Entscheidungsstichwort (Thema)
Subjektive Voraussetzungen einer freigebigen Zuwendung
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung (75% des Verkehrswerts) bei einer Grundstücksveräußerung kann lediglich einen Anscheinsbeweis für die Kenntnis der Vertragsparteien bzw. des Veräußerers von dieser Wertdifferenz und damit für den einer freigebigen Zuwendung innewohnenden Willen zur Unentgeltlichkeit begründen.
2. Durch die Darlegung, dass das Veräußerungsgeschäft unter fremden Dritten abgewickelt wurde und die Gegenleistung maßgeblich aus der Einräumung eines Wohn- und Rentenrechts auf Lebenszeit bestand, kann dieser Anscheinsbeweis entkräftet werden.
Normenkette
ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1
Streitjahr(e)
2001
Tatbestand
Der Antragsgegner - Ag. - nimmt den Antragsteller - Ast. -, der Rechtsanwalt ist, auf Zahlung von 14.960 DM Schenkungsteuer - SchenkSt - in Anspruch. Die Frage der Rechtmäßigkeit des Schenkungsteuerbescheides ist Gegenstand des Klageverfahrens 4 K 5419/02 Erb, über das noch nicht entschieden wurde. Im vorliegenden Verfahren begehrt der Ast. die Aussetzung der Vollziehung - AdV - des angefochtenen Schenkungsteuerbescheides.
Zwischen den Beteiligten ist im Hinblick auf ein vom Ast. erworbenes Grundstück streitig, ob es sich auch dann um eine freigebige Zuwendung handelt, wenn der für ein Grundstück unter fremden Dritten ausgehandelte Kaufpreis zwar objektiv unter dem Verkehrswert liegt, der Käufer aber nicht bereit war, das Grundstück zu einem höheren Preis zu erwerben.
Dem Streitfall liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 31. 12. 1996 zwischen Frau U (geb.…1913) als Verkäuferin und dem Ast. als Käufer erwarb dieser eine Gebäude- und Freifläche (Zweifamilienhaus) in T-Stadt, die die Verkäuferin zuvor von ihrer Tochter zurück erworben hatte. In dem Vertrag wurden u. a. folgende Regelungen getroffen:
II. Gegenleistungen
1. Zahlung von 85.000 DM an die Tochter der Verkäuferin
2. lebenslängliches unentgeltliches Wohnrecht für die Verkäuferin an der abgeschlossenen Wohnung im Obergeschoß (Jahreswert: 7.200 DM)
3. lebenslängliche monatliche Rente von 2.500 DM (mit Preisindex-Klausel), gesichert durch Reallast
Am 8. 1. 1997 zeigte der beurkundende Notar den Vorgang der Schenkungsteuerstelle des Ag. an.
In seiner Schenkungsteuererklärung vom 2. 9. 1999 gab der Ast. den Grundstückserwerb an.
Er errechnete den Grundstückswert lt. Mieten mit |
270.000 DM |
und führte folgende Gegenleistungen etc. an: |
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Kosten und Gebühren |
6.175 DM |
Zahlung an Zuwenderin |
85.000 DM |
Jahreswert Wohnrecht |
7.200 DM |
Jahreswert Rente |
30.000 DM |
Bemerkung: „Es wurde ein Kaufvertrag abgeschlossen. Zahlung, Wohnrecht und Rente stellen eine angemessene Gegenleistung dar! Der feuchte Keller mußte total saniert werden; Kosten ca. 60.000,- DM.”
In seinem Schenkungsteuerbescheid vom 24. 7. 2001 übernahm der Ag. den in einer geänderten Feststellung des Grundbesitzwerts auf den 31. 3. 1996 für Zwecke der Schenkungsteuer durch das 'zuständige FA'… auf 258.000 DM festgestellten Grundbesitzwert und ging von folgenden Besteuerungsgrundlagen aus:
Wert des Erwerbs |
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Verkehrswert der Leistung (I) |
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370.000 DM |
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Zahlungen |
85.000 DM |
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Kapitalwert Altenteil (Rente) |
142.170 DM |
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Summe |
227.170 DM |
-227.170 DM |
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Verkehrswert Bereicherung (II) |
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142.830 DM |
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Steuerwert der Leistung (III) |
258.000 DM |
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Steuerwert Bereicherung |
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Formel: |
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Wert III x Wert II |
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99.595 DM |
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Wert I |
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- Erwerbsnebenkosten* |
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- 1.538 DM |
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Wert des Erwerbs |
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98.057 DM |
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Freibetrag |
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10.000 DM |
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abgerundeter steuerpflichtiger Erwerb |
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88.000 DM |
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Steuerklasse III 17 % SchenkSt |
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14.960 DM |
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zinslose Stundung gem. § 25 ErbStG |
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-5.083 DM |
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zu zahlende SchenkSt |
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9.877 DM |
Erläuterungen:
Bei dem Erwerb handelt es sich um eine gemischte Schenkung…Der Wert des Erwerbs ist wie folgt ermittelt worden:
Steuerwert der Leistung der Schenkerin DM |
x |
Verkehrswert der Bereicherung des Beschenkten DM |
= Steuerwert der freigebigen Zuwendung DM |
Verkehrswert der Leistung der Schenkerin DM |
Der Verkehrswert wurde unter Berücksichtigung der Feuchtigkeitsschäden mit 370.000 DM ermittelt. Die gezahlte Grunderwerbsteuer sowie die Gebühren für die Grundschuldbestellung stellen keine abzugsfähigen Kosten dar.
* Hinweis auf Erlaß des Finanzministers NRW v. 13.7.1994 S 3810-21-V A 2
Mit seinem Einspruch machte der Ast. geltend:
Es handele sich nicht um eine gemischte Schenkung. Allein die Tatsache, daß der Steuerwert von dem Verkehrswert abweiche, führe nicht schematisch zu dem Ergebnis, daß eine Bereicherung i. S. von § 516 BGB bzw. § 7 ErbStG vorliege.
In der angefochtenen Entscheidung werde die subjektive Seite der Vertragsbeteiligten nicht berücksichtigt. Ein Einvernehmen der Parteien, daß eine teilweise unentgeltliche Leistung gegeben sein solle, habe nicht bestanden.
Die Verkäuferin des Objektes sei ihm, dem Kl., bis zur Aufnahme von Verhandlungen über den Verkauf des Hauses kaum bekannt gewesen; er habe sie lediglich in einem Fall anwaltlich vertreten gehabt.
Die Höhe der zu erbringenden Gegenleistungen...