Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang der erbschaftsteuerlichen Berücksichtigung eines Kaufrechtsvermächtnisses als Nachlassverbindlichkeit, wenn der Kaufpreis den Steuerwert übersteigt
Leitsatz (redaktionell)
Es begegnet ernstlichen Zweifeln, den Abzug einer den Grundstückserben treffenden Verbindlichkeit aus einem Kaufrechtsvermächtnis als Nachlassverbindlichkeit bereits dann in voller Höhe zu versagen, wenn der vom Erblasser festgelegte Kaufpreis für das vermachte Grundstück dessen Steuerwert nicht unterschreitet. Bei summarischer Prüfung ist daher der Steuerwert des vermachten Grundstücks mit dem Anteil als Nachlassverbindlichkeit abzuziehen, der dem Verhältnis der Kaufpreisunterdeckung zum Verkehrswert des Grundstücks entspricht (Verkehrswert: 194.000,-- DM; Kaufpreis; 100.000,-- DM; Steuerwert: 97.000,-- DM; Abzug: 97.000,-- DM x 48,45%).
Normenkette
ErbStG § 10 Abs. 5 Nr. 2, § 12 Abs. 1, 3; BewG § 12 Abs. 1 S. 1; BGB § 1967 Abs. 2, § 2147
Tatbestand
I.
Die Antragsteller sind die Söhne des Erblassers A . Der Erblasser betrieb unter anderem mit dem Antragsteller zu 2) ein Steuerberatungsbüro. Mit handschriftlichem Testament vom 18. Dezember 1996 setzte der Erblasser die Antragsteller zu seinen Erben ein. Ferner verfügte er, dass B , die das Wohnhaus C-Straße in D bewohnte, unter anderem das Recht erhalten sollte, dieses Hausgrundstück „zur Schuldenvaluta” zu erwerben. Darüber hinaus seien ihr 20.000 DM in bar auszuzahlen.
Der Erblasser verstarb am 19. Dezember 1996 und wurde ausweislich des gemeinschaftlichen Erbscheins des Amtsgerichts D vom 8. Januar 1997 von den Antragstellern zu jeweils ½ Anteil beerbt. Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 4. Februar 1997 (UR-Nr. 183/1997) verkauften die Antragsteller E das Hausgrundstück C-Straße zu einem Kaufpreis von 100.000 DM. Am selben Tage ließen die Antragsteller und B eine Vereinbarung notariell beurkunden (UR-Nr. 184/1997), wonach darüber Einigkeit bestehe, dass sämtliche Ansprüche der B gegen den Nachlass, gegen die Erben des Erblassers oder Ansprüche aus früheren Rechtsbeziehungen mit dem Erblasser - mit Ausnahme eines noch zu erfüllenden Barvermächtnisses von 20.000 DM - mit der Durchführung des unter der UR-Nr. 183/1997 beurkundeten Kaufvertrags „als abgegolten gelten” würden.
Am 15. September 1998 ging beim Antragsgegner die vom Antragsteller zu 2) unterzeichnete Erbschaftsteuererklärung vom 14. September 1998 ein. In dieser Erbschaftsteuererklärung gab der Antragsteller zu 2) (unter 4.3) als durch den Todestag in seiner Person fällig gewordene Forderung einen auf zwei Jahre befristeten Zahlungsanspruch von monatlich 2.880 DM mit einem Kapitalwert von 30.000 DM an. Ferner machte er erwerbsmindernd als Nachlassverbindlichkeit das Vermächtnis zugunsten der B mit 220.000 DM geltend.
Das Finanzamt D stellte den Grundbesitzwert für das Grundstück C-Straße auf den 19. Dezember 1996 mit Bescheid vom 12. Juli 2000 auf 97.000 DM fest. Mit Bescheiden vom 14. November 2000 setzte der Antragsgegner gegen den Antragsteller zu 1) 29.832 DM und gegen den Antragsteller zu 2) 4.564 DM Erbschaftsteuer jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest. Dabei erfasste der Antragsgegner das Hausgrundstück C-Straße mit dem festgestellten Grundbesitzwert von 97.000 DM als Nachlassgegenstand. Ferner berücksichtigte er das Vermächtnis zugunsten der B nur mit 20.000 DM als Nachlassverbindlichkeit, weil es sich bei der Verpflichtung zur Übertragung des Hausgrundstücks C-Straße um eine aufschiebend bedingte Last handele. Hinsichtlich des Antragstellers zu 2) setzte der Antragsgegner als sonstigen Erwerb von Todes wegen einen Betrag von 30.000 DM an.
Gegen diese Erbschaftsteuerbescheide legten die Antragsteller am 7. Dezember 2000 Einspruch ein und beantragten die Aussetzung der Vollziehung. Dabei verwiesen sie darauf, dass B das Hausgrundstück C-Straße bereits im Jahre 1997 mit notariell beurkundetem Vertrag übertragen erhalten habe.
Mit geänderten Erbschaftsteuerbescheiden vom 5. März 2001 setzte der Antragsgegner die Erbschaftsteuer gegen den Antragsteller zu 1) auf 29.777 DM und gegen den Antragsteller zu 2) auf 4.529 DM neu fest. Gleichzeitig lehnte er eine Aussetzung der Vollziehung ab. Dabei setzte er das Hausgrundstück C-Straße unverändert mit dem festgestellten Grundbesitzwert von 97.000 DM an. Das Vermächtnis zugunsten der B berücksichtigte er nur mit 20.000 DM als Nachlassverbindlichkeit, weil nicht nachgewiesen worden sei, dass B von ihrem Kaufrechtsvermächtnis Gebrauch gemacht habe. Hinsichtlich des Antragstellers zu 2) setzte der Antragsgegner wiederum als sonstigen Erwerb von Todes wegen einen Betrag von 30.000 DM an. Insoweit wurde der Antragsteller zu 2) gebeten, die Berechnung des Zahlungsanspruchs von monatlich 2.880 DM mit einem Kapitalwert von 30.000 DM zu belegen.
Der Antragsteller zu 2) legte gegen die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung am 7. März 2001 Einspruch ein, mit dem er vorbrachte: Der in der Erbschaftsteuererklärung als weiterer Erwerb von Todes ...