Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Bauabzugssteuer-Freistellungsbescheinigung bei Gefährdung der zu sichernden Steueransprüche

 

Leitsatz (redaktionell)

Die nachhaltige Nichterfüllung der Erklärungspflichten und das Bestehen hoher, nicht nur vorübergehender Rückstände auf dem Gebiet der Einkommen- und Lohnsteuer rechtfertigen die Prognose, dass auch die künftig zu sichernden Ertragssteueransprüche gefährdet erscheinen. Eine einstweilige Verpflichtung der Finanzbehörde zur Freistellung vom Steuerabzug bei Bauleistungen kommt diesfalls nicht in Betracht.

 

Normenkette

EStG § 48b Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 2; FGO § 114 Abs. 1 S. 2, Abs. 3; ZPO § 920 Abs. 2

 

Streitjahr(e)

1999, 2000

 

Tatbestand

I. Der 62-jährige Antragsteller ist seit Jahren gewerblich tätig. Einen Gewerbebetrieb mit dem Gegenstand Kleintransporte und Vermietung meldete er zum April 1998 ab; bereits ab 1996 hatte er sich auf die Durchführung von Garten- und Landschaftsarbeiten verlegt und keine Transporte mehr durchgeführt. Zum 10. Februar 1998 meldete der Antragsteller ein Gewerbe „Erdbewegungen - Ausschachtungen” an. Er führt - nach eigenen Angaben - vor allem Pflaster- und Teerarbeiten durch.

Mit Schreiben vom 13. Februar 2002 beantragte der Antragsteller, ihm eine Freistellungsbescheinigung nach § 48 b des Einkommensteuergesetzes i. d. F. des Gesetzes zur Eindämmung illegaler Betätigung im Baugewerbe vom 30. August 2001 (BGBl I 2001, 2267) - EStG - zu erteilen. Der Antragsgegner - das Finanzamt - lehnte dies mit Bescheid vom 14. Februar 2002 unter Hinweis darauf ab, dass der Antragsteller Auskunfts- und Mitwirkungspflichten nach § 90 Abgabenordnung 1977 - AO - nicht nachgekommen sei sowie angemeldete und fällige Steuern nicht entrichtet habe. Nach einer Erhebungsauskunft vom selben Tag beliefen sich die Rückstände des Antragstellers an Steuern (Einkommensteuer nebst Solidaritätszuschlag sowie Umsatzsteuer ab 1999) und steuerlichen Nebenleistungen (Verspätungs- und Säumniszuschläge hierzu) auf über 80.000 EUR. Hiergegen erhob der Antragsteller Einspruch, über den noch nicht entschieden ist.

Zugleich begehrt der Antragsteller bei Gericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Inhalt, die ablehnende Bescheinigung des Finanzamts aufzuheben und das Finanzamt zur antragsgemäßen Erteilung einer Freistellungsbescheinigung zu verpflichten. Er trägt vor, seine wirtschaftliche Existenz werde vernichtet, wenn er diese Bescheinigung nicht erhalte. Geschäftspartner hätten es bereits mehrfach abgelehnt, ihm Aufträge zu erteilen, und dies damit begründet, eine Auftragserteilung könne nur erfolgen, wenn er eine Freistellungsbescheinigung vorlege. Die Nichterteilung der Bescheinigung komme für ihn einem Berufsverbot gleich. Wie die Rechtsprechung der Finanzgerichte zeige (FG Berlin Beschluss vom 21. Dezember 2001 8 B 8408/01; FG Niedersachsen Beschluss vom 18. April 2002 6 V 55/02), könne die Freistellungsbescheinigung nicht wegen bestehender Steuerrückstände verweigert werden. Im Falle der FG Niedersachsen hätten selbst erhebliche „Verfehlungen” des Bauunternehmers (Unregelmäßigkeiten bei der Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen) eine Versagung der Freistellungsbescheinigung nicht rechtfertigen können. Weder das Bestehen von Steuerrückständen noch die verspätete Abgabe von Steueranmeldungen und unregelmäßige Steuerzahlungen in der Vergangenheit seien taugliche Kriterien für die Erteilung oder Versagung der Freistellungsbescheinigung. Versagungsgründe seien demgegenüber das illegale Beschäftigen von Arbeitnehmern oder das Einschalten von Scheinfirmen; dies könne dem Antragsteller jedoch nicht vorgeworfen werden. Die Steuerrückstände beruhten auf einer Betriebsprüfung, in deren Verlauf es zu „diversen Ungereimtheiten”, zum Verschwinden von Unterlagen und zu Schätzungen ohne Realitätsbezug gekommen sei. Das gegen den Antragsteller aufgrund dessen eingeleitete Strafverfahren sei inzwischen eingestellt. Aus diesen Vorgängen habe der Antragsteller seine Lehren gezogen und seine Buchhaltung nunmehr ordnungsgemäß nachgearbeitet, so dass für die Jahre 1999 und 2000 nunmehr sämtliche Umsätze und Ausgaben erfasst seien. Der Antragsteller habe die eidesstattliche Versicherung abgeben müssen, weil er aufgrund des Verhaltens des Finanzamts und der mangelhaften Zahlungsmoral seiner Auftraggeber nicht mehr zahlungsfähig gewesen sei. Würde man ihm ermöglichen, weiter tätig zu sein, würde er zweifelsohne auch seine Steuerschulden zurückführen können. Diese Möglichkeit werde ihm durch die Versagung der Freistellungsbescheinigung genommen.

Die Antragsteller beantragt im Wege einer einstweiligen Anordnung,

die Ablehnungsverfügung des Finanzamts vom 14. Februar 2002 aufzuheben und

das Finanzamt zu verpflichten, ihm eine Freistellungsbescheinigung gemäß § 48 b EStG zu erteilen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er ist der Ansicht, dass dem Antragsteller eine Freistellungsbescheinigung gem. § 48b EStG nicht erteilt werden könne, weil der zu sichernde Steueranspruch gef...

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