vorläufig nicht rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsätze einer im EU-Ausland ansässigen Internet-Apotheke: Erwerbsbesteuerung bei der Lieferung rezeptpflichtiger Medikamente an gesetzliche Krankenkassen – Abzug der an gesetzlich Krankenversicherte gezahlten Prämien von der Bemessungsgrundlage der steuerpflichtigen Versandhandelsumsätze gegenüber Privatpatienten
Leitsatz (redaktionell)
Eine Minderung der Bemessungsgrundlage der gemäß § 3 c UStG im Inland ausgeführten steuerpflichtigen Versandhandelsumsätze einer im EU-Ausland ansässigen Internet-Apotheke gegenüber Privatpatienten und Kunden von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln um die an gesetzlich Krankenversicherte bei der nicht steuerbaren (sondern der Erwerbsbesteuerung durch die gesetzlichen Krankenkassen unterliegenden) Lieferung rezeptpflichtiger Medikamente gezahlten Prämien für die Preisgabe von gesundheitsbezogenen Daten kommt nicht in Betracht, da diese Zahlungen mit den Versandhandelsumsätzen in keinem Zusammenhang stehen und die Leistungsempfänger der Versandhandelsumsätze und die Empfänger der Prämien nicht identisch sind.
Normenkette
UStG §§ 1a, 3 Abs. 6 S. 1, §§ 3c, 10 Abs. 1, § 17 Abs. 1 S. 4; MwStSystRL Art. 33, 185 Abs. 1
Tatbestand
I.
Die Antragstellerin ist eine in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässige Internetapotheke . Sie versendet sowohl rezeptpflichtige als auch rezeptfreie Medikamente und Waren an Kunden im Inland, die privat oder gesetzlich krankenversichert sind.
Die Antragstellerin führte nach eigenen Angaben für ihre Kunden ein Bonusmodell ein, welches sich aus zwei Komponenten zusammensetzte:
1. Bestandteil: Bei jedem Kunden wird bei der Bestellung verschreibungspflichtiger Arzneimittel 1 Euro pro Medikament (höchstens 3 Euro pro Rezept) als Bonus gutgeschrieben.
2. Bestandteil: Den Kunden wird eine Prämie (Aufwandsentschädigung) von bis zu 15 EUR pro Rezept für die Preisgabe von gesundheitsbezogenen Daten gewährt.
Prämie und Bonus werden vom Rechnungsbetrag (Zuzahlungsbetrag bei Kassenpatienten) abgezogen. Übersteigen Prämie und Bonus den Rechnungsbetrag, erhält der Kunde eine Gutschrift. Erreicht das Prämienkonto einen Betrag von 30 EUR, wird der Gesamtbetrag auf das Girokonto des Kunden überwiesen.
Im Ansässigkeitsstaat der Antragstellerin bestehe – so die Antragstellerin – eine Verpflichtung, Patientendaten zur Speicherung in einer Patientendatenbank zu übermitteln. Die Antragstellerin erhoffte sich durch die Prämien eine verstärkte Mitwirkung der Kunden.
Zum 30.09.2013 widerrief der Antragsgegner die erteilte Zustimmung zur Anwendung der Vereinfachungsregel in Abschn. 1 a. 2. Abs. 14 UStAE a.F., wonach bisher unter in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen ein innergemeinschaftliches Verbringen angenommen werden konnte, auch wenn der Abnehmer bei Beginn des Transports im Ausgangsmitgliedstaat feststand und der Gegenstand an ihn unmittelbar ausgeliefert wurde. Die Regelung Abschn. 1 a. 2. Abs. 14 UStAE n. F. könne – so der Antragsgegner - auch nicht auf die Lieferungen der Antragstellerin an gesetzliche Krankenkassen weiterhin angewandt werden, da diese nach dem Wortlaut nur auf Lieferungen anzuwenden sei, bei denen der liefernde Unternehmer den Liefergegenstand in den Bestimmungsmitgliedstaat an den Abnehmer befördert. Die Vereinfachungsregel sei hingegen nicht anzuwenden, wenn der Liefergegengenstand – wie im Falle der Antragstellerin - vom liefernden Unternehmer versendet oder vom Abnehmer befördert oder versendet werde.
Seit dem 01.10.2013 seien nach Ansicht des Antragsgegners die an inländische Kunden getätigten Lieferungen nunmehr wie folgt zu beurteilen:
Bei Lieferungen von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln an gesetzlich krankenversicherte Patienten müssten die deutschen Krankenversicherungen wegen des deutschen Sachleistungsprinzips nunmehr einen innergemeinschaftlichen Erwerb (§ 1 a UStG) in Deutschland versteuern. Die Antragstellerin tätige nunmehr insoweit (steuerfreie) innergemeinschaftliche Lieferungen im EU-Ausland.
Die übrigen Lieferungen (u.a. an privat krankenversicherte Patienten) seien wegen Überschreitens der Lieferschwelle im Inland steuerpflichtige Versandhandelsumsätze im Sinne des § 3 c UStG.
Die Antragstellerin erklärte für den Voranmeldungszeitraum 10/2013 folgende Besteuerungsgrundlagen:
Steuerpflichtige Umsätze (netto) zu 19%: xxx EUR
Umsatzsteuer xxx EUR
Steuerpflichtige Umsätze (netto) zu 7%: xxx EUR
Umsatzsteuer xxx EUR
./. Vorsteuer: xxx EUR
verbleibende Umsatzsteuer-Vorauszahlung: xxx EUR
Der Antragsgegner bearbeitete die Umsatzsteuervoranmeldung zunächst erklärungsgemäß.
Die Antragstellerin teilte dem Antragsgegner mit, dass sie für diesen Voranmeldungszeitraum die an die gesetzlich krankenversicherten Patienten gewährten Prämien (xxx EUR) als Umsatzkürzung der Umsätze, deren Ort der Lieferung nach § 3c UStG im Inland liege (Lieferungen an Privatpatienten; Lieferungen von nicht rezeptpflichtige Produkten), berücksichtigt habe. Sie beantrag...