rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld. kein Nachweis der Ausbildungswilligkeit des Kindes aufgrund falscher Bescheinigung der Agentur für Arbeit. Anforderungen an den Nachweis der Arbeitsuche und Ausbildungswilligkeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Berücksichtigung als arbeitsuchendes Kind i. S. d. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStG kann nur auf Grund einer Meldung bei der Agentur für Arbeit erfolgen. Eien Arbeitssuche auf Eigeninitiative ist nicht ausreichend, weil es nach der gesetzlichen Regelung auf das eigene Bemühen des Kinders zur Erlangung eines Arbeitsplatzes nicht mehr ankommt.
2. Die Berücksichtigung eines Kindes als ausbildungsuchend nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 c) EStG erfordert, dass dieses sich ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht. Pauschale Angaben, das Kind sei im fraglichen Zeitraum ausbildungsbereit gewesen, habe sich ständig um einen Arbeitsplatz bemüht oder sei stets bei der Agentur für Arbeit als ausbildungsplatzsuchend gemeldet gewesen, reichen nicht aus, um das Bemühen glaubhaft zu machen.
3. Der Kindergeldberechtigte hat beim Nachweis der Ausbilungswilligkeit unter Einbeziehung des über 18 Jahre alten Kindes gemäß § 68 Abs. 1 EStG mitzuwirken.
4. Das ernsthafte Bemühen um einen Ausbildungsplatz kann durch die Bescheinigung der Agentur für Arbeit, dass das Kind als Bewerber um eine berufliche Ausbildungsstelle registriert ist, durch direkte Bewerbungen an Ausbildungsstätten und den daraufhin erfolgten Zwischennachrichten und Absagen nachgewiesen werden.
5. Bei der Meldung als Ausbildungsplatzsuchender ist zu beachten, dass eine Berücksichtigung mit dem Status „Bewerber” und nicht nur „ratsuchend” nachgewiesen werden muss.
6. Ist aufgrund einer Beweisaufnahme erwiesen, dass eine Bescheinigung der Agentur für Arbeit zur Vorlage bei der Familienkasse inhaltlich falsch ist, kann mit dieser Bescheinigung nicht der Nachweis für eine Ausbildungswilligkeit des Kindes erbracht werden, da dieser keine Tatbestandswirkung zukommt.
7. Der Meldung bei der Agentur für Arbeit als Bewerber für eine Berufsausbildungsstelle hat hinsichtlich des Anspruchs auf Kindergeld nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 c) EStG keine Rückwirkung.
8. Wird zum Nachweis der Ausbildungswilligkeit für einen Zeitraum von 13 Monaten nur eine Bewerbung vorgelegt, kann nicht von einem ernsthaften Bemühen um einen Ausbildungsplatz ausgegangen werden.
Normenkette
EStG §§ 62, 63 Abs. 1 S. 2, § 32 Abs. 4 S. 1 Nrn. 1, 2c, § 68 Abs. 1; SGB III § 38 Abs. 2; FGO § 96 Abs. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin einen Anspruch auf Festsetzung von Kindergeld für ihren Sohn X, geboren am 17. September 1988, im Zeitraum von März 2007 bis März 2008 hat.
X besuchte nach seinem Hauptschulabschluss bis einschließlich August 2006 die A Schule, in L (Berufsvorbereitungsjahr – BVJ –). Danach war er zunächst arbeitslos.
Am 10. Juli 2006 war er zur Berufsberatung bei der Agentur für Arbeit H. Dort wurde er vom damals zuständigen Sachbearbeiter F zum 10. Juli 2006 als Bewerber für die Berufsberatung bei der Agentur für Arbeit H abgemeldet.
Der Antrag der Klägerin auf Kindergeld für X vom 14. Dezember 2006 wurde mit Bescheid vom 20. Dezember 2006 mit der Begründung abgelehnt, X sei bei der Arbeitsvermittlung nicht gemeldet und eine Ausbildung werde von ihm nach Aktenlage nicht bzw. nicht mehr angestrebt.
Dieser Ablehnungsbescheid wurde nicht angefochten.
Am 1. Juli 2007 stellte die Klägerin einen erneuten Antrag auf Kindergeld für drei ihrer Kinder, u.a. auch für X. In diesem Antrag, der am 3. Juli 2007 bei der Familienkasse einging, gab die Klägerin an, X suche einen Ausbildungsplatz und sei beim „Arbeitsamt H” gemeldet (Bl. 91 der Kindergeldakte).
Laut einem Ausdruck aus der Kundendatei der Arbeitsagentur vom 13. November 2007 war X seit 20. Juni 2007 bei der Berufsberatung der Agentur für Arbeit in H als ratssuchend gemeldet. (Bl. 94 der Kindergeldakte). Am 24. Juli 2007 war X zu einem Termin bei der seit Januar 2007 für ihn zuständigen Berufsberaterin dieser Behörde, der Zeugin P, unentschuldigt nicht erschienen.
Nachdem eine Aufforderung der Familienkasse vom 13. November 2007, Nachweise über eigene Bemühungen um einen Ausbildungsplatz ab Antragstellung vorzulegen, von der Klägerin nicht beantwortet worden war, lehnte die Familienkasse den Kindergeldantrag vom 1. Juli 2007 durch Bescheid vom 14. Februar 2008 mit der Begründung ab, eine Ausbildung werde von X nach Aktenlage nicht bzw. nicht mehr angestrebt.
Am 25. Februar 2008 übersandte die Klägerin das Original einer am 18. Februar 2008 von der Arbeitsagentur H ausgestellten „Bescheinigung zur Vorlage bei der Familienkasse” (Bl. 114 der KG-Akte), nach der X seit dem 12. März 2007 als Bewerber für eine Berufsausbildungsstelle gemeldet sei. Die Familienkasse wertete diese Übersendung als Einspruch.
Laut den elektronisch gespeicherten Daten der Berufsberatung, die am 25. März 2008 von der Familienkasse abgefragt und ausged...