Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung einer Verletzung des Steuergeheimnisses
Nachgehend
Tenor
Es wird festgestellt, daß der Beklagte nicht befugt gewesen ist,
- der …, durch Zustellung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 10. Dezember 1997 die Abgabenschuld der Klägerin in Höhe von 137.664 DM zu offenbaren und
- den konkret genannten Pflegekassen und Sozialämtern jeweils mit Pfändungs- und Überweisungsverfügungen vom 25. November 1997 die Steuerschulden der Klägerin in Höhe von 137.664 DM offenzulegen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin zu 2/3 und dem Beklagten zu 1/3 auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die am 30. August 1930 geborene Klägerin unterhielt bis 1982 ein Kinderheim, bei dessen Schließung Steuerbeträge in Höhe von rd. 92.000 DM rückständig waren (Bl. 25). Seit 1991 betreibt die Klägerin in … ein Heim zur Kurzzeitaltenpflege. Der Beklagte vollstreckt seit geraumer Zeit wegen erheblicher Steuerschulden die Zwangsvollstreckung in alle verwertbaren Wirtschaftsgüter der Klägerin im April 1996 hat er bei der Stadt … die Einleitung eines Verfahrens wegen Gewerbeuntersagung (§ 35 Abs. 1 Gewerbeordnung – GewO –) angeregt. Im April 1998 hat er beim Amtsgericht … die Anordnung der Zwangsverwaltung über die der Klägerin gehörenden Grundstücke in Bierbach beantragt (s. Verfahren 1 K 193/98)
Am 15. Dezember 1997 hat die Klägerin beim Finanzgericht des Saarlandes den Antrag gestellt (Bl. 1),
1- das Gericht möge feststellen, daß der Beklagte nicht befugt gewesen ist, der Stadt … im Rahmen des Gewerbeuntersagungsverfahrens Auskünfte über die Höhe der Steuerrückstände der Klägerin zu erteilen.
Am 12. Januar 1998 hat die Klägerin diesen Antrag wie folgt erweitert (Bl. 12),
2- das Gericht möge feststellen, daß der Beklagte nicht befugt gewesen ist, der … durch Zustellung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 10. Dezember 1997 die Abgabenschuld der Klägerin Höhe von 137.664 DM zu offenbaren
Am 20. April 1998 hat sie den vorgenannten Anträgen den folgenden hinzugefügt (Bl. 31, 52),
3- das Gericht möge feststellen, daß der Beklagte nicht befugt gewesen ist, den konkret genannten Pflegekassen und Sozialämtern jeweils mit Pfändungs- und Überweisungsverfügungen vom 25. November 1997 die Steuerschulden der Klägerin offenzulegen.
Zur Begründung trägt sie vor, daß die Auskunft im Gewerbeuntersagungsverfahren nicht durch § 30 Abs. 4 Nr. 5 Abgabenordnung – AO –, der als einzige Rechtsgrundlage in Betracht komme, gedeckt sei. Dies ergebe sich bereits aus den in der Vorschrift genannten Beispielsfällen (Bl. 2 ff.).
Bezüglich der Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 10. Dezember 1997 sei anzumerken, daß die Klägerin in keiner Geschäftsbeziehung zu de … stehe. Der Beklagte habe in unverhältnismäßiger Weise offenbar „ins Blaue” hinein gepfändet. Die Klägerin unterhalte auch keine Geschäftsbeziehungen zu den … in S., der ebenfalls eine Verfügung zugestellt worden sei. Die vielfältigen Vollstreckungsmaßnahmen des Beklagten hätten die Bemühungen der Klägerin zunichte gemacht, die Steuerschulden mittels Bankkredit zurückzuführen (Bl. 13 ff.). Es sei unstreitig, daß keine Geschäftsbeziehungen zur … bestanden hätten. Eine entsprechende Äußerung der Tochter der Klägerin, Frau … habe es nie gegeben (Bl. 51 f.).
Schließlich habe der Beklagte die Klägerin und ihre Familie auch dadurch an den Rand des wirtschaftlichen Ruins getrieben, daß er Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse an die Sozialstationen, Krankenkassen und Privatbetreuer der Pflegegäste geschickt habe (Bl. 31 ff.). Der Beklagte habe am 25. November 1997 Pfändungs- und Einziehungsverfügungen unter Offenbarung von Steuerschulden in Höhe von 137.644 DM an folgende Drittschuldner erlassen (Bl. 52):
- Pflegekassen: …
- Sozialämter: der Stadt …, der Gemeinde … und der Stadt …
Mit den meisten dieser Drittschuldner stand bzw stehe die Klägerin nicht mehr in Geschäftsbeziehungen (Bl. 52 f.).
Der Beklagte beantragt (Bl. 20),
die Klage als unbegründet abzuweisen.
Die Zulässigkeit der Klage werde bestritten, soweit die Klägerin ihre Rechte durch eine Gestaltungsklage hätte wahrnehmen können (§ 41 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO –). Im übrigen gehe es nicht um die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses (§ 41 Abs. 1 FGO; Bl. 48).
Die Klägerin habe über Jahre hinweg eine gravierende steuerliche Unzuverlässigkeit an den Tag gelegt. § 35 GewO sehe – u.a. in solchen Fällen – die Möglichkeit zur Gewerbeuntersagung vor Aufgrund des Gesamtbildes des Vorgangs (Dauer, steigende Tendenz und Zusammensetzung der Steuerschulden) sei der Beklagte befugt gewesen, der Stadt … die gesamte Höhe der Steuerrückstände – einschließlich der Personensteuern – zu...