Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen für die Erteilung einer Freistellungsbescheinigung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines Antrags auf Erteilung einer Freistellungsbescheinigung

2. Wann ist der Steueranspruch gemäß § 48b EStG gefährdet?

3. Verhalten in den Vorjahren ist Indiz für eine Prognose

4. § 48b EStG führt nicht zu einer unzulässigen Rückwirkung

 

Normenkette

FGO § 114; EStG § 48b Abs. 1

 

Tatbestand

I. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Antragsgegner verpflichtet ist, dem Antragsteller eine Freistellungsbescheinigung gemäß § 48b EStG zu erteilen.

Aus der Einspruchsentscheidung vom 8.5.2003 (Rb-Akte Bl. 24ff) ergibt sich folgender bisher nicht bestrittener Sachverhalt: Der Antragsteller betrieb seit dem 01.01.1991 ein Fuhrunternehmen. Am 06.09.1993 gab der Antragsteller vor dem Amtsgericht Hamburg eine eidesstattliche Versicherung ab. Am 17.02.1995 gewährte das Finanzamt ihm einen Vollstreckungsaufschub, der jedoch am 02.06.1995 widerrufen wurde, weil der Antragsteller die vereinbarte Ratenzahlung nicht eingehalten hatte. Mit Datum vom 13.02.1997 gab der Antragsteller erneut eine eidesstattliche Versicherung ab. Am 08.11.1997 gewährte das Finanzamt ihm wiederum einen Vollstreckungsaufschub; die vereinbarten Raten wurden seitens des Antragstellers jedoch nicht vollständig entrichtet. Wegen Steuerrückständen und steuerlicher Unzuverlässigkeit wurde dem Antragsteller am 30.12.1996, auf Anregung des Finanzamtes, die Güternahverkehrserlaubnis entzogen (Vo-Akte Bd. II Bl. 15f), diese Entziehung wurde durch Widerspruchsbescheid vom 14.8.1998 bestätigt (Vo-Akte Bd. II Bl. 75 ff). Am 20.10.1998 teilte der Antragsteller dem Finanzamt mit, dass er das Gewerbe seit März 1998 nicht mehr ausgeübt habe. In diesem Zusammenhang hat der Antragsteller laut eigenen Angaben vom 20.10.1998 für die Veräußerung eines ehemals zum Betriebsvermögen gehörenden Lkw 10 DM erhalten. Am 02.08.1999 korrigierte der Antragsteller seine diesbezüglichen Angaben und teilte mit, für die Veräußerung des Lkw rund 20.000 DM erhalten zu haben (Vo-Akte Bd. II Bl. 120). Von Dezember 1998 bis April 1999 lebte der Antragsteller von Sozialhilfe. Am 02.08.1999 beantragte der Antragsteller erneut einen Aufschub der Vollstreckung. Dessen Gewährung kam jedoch nicht zustande, da der Antragsteller der Forderung des Finanzamts vom 03.08.1999 zur Einreichung konkreter Unterlagen über seine Hauptauftraggeber nicht nachgekommen ist. Im Jahre 1999 machte sich der Antragsteller mit einem Unternehmen für das Holz- und Bauschuttgewerbe erneut selbstständig. Die hierauf entfallenen Umsatzsteuer- und Lohnsteuerbeträge hat der Antragsteller bisher nicht gezahlt. Seit Aufgabe dieses Betriebes am 01.12.2000 (Datum der Abmeldung) lebte der Antragsteller wiederum von Sozialhilfe.

Der Antragsteller hat die Einkommensteuererklärung der Jahre 1994 bis 1996 erst nach Schätzung der Besteuerungsgrundlagen abgegeben. Lohnsteueranmeldungen wurden für die Jahre 1992 bis 1994 und Umsatzsteuervoranmeldungen wurden von Mai 1995 bis September 1996 nicht beim Finanzamt eingereicht. Einkommensteuererklärungen wurden seit dem Veranlagungszeitraum 1996 nicht beim Finanzamt eingereicht.

Seit dem 27.05.2002 betreibt der Antragsteller erneut ein Einzelunternehmen für das Holz- und Bauschuttgewerbe (Gerüstbau und Korrosionsschutz). Am 27.05.2002 beantragte der Antragsteller die Ausstellung einer Freistellungsbescheinigung nach § 48b Abs. 1 EStG. Mit Übersendung des Fragebogens zur steuerlichen Erfassung eines Gewerbebetriebes vom 07.06.2002 wies das Finanzamt zunächst darauf hin, dass eine entsprechende Freistellungsbescheinigung nicht ausgestellt werden könne. Die förmliche Ablehnung des Antrags erfolgte mit Bescheid vom 17.06.2002. Gegen diesen Bescheid wurde kein Einspruch eingelegt. Mit Schreiben vom 13.03.2003 hat der Antragsteller beim Finanzamt erneut die Erteilung einer Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG beantragt (Akte Freistellung Bauleistungen § 48b EStG Bl. 6).

Mit Bescheid vom 17.03.2003 hat das Finanzamt abgelehnt, die beantragte Freistellungsbescheinigung zu erteilen (Akte Freistellung Bauleistungen § 48b EStG Bl. 7). Der Antragsgegner begründet diese Entscheidung damit, dass der Antragsteller Steuererklärungen nicht pünktlich abgegeben habe, die unangemeldete bzw. festgesetzte und fällige Steuer nicht gezahlt habe.

Gegen den ablehnenden Bescheid vom 17.03.2003 hat der Antragsteller mit Schreiben vom 21.03.2003 (eingegangen beim Finanzamt am 24.03.2003; Rb-Akte Bl. 2) Einspruch erhoben. Zur Begründung trägt der Antragsteller vor, die Ablehnung käme einer Vernichtung seiner beruflichen Existenz gleich, da er ohne Freistellungsbescheinigung daran gehindert sei, Aufträge entgegenzunehmen. Auch sei seitens des Gesetzgebers diese Konsequenz der Ablehnung der Freistellungsbescheinigung nicht beabsichtigt.

Im Rahmen des Einspruchsverfahrens legte der Antragsteller die Kopie eines Schreibens vor, aus der hervorgeht, dass ein Leistungse...

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