin Klage (Bl. 1).
Sie beantragt sinngemäß (Bl. 30),
den Gewerbesteuermessbescheid 1985 vom 19. Oktober 1995 in Form der Einspruchsentscheidung vom 27. November 1998 aufzuheben.
Die Klägerin macht geltend, zwischen ihr und der D bestehe ein Organschaftsverhältnis. Sie produziere im Wesentlichen für den SR unter Einbezug des Kompetenzbereichs der D. Prozentual mache der Anteil dieser „SR-Leistungen” zwischen 61 und 89 % aus. Auch wenn man die Aktivitäten für den Hoheitsbereich des SR ausklammere, also lediglich die Produktion für das Werberahmenprogramm heranziehe, verbleibe ein wesentlicher Anteil der Umsätze, die im Interesse der D ausgeführt worden seien. Zwischen dem SR, der D sowie der Klägerin bestünden personelle Verknüpfungen. Bei zahlreichen Geschäften des täglichen Lebens (Steuer- und Rechtsangelegenheiten, organisatorischen Absprachen u.ä.) komme es zu einer engen Zusammenarbeit. Zwar bestehe kein entsprechender Beherrschungsvertrag. Indessen sei aufgrund der rundfunkrechtlichen Rahmenbedingungen, der 100 %-igen Beteiligung sowie der allgemeinen Einbindung in die Unternehmensstruktur des SR eine organisatorische Eingliederung vorhanden. Dies gelte auch für die wirtschaftliche Eingliederung, nachdem die rundfunkrechtlichen Bestimmungen lediglich die Beteiligung an solchen Unternehmen zuließen, deren Unternehmenszweck mit der Aufgabe oder dem Betrieb der Anstalt in Zusammenhang stehe.
Zudem sei die Organschaft vom Beklagten bis dahin nie in Zweifel gezogen worden. Von daher müsse auch aus Gründen des Vertrauensschutz eine Anerkennung erfolgen.
Der Beklagte beantragt (Bl. 74),
die Klage als unbegründet abzuweisen.
Die Annahme einer Organschaft scheitere für die Klägerin an deren wirtschaftlicher und organisatorischer Eingliederung. Die Klägerin ordne sich von ihrem unternehmerischen Zweck nicht demjenigen der D unter. Sie stelle keine unselbständige Geschäftsabteilung der D dar, was auch daraus zu ersehen sei, d...