Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung der Vollziehung (Einkommensteuer 1997)
Tenor
Die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 1997 vom 08.02.1999 wird bis einen Monat nach Ergehen einer erstinstanzlichen Entscheidung über die gegen diesen Bescheid erhobene Klage ausgesetzt.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Beschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
Der Antragsteller bezieht als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und aus der Vermietung mehrerer Objekte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Er erzielte Spekulationsgewinne (aus Wertpapiergeschäften) von 2.039,– DM im Jahr 1996 und 232.645,– DM im Jahr 1997. 1998 erlitt er einen Verlust aus Spekulationsgeschäften in Höhe von 402.140,– DM.
Der Antragsgegner erließ für 1996 einen Einkommensteuerbescheid, dem er Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von 66.999,– DM, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von 7.611,– DM und die Spekulationsgewinne von 2.039,– DM zugrunde legte und in dem er die Einkommensteuer bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 76.649,– DM auf 18.314,– DM festsetzte.
Der Antragsgegner berechnete die Einkommensteuer 1997 unter Berücksichtigung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit von 69.035,– DM, Einkünften aus Vermietung und Verpachtung von ./. 59.861,– DM, der Spekulationsgewinne von 232.645,– DM und eines Gesamtbetrages der Einkünfte von 241.819,– DM mit Bescheid vom 08.02.1999 auf 101.912,– DM. Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller Einspruch ein und begehrte den Abzug des 1998 entstandenen Spekulationsverlustes. Nach Zurückweisung seines Einspruchs und eines von ihm beim Antragsgegner gestellten Antrags auf Aussetzung der Vollziehung hat er Klage erhoben – über die noch nicht entschieden ist – und einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung beim Gericht gestellt.
Die Einkommensteuer für 1998 setzte der Antragsgegner durch Bescheid vom 06.07.1999 bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit von 71.670,– DM, Einkünften aus Vermietung und Verpachtung von ./. 68.045,– DM, einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 3.625,– DM sowie einem zu versteuernden Einkommen von ./. 4.331,– DM auf 0,– DM fest. Den entstandenen Spekulationsverlust ließ der Antragsgegner außer Ansatz. Der Antragsteller legte auch gegen diesen Bescheid Einspruch ein. Über diesen Einspruch ist noch nicht entschieden.
Der Antragsteller ist der Auffassung, daß der Antragsgegner zu Unrecht einen Verlustrücktrag verweigere. Er verweist auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts – BVerfG – vom 30.09.1998 zu § 22 Nr. 3 Satz 3 Einkommensteuergesetz – EStG – und die Neuregelung des § 23 Abs. 3 Satz 7 EStG, die für die Veranlagungszeiträume ab 1999 einen Abzug der Spekulationsverluste von Spekulationsgewinnen nach Maßgabe des § 10 d EStG zulasse.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 1997 vom 08.02.1999 auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Er trägt vor, der Beschluß des BVerfG vom 30.09.1998 finde auf die Vorschrift des § 23 Abs. 3 EStG keine entsprechende Anwendung. Die Neuregelung des § 23 Abs. 3 Satz 7 EStG sei auf Veranlagungszeiträume vor 1999 nicht anzuwenden.
Der Antrag ist zulässig und begründet.
I. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 1997 ist selbständig und nicht nur im Wege der Folgeaussetzung aussetzungsfähig. Er ist kein Folgebescheid zu einem Bescheid nach § 10 d EStG.
1. Nach Auffassung des Senats ist zwar bei Verlusten i. S. von § 23 Abs. 3 EStG ein Bescheid nach § 10 d EStG zu erlassen. Dies gilt für § 23 Abs. 3 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24.03.1999 (Bundesgesetzblatt – BGBl. – I 1999, 402) Denn § 23 Abs. 3 Satz 7 EStG verweist nicht nur auf den materiellen Inhalt von § 10 d EStG, sondern auch auf dessen verfahrensrechtliche Regelung. § 23 Abs. 3 Satz 7 EStG ist in derselben Weise verfahrensrechtlich umzusetzen wie § 15 Abs. 4 EStG (vgl.: Finanzgericht – FG – Münster, Urteil vom 02.05.1995 – 7 K 5815/92 E – Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 1995, 973) und § 2 b EStG n. F., der – um überhaupt praktikabel zu sein – zwingend ein Festschreiben der negativen Einkünfte verlangt. Entsprechendes gilt für § 23 Abs. 3 EStG a. F., wenn man § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG für verfassungswidrig und nichtig erachtet.
2. Ein Bescheid nach § 10 d EStG ist jedoch kein Grundlagenbescheid zu einem Einkommensteuerbescheid des Verlustrücktragsjahres. § 10 d Abs. 4 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 schreibt nunmehr ausdrücklich vor, daß der „verbleibende Verlustvortrag” gesondert festzustellen ist. § 10 d Abs. 3 EStG a. F. ist in demselben Sinne auszulegen (vgl.: Oberfinanzdirektion – OFD – Frankfurt vom 04.09.1997, Deutsches Steuerrecht – DStR – 1997, 2024; FG Münster, Beschluß vom 18.02.1997 – 10 V 5499/96 A (E), EFG 1997, 625; FG Düsseldorf, Urteil vom 12.05.1998 – 8 K 559/95 F, EFG 1998, 1257, 1258; FG Münster, Urteil vom 19.11.1996 – 6 K 804/94 E, EFG 1997, 350; FG Berlin, Beschluß vom 29.08.1996...