Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinzurechnung nach § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG auch bei abkommensrechtlichem Schachtelprivileg
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Vorschrift des § 8b Abs. 5 KStG findet auch bei Schachtelprivilegien nach DBA Anwendung.
2. Nach dem Wortlaut und der Gesetzessystematik ist eine Anwendung der Regelung nicht auf den Fall der Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 1 KStG beschränkt (vgl. BFH v. 29.8.2012, I R 7/12, BStBl II 2013, 89).
Normenkette
KStG § 8b Abs. 5, 1; DBA-China Art. 10 Abs. 2, Art. 24 Abs. 2 Buchst. a; DBA-Türkei 1985 Art. 10 Abs. 2, Art. 23 Abs. 1 Buchst. a; EStG § 3c Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin ist eine im Jahr 1963 gegründete GmbH, deren Unternehmensgegenstand die … ist. Einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Klägerin ist D.
Die Klägerin ist an der … mit Sitz in China (HC) zu 100 % sowie an der … mit Sitz in der Türkei (HT) zu 84,97 % beteiligt. Von diesen Tochtergesellschaften erhielt sie in den Streitjahren folgende Dividenden:
- Von HC: 25 Mio. EUR (2009), 33,6 Mio. (2010) sowie 20 Mio. EUR (2011),
- von HT: 829.360 EUR (2009).
Die Klägerin behandelte diese in ihren Steuererklärungen als nach den Bestimmungen der einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA – vgl. Art. 10 Abs. 2, 24 Abs. 2 Buchst. a DBA-China, Art. 10 Abs. 2, 23 Abs. 1 Buchst. a DBA-Türkei 1985) steuerfreie ausländische Einkünfte. Für die Jahre 2009 und 2010 folgte der Beklagte dem und erließ entsprechende Körperschaftsteuerbescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO.
Im Rahmen der Körperschaftsteuerfestsetzung für 2011 wich der Beklagte im Bescheid vom … März 2013 (Bl. 33 ff.) von der Erklärung ab und berücksichtigte 5 % der jeweiligen Dividenden gemäß § 8b Abs. 5 KStG einkommenserhöhend als nicht abziehbare Betriebsausgaben. In diesem Zusammenhang erließ er am … März 2013 auch entsprechende Änderungsbescheide für die Jahre 2009 und 2010, in denen er ebenfalls 5 % der jeweiligen Dividenden gemäß § 8b Abs. 5 S. 1 KStG als nicht abziehbare Betriebsausgaben einkommenserhöhend berücksichtigte (Bl. 27 ff.). Die hiergegen eingelegten Einsprüche wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom … Mai 2013 (Bl. 21 ff.) als unbegründet zurück.
Am 6. Juni 2013 hat die Klägerin Klage erhoben (Bl. 2). Sie beantragt sinngemäß (Bl. 3),
unter Änderung der Körperschaftsteuerbescheide für 2009 und 2010 vom … März 2013 und des Körperschaftsteuerbescheides für 2011 vom … März 2013 – alle in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … Mai 2013 – die Körperschaftsteuer der Streitjahre ohne Hinzurechnung von 5 % der jeweiligen Dividenden (das sind 2009: 1.291.468 EUR, 2010: 1.680.000 EUR und 2011: 1.000.000 EUR) gemäß § 8b Abs. 5 KStG festzusetzen.
Die Dividenden seien zu 100 % von der deutschen Besteuerung auszunehmen. Dies ergebe sich aus den jeweiligen DBA mit China bzw. der Türkei. Die dort geregelten Mindestbeteiligungsgrenzen von 10 % seien erfüllt.
§ 8b Abs. 5 KStG dürfe nicht angewandt werden. Bei dieser Norm handele es sich bezüglich Dividenden, die bereits nach DBA freizustellen sind, um ein so genanntes „Treaty Override”. Eine solche Umgehung abkommensrechtlicher Bestimmungen stelle einen Verstoß gegen Verfassungsrecht da (Bl. 16 ff.). Theoretisch bestünde sonst die Möglichkeit, dass der Gesetzgeber entgegen der DBA eine tatsächliche Besteuerung der Dividenden in beliebiger Höhe erreichen könnte, indem er den Prozentsatz der nichtabzugsfähigen Betriebsausgaben erhöhe (Bl. 16).
Die Normenkollision zwischen den Bestimmungen der DBA und § 8b KStG sei zu Gunsten des DBA zu lösen. Die DBA bzw. das jeweilige Zustimmungsgesetz stellten das jeweils speziellere Gesetz dar und genieße Anwendungsvorrang gegenüber § 8b KStG (Bl. 17).
Etwas anderes gelte nur dann, wenn der Gesetzgeber deutlich seinen Willen zum Ausdruck gebracht hätte, dass er den nationalen Regelungen den Vorrang vor DBA einräumen wolle (so etwa in § 8b Abs. 1 S. 3 KStG). Eine entsprechende Regelung fehle allerdings in § 8b Abs. 1 und Abs. 5 KStG (Bl. 18).
Daneben sei es auch verfassungsrechtlich geboten, die Dividenden vollständig freizustellen. Denn die deutschen Staatsorgane seien aufgrund des Rechtsstaatsprinzips unter anderem an völkerrechtliche Verträge der Bundesrepublik Deutschland mit anderen Staaten gebunden. Sie hätten dies im Rahmen der Gesetzgebung sowie der Auslegung der Gesetze zu beachten. Gebe es mehrere Gesetzesauslegungs-Möglichkeiten, so sei der völkerrechtskonformen Variante der Vorrang einzuräumen (Bl. 18).
Eine Ausnahme hierzu gelte wiederum nur dann, wenn dies durch tragende Grundsätze der Verfassung gerechtfertigt sei und diese Grundsätze nicht auf andere Weise geschützt werden könnten (so etwa in den vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fällen – Bl. 19).
Soweit der...