rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld. Wirkung einer Bescheinigung der Bundesagentur für Arbeit zum Nachweis des Bemühens um eine Ausbildungsstelle
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Nachweis des Bemühens um eine Ausbildungsstelle kann u. a. durch eine Bescheinigung der Bundesagentur für Arbeit geführt werden.
2. Wird eine solche Bescheinigung ausgestellt, so besitzt sie solange Wirkung, wie sie von der Behörde nicht entsprechend korrigiert worden ist.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2c
Tenor
Der Bescheid vom 30. Mai 2008 in Form der Einspruchsentscheidung vom 23. September 2008 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin Kindergeld für ihren Sohn M für Januar bis Juni 2008 zu bewilligen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, sofern nicht die Klägerin zuvor Sicherheit leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin ist die Mutter des am 20. Februar 1989 geborenen Sohnes M. Sie streitet mit der Beklagten um die Berechtigung zum Erhalt von Kindergeld für den Zeitraum Januar bis Juni 2008.
Die Klägerin stellte am 6. März 2008 bei der Beklagten einen Antrag auf Kindergeld für M (KiG, Bl. 10 ff.). Sie gab an, M sei „ausbildungsplatzsuchend” (KiG, Bl. 10). Dem Antrag war eine „Bescheinigung für ein Kind ohne Ausbildungs- oder Arbeitsplatz” der Agentur für Arbeit Y vom 29. Februar 2008 (KiG, Bl. 13) beigefügt, ausweislich derer sich M am 28. Februar 2008 zur Beratung angemeldet hatte. Die Klägerin übermittelte diese Bescheinigung der Beklagten mit einem vorformulierten Schreiben, in dem auf ein Schreiben der Beklagten vom 13. Februar 2008 Bezug genommen wird (KiG, Bl. 14). Ein Schreiben der Beklagten vom 13. Februar 2008 befindet sich nicht in der Kindergeldakte.
Am 7. April 2008 übermittelte die Klägerin der Beklagten eine „Mitteilung über ein Kind ohne Ausbildungs- oder Arbeitsplatz” (KiG, Bl. 23). Dieses Formular weist den Stempelaufdruck der Agentur für Arbeit Y auf und bescheinigt, dass sich M am 22. November 2007 zur Beratung angemeldet habe. Außerdem wird bescheinigt, dass M einen Ausbildungsplatz suche.
Mit Bescheid vom 30. Mai 2008 (KiG, Bl. 25) lehnte die Beklagte den Kindergeldantrag der Klägerin vom 6. März 2008 mit der Begründung ab, M werde bei der für die Ausbildungsstellenvermittlung zuständigen Stelle „nicht bzw. nicht mehr als ausbildungswilliges Kind geführt” M sei „bei der Ausbildungsstellenvermittlung bisher nicht gemeldet” (KiG, Bl. 25).
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 16. Juni 2008 Einspruch ein (KiG, Bl. 46).
Den Einspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 23. September 2008 als unbegründet zurück (KiG, Bl. 34).
Am 15. Oktober 2009 hat die Klägerin Klage erhoben (Bl. 1).
Die Klägerin beantragt sinngemäß (Bl. 1, 97),
den Bescheid vom 30. Mai 2008 in Form der Einspruchsentscheidung vom 23. September 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr Kindergeld für ihren Sohn M für Februar bis Juni 2008 zu bewilligen.
Die Klägerin macht geltend, das Kindergeld stehe ihr zu, weil ihrem Sohn von der Agentur für Arbeit Y die Meldung als Bewerber für eine Berufsausbildungsstelle im Zeitraum 28. Januar bis 30. Juni 2008 bescheinigt worden sei (Bl. 10).
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die vorgelegte Bescheinigung sei irrtümlich ausgestellt worden. Sie sei inhaltlich unzutreffend (Bl. 30). Der Sohn der Klägerin sei im streitigen Zeitraum lediglich als „Ratsuchender”, nicht aber als Bewerber erfasst gewesen.
Der Senat hat mit Gerichtsbescheid vom 26. August 2009, der Beklagten am 3. September 2009 zugestellt (Bl. 62), dem Klageantrag entsprochen. Die Beklagte hat am 18. September 2009 Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt (Bl. 63).
Die Bundesagentur für Arbeit – Agentur für Arbeit X hat am 28. September 2009 (Bl. 72 f.) die Bescheinigung vom 30. September 2008 gegenüber M zurückgenommen. Hiergegen haben sowohl die Klägerin als auch ihr Sohn Widerspruch eingelegt (Bl. 82 a, 83). Daraufhin hat die Bundesagentur für Arbeit – Agentur für Arbeit X den Bescheid vom 28. September 2009 aufgehoben (Bl. 94). Die Behörde hat dabei erklärt, die Bescheinigung vom 30. September 2008 stelle keinen Verwaltungsakt dar. Die Bescheinigung sei „für die Familienkasse nicht bindend”.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Akten der Beklagten sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet. Der streitige Bescheid war aufzuheben und die Verpflichtung der Beklagten zur Bewilligung von Kindergeld für die Zeit von Januar bis Juni 2008 auszusprechen.
1. Rechtsgrundlagen
Nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG besteht für ein über 18 Jahre altes Kind, das das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, Anspruch auf Kindergeld, ...