rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebliche Fortbildungskosten. Einkommensteuer 1997
Leitsatz (redaktionell)
1. Aufwendungen für betrieblich motivierte Fortbildungslehrgänge können auch dann Betriebsausgaben sein, wenn mit dem Ausbildungsgegenstand zwangsläufig eine persönliche Selbsterfahrung oder Nutzungsmöglichkeit verbunden ist.
2. Finden die Lehrgänge an auswärtigen Orten von allgemeintouristischem Interesse statt, unterliegen die neben den eigentlichen abzugsfähigen Kursgebühren anfallenden Verpflegungs- und Übernachtungskosten insgesamt der Abzugsbeschränkung des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG, wenn der Tagesablauf der Lehrgänge die Nutzung von Freizeitangeboten nicht nahezu völlig ausschließt.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 1 S. 2
Tenor
Unter Änderung des Einkommensteuerbescheides vom 8. Juli 1998 in Form der Einspruchsentscheidung vom 3. Januar 2000 wird dem Beklagten aufgegeben, die Einkommensteuer 1997 unter Berücksichtigung weiterer die Einkünfte der Klägerin aus selbständiger Arbeit mindernder Aufwendungen in Höhe von 5.250 DM festzusetzen. Im Übrigen wird die Klage als unbegründet abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin zu 1/6 und dem Beklagten zu 5/6 auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.
Tatbestand
Die Klägerin war 1997 in V als nichtselbständige Krankenhaushebamme (Viertel kraft) sowie in S als selbständige Hebamme tätig (Bl. 19 Rb). Im Einkommensteuerbescheid 1997 vom 8. Juli 1998 wurden ihr für ihre nichtselbständige Tätigkeit der Werbungskostenpauschbetrag von 2.000 DM und für ihre selbständige Tätigkeit die geltend gemachten Betriebsausgaben mit Ausnahme einer zwischenzeitlich nicht mehr streitigen Kürzung gewährt (ESt 97, Bl. 40 FG).
Die Beteiligten streiten darüber, ob es sich bei den im Einspruchsverfahren geltend gemachten Aufwendungen für einen zweijährigen, teils im Allgäu, teils in Griechenland stattfindenden Kurs in Rebalancing-Körpertherapie (Bl. 4, 14, 21 Rb), um betrieblich oder – so der Beklagte in seiner Einspruchsentscheidung vom 3. Januar 2000 (Bl. 8 ff., Aufgabe zur Post am 10. Januar, Bl. 7) – um privat veranlassten Aufwand handelt.
Am 10. Februar 2000 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie beantragt,
unter Änderung des Bescheides vom 8. Juli 1998 in Form der Einspruchsentscheidung vom 3. Januar 2000 die Einkommensteuer 1997 unter Berücksichtigung weiterer einkommensmindernder Aufwendungen in Höhe von 6.290 DM festzusetzen.
Bei den Kursgebühren (5.250 DM) sowie den Unterkunfts- und Verpflegungskosten (1.040 DM) handele es sich um Betriebsausgaben (Bl. 48). Wegen ihrer ärztegesteuerten Tätigkeit als Krankenhaushebamme könne sie das spezifisch personenbezogene Rebalancing nur im Rahmen ihrer selbständigen Hebammentätigkeit anwenden.
Die Berufsbezogenheit des Kurses ergebe sich aus dem Ausbildungsplan nebst Ausbildungsbeschreibung (Bl. 49, 57 f.). Insoweit habe sie schon im Einspruchsverfahren darauf hingewiesen, dass sie sich mit dem Kurs wegen seines auf Verspannungs- und Schmerzlösung ausgerichteten atmungsorientierten Lehrinhaltes (Bl. 11, 17 Rb) eine Verbesserung ihrer Konkurrenzlage bei ihrer freiberuflichen Hebammentätigkeit versprochen habe (Bl. 2 Rb, 19 FG). Dementsprechend habe sie sogleich nach Abschluss des Kurses aus der erfolgreichen Schwangerschaftsbetreuung dreier namentlich benannter Frauen mit dem pre- wie postnatal positiv wirkenden Rebalancing gewerbliche Einnahmen in Höhe von 3.500 DM erzielen können (Bl. 19 FG).
Die Kosten des Kurses seien durch die vorgelegten Zahlungsbelege nachgewiesen bzw. durch die Kostenbescheinigungen des Veranstalters hinreichend glaubhaft gemacht (Bl. 49, 55). Fahrtkosten seien infolge einer Mitfahrgelegenheit nicht angefallen (Bl. 49).
Der Beklagte beantragt,
die Klage als unbegründet abzuweisen.
Nach dem Gesamtbild des Lehrganges sei eine vornehmlich private Teilnahmemotivation zwecks eigener Persönlichkeitserfahrung und gemeinschaftsbezogener Begegnung nicht auszuschließen, zumal die Tagungsstätten in touristischen Zielorten gelegen hätten (Bl. 23, 35).
Auch im Klageverfahren habe die Klägerin nicht nachgewiesen, dass es sich um einen homogenen Kursteilnehmerkreis gehandelt habe bzw. der Lehrgangsinhalt auf die speziellen Bedürfnisse ihres Berufes zugeschnitten gewesen sei (Bl. 22, 35).
Dass sie aus dem Kurs möglicherweise auch beruflichen Nutzen ziehe, schließe nach der Rechtsprechung des Senats die Annahme steuerschädlicher Mischaufwendungen im Sinne des § 12 EStG nur aus, wenn die Zielsetzung des vermittelten Wissens zweifelsfrei ergebe, dass es für die tägliche Berufspraxis oder das berufliche Fortkommen des Steuerpflichtigen von erheblicher Bedeutung sei. Dafür sei vorliegend nichts ersichtlich (Bl. 35).
Aus den Rebalancing-Einnahmen über 3.500 DM werde nicht deutlich, ob diese ausschließlich durch die Anwendung von Rebalanci...