rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zollrechtliche Einreihung von Camcordern, deren Funktionen nachträglich manuell erweitert werden können
Leitsatz (redaktionell)
Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wird folgende Frage zur Vorabentscheidung nach Art. 234 EG vorgelegt:
Ist ein Camcorder, der bei der Einfuhr nicht in der Lage ist, extern eingehende Videosignale aufzuzeichnen, in die Unterposition 8525 4099 KN einzureihen, wenn bei ihm der Videoanschluss nachträglich durch Betätigen bestimmter Schalter als Videoeingang eingerichtet werden kann, obwohl Hersteller und Verkäufer auf diese Möglichkeit weder hingewiesen haben noch sie unterstützen?
Normenkette
ZK Art. 201 Abs. 2; KN Unterposition 8525 40 91; KN Unterposition 8525 40 99; Erl. KN Unterposition 8525 4099 Rz. 12.1; Erl. KN Unterposition 8525 4099 Rz. 12.6
Streitjahr(e)
2004
Nachgehend
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Einreihung eines Camcorders in die Kombinierte Nomenklatur – KN -. Während die Klägerin den Camcorder der Unterposition 8525 40 91 KN mit einem Zollsatz von 4,9% zuweisen will, ist der Beklagte der Auffassung, das Gerät gehöre in die Unterposition 8525 40 99 KN mit einem Zollsatz von 14%.
Der von der Klägerin eingeführte, streitbefangene Camcorder des Modells ........ war ein digitaler Video Camcorder, der in seinem Gehäuse neben allen Bedienelementen auch über einen 2,5”-TFT-LCD Farbmonitor verfügte. Der Camcorder hatte Einrichtungen zur digitalen Bildübertragung über die IEEE 1394 Schnittstelle. Weiter hatte er als Ausgänge AV- und SA VHS-Buchsen. Zudem war er mit einem Stereomikrofon und einem integrierten Lautsprecher ausgerüstet. Zum Lieferumfang der Camcorder gehörten u.a. Anschlusskabel und ein Adapter für einen Videoanschluss.
Der Camcorder wurde von der X hergestellt und von ihr auch selbst unter einer anderen Modellbezeichnung vertrieben.
Die Klägerin ging in ihrer Warenbeschreibung und in ihrer dem Camcorder beigefügten Software davon aus, dass die digitalen Videodaten nur vom Camcorder auf andere Geräte übertragen werden können (sog. „dv-out”), nicht aber, dass sie von dritten Geräten an den Camcorder übertragen und dort aufgezeichnet werden können (sog. „dv-in”). Die Klägerin stellte auch nachträglich ihren Kunden nichts zur Verfügung, mit dem diese den Camcorder „dv-in”-fähig machen konnten.
Soweit die Klägerin später andere Camcorder verkaufte, die Videodaten von dritten Geräten aufzeichnen konnten, wies sie in ihren zu Werbezwecken erstellten Warenbeschreibungen auf die „dv-in”-Fähigkeit dieser Geräte hin.
Die X teilte der Klägerin am 13.02.2003 mit, der Camcorder sei nur „dv-out”-fähig. Er könne nicht durch eine Änderung der Software „dv-in”-fähig gemacht werden. Vielmehr sei ein EPROM umzuprogrammieren. Dazu müsse ein sog. MICOM, ein weiteres technisches Gerät, oder die Hauptplatine durch einen ausgebildeten Ingenieur getauscht werden.
Die Klägerin hatte am 29. Januar und 28. März 2002 von der niederländischen Zollverwaltung zwei verbindliche Zolltarifauskünfte für vergleichbare Camcorder erhalten, in denen die Camcorder der Unterposition 8525 4091 KN zugewiesen wurden.
Die Klägerin beantragte am 17. Februar 2004 beim Zollamt M des Beklagten die Abfertigung eines digitalen Camcorders des Typs ....... mit einem Zollwert von 699 EUR unter Anmeldung der Unterposition 8525 40 91 KN zum zollrechtlich freien Verkehr.
Die Zollstelle nahm die Zollanmeldung an, beurteilte allerdings den Camcorder als eine Ware der Unterposition 8525 40 99 KN und setzte dafür 97,86 EUR Zoll mit Bescheid vom 2. März 2004 fest.
Dagegen erhob die Klägerin fristgerecht Sprungklage, der der Beklagte zugestimmt hat.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin, den Camcorder der Unterposition 8525 40 91 KN zuzuweisen. Dazu trägt sie vor, der Camcorder sei werksseitig nie „dv-in”-fähig gewesen. Die Schnittstelle IEEE 1394 stelle nur ein Datenübertragungsstandard dar. Sie sei weder bidirektional noch mit einem EEPROM versehen. Die „dv-in”-Fähigkeit des Camcorders könne nur durch Änderungen an der Hardware erreicht werden.
Im maßgebenden Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung sei der Camcorder jedenfalls nicht „dv in”-fähig gewesen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus Satz 2 der Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur - Erl KN - (KN) Upos. 8525 4099 Rz. 12.6 (ABl. EG Nr. C 190/10 v. 6. Juli 2001). Auch insoweit müsse die „dv-in”-Fähigkeit schon im maßgebenden Zeitpunkt gegeben sein.
Soweit die zitierten Erl KN dahingehend auszulegen seien, dass der Erwerb der „dv-in”-Fähigkeit auch zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden könne, werde damit ein zentrales Grundprinzip der zolltariflichen Einreihung verletzt. Damit habe der zuständige Ausschuss für den Zollkodex seine Befugnisse überschritten.
In diesem Fall wäre es rechtsdogmatisch absurd, die nämliche Ware sowohl in die von ihr vertretene als auch die vom Beklagten a...